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Arbeitsrecht
Krankfeiern ist verboten, sich krank zu feiern erlaubt

Karneval und der normale Arbeitsalltag lassen sich nicht immer leicht vereinbaren. Ohne Freistellung oder Urlaub am Arbeitsplatz zu fehlen, ist Angestellten nicht erlaubt. Umgekehrt kann sie der Chef aber auch nicht zum Feiern verpflichten.

Von Birgid Becker | 04.03.2019
Karnevalisten kommen zum "Schull- un Veedelszoch". Der Umzug der Schulen und Stadtviertel gilt als ursprünglichster der Kölner Karnevalszüge.
Karneval gilt in Hochburgen wie Köln und Mainz als Ausnahmezustand. Am Arbeitsplatz müssen Angestellte dennoch einige Regeln beachten. (dpa / picture alliance / Oliver Berg)
Wie ist das mit den freien Tagen an Karneval?
Es gibt kein Anrecht auf Arbeitsbefreiung, man muss sich Urlaub nehmen. Es sei denn, und da gibt es nun ein kleines Einfallstor, es sei denn, der Arbeitgeber hat es sich zur Gewohnheit gemacht, an den tollen Tagen immer frei zu geben. Dann, sagt der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht, Markus Goetzmann:
"Dann kann nach mehreren Jahren eine sogenannte "betriebliche Übung" entstehen. Und von der kann ich mich als Arbeitgeber nicht mehr ohne Weiteres trennen."
Nun gibt es ja immer noch die Möglichkeit, die Karnevalsfeier in die Firma zu verlagern. Dann stellt sich arbeitsrechtlich die Frage: Darf man sich verkleiden? Im Prinzip ja, sagt das Arbeitsrecht. Kommt nur darauf an, ob die Verkleidung bei der Arbeit stört. Heißt bei uns im Hörfunk: Wir sind da ziemlich frei. Wären wir Polizistinnen oder Chirurginnen, dann sähe die Sache mit den Pappnasen anders aus.
Welche Witze sind am Arbeitsplatz an Karneval erlaubt? Wo sind die Grenzen?
Unerwünschte Bützchen, Annäherungen, die man nicht will, Witze, die ins Verletzende gehen – das geht auch im Karneval nicht. Markus Goetzmann, der Arbeitsrechtler, sagt, vor Gericht werde schon mal versucht, Grenzüberschreitungen mit dem Ausnahmezustand Karneval zu rechtfertigen. Funktioniert aber nicht.
Wenn man übrigens die Geschichte mit den Karnevalsfeiern im Betrieb umdreht, auch darauf weist der Arbeitsrechtler hin – es gibt übrigens keinen Zwang zur Fröhlichkeit:
"Es gibt umgekehrt manchmal Betriebsfeiern, wo der Chef sagt, heute sind wir alle fröhlich, es ist Karneval. Und dann sind die Zugereisten mit dabei und sagen: Damit kann ich gar nichts anfangen. Dann können sie übrigens auch nicht dazu verpflichtet werden, mitzufeiern."
Ist ja auch ganz beruhigend…
Wie ist das mit Krankschreibungen im Karneval oder hinterher?
Wer sich mit Hilfe einer Krankschreibung einen arbeitsfreien Tag verschaffen will – womöglich, weil es keinen Urlaub gegeben hat – der geht arbeitsrechtlich natürlich ein ganz hohes Risiko ein. Anders sieht es aber aus, wenn man es mit dem Feiern übertrieben hat – und spätestens nach Aschermittwoch völlig am Boden ist. Da sagt Anwalt Markus Goetzmann:
"Das ist tatsächlich eine Erkrankung. Denn ich bin ja nicht mehr arbeitsfähig. Das Einzige, wie Sie herankommen würden als Arbeitgeber, wäre zu sagen: Das hast du dir doch selbst eingebrockt. Du hast dich doch sozusagen mutwillig in den Zustand der Arbeitsunfähigkeit versetzt. Aber wenn wir ganz ehrlich sind: Der Vorsatz war ja nicht, am nächsten Tag zu fehlen. Der Vorsatz war, eine schöne Feier zu haben."
Da hat man dann nicht krankgefeiert, sondern sich krank gefeiert – und das ist arbeitsrechtlich unbedenklich. Ein paar ganz spezielle Hinweise hätte ich noch für diejenigen, die heute Karnevalszüge besuchen. Knalltrauma gekriegt durch eine Kamellekanone – kein Schadenersatz , hat das Landgericht Trier entschieden. Zahn ausgeschlagen durch einen Kamelle-Weitwurf – gleiche Entscheidung, kein Schadenersatz, gehört zum karnevalistischen Rest-Risiko.