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Argane in Marokko

Das Argan-Öl wird wegen seiner Inhaltsstoffe von Naturkosmetikherstellern und Spitzenköchen sehr geschätzt. Die Quelle des Öls, der Arganbaum, kommt nur in Marokko vor. Seit Jahren aber geht der Bestand der Wälder zurück, worunter vor allem die Frauen der Region leiden, die das Öl in Handarbeit gewinnen und damit ihr Einkommen sichern. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit versucht schon seit Jahren Frauen-Kooperativen für die Argan-Öl-Produktion am Leben zu halten.

Von Esther Körfgen | 02.08.2005
    Rund 20 Ziegen turnen in den Zweigen des Argan-Baums herum. Mit wahrhaft akrobatischen Verrenkungen klettern sie bis in die Krone, um an die Blätter des jungen Baums heran zu kommen. Einer, der bei diesem Anblick die Hände über dem Kopf zusammen schlägt, ist Klaus Goldnick. Seit 10 Jahren versucht der GTZ-Mitarbeiter den Menschen zu vermitteln, dass junge Bäume nur überleben, wenn ihr Stamm vor dem Abbeißen der Triebe geschützt wird. Doch noch immer schicken Hirten ihre Herden in die Bäume, weil sie selbst nicht genug Futter für die Tiere haben. Aber nicht nur dadurch wird der Natur geschadet:

    "Dadurch, dass auf der einen Seite die Bevölkerung sehr stark wächst, und dass auf der anderen Seite auch die Ansprüche an die Lebenshaltung sehr stark wachsen, braucht man auch Geld. Und das heißt, um dieses Geldeinkommen zu haben, wird die Landwirtschaft intensiviert. Und das führt dann zur Ressourcenübernutzung und das führt dann in einem dritten Schritt zur Desertifikation."

    Die Wüste breitet sich aus, wenn sie nicht durch natürliche Schutzwälle wie die Argan-Wälder aufgehalten wird. Wie aber überzeugt man die Menschen davon, die Bäume zu erhalten? Indem man ihnen eine Möglichkeit bietet, die Argane Gewinn bringend zu bewirtschaften – speziell den Frauen, die traditionell mit der Gewinnung des Argan-Öls betraut sind: Das sagte sich die GTZ vor 10 Jahren und verhalf einer Handvoll Frauen dazu, sich zu einer Kooperative zusammen zu schließen. Mittlerweile gibt es rund 50 solcher Zusammenschlüsse. Zum Beispiel die Kooperative El Kheir, östlich von Essaouira.

    30 Frauen sitzen hier auf dem Boden des schattigen Innenhofs, eingehüllt in ihre bunten Berber-Tücher. Mit kleinen, sicheren Bewegungen knacken sie die braunen Argan-Nüsse zwischen zwei Steinen auf. Heraus kommt eine weiß-gelbliche Mandel.

    Eine alte Frau dreht unermüdlich an einer topfgroßen Steinmühle, füllt Argan-Mandeln und ein wenig Wasser hinein. Unten fließt ein brauner Brei heraus, in einen Eimer. Jetzt muss sich nur noch das Öl absetzen. Für einen Liter müssen 30 Kilo Früchte verarbeitet werden. Das ist 4 bis 6 Mal mehr als für einen Liter Olivenöl. Ein Aufwand, der seinen Preis hat: ein Liter Argan-Öl kostet rund 40 Euro. Geld, das als Lohn direkt an die Frauen geht. Im Gegensatz zu früher, als es noch keine Kooperativen gab, und die Männer das Geld eingesteckt haben. Sagt Saida Tasadia, die Präsidentin der Kooperative:

    "Für die Frauen bedeutet die Arbeit in der Kooperative eine wirkliche Verbesserung ihrer Situation. Die Frauen sind jetzt unabhängig. Sie haben Geld in der Tasche. Sie können leben, wie sie wollen. Sie können ihre Kinder hier auf die Schule schicken."

    Allerdings: Höchstens ein Drittel aller Argan-Früchte geht an die Frauenkooperativen, den größten Teil ergattern private Zwischenhändler und verkaufen ihn zu Niedrigpreisen an internationale Händler – ein Handel, gegen den nun die EU ansteuern will. Indem sie die Frauenkooperativen unterstützt. Mit insgesamt 3,5 Millionen Euro, von denen sich die Frauen Maschinen anschaffen können, um ihre Arbeit zu erleichtern. Oder von denen sie ein bisschen Werbung finanzieren können, um neue Märkte zu erschließen. Die Deutsche Elke Böhnert betreut das EU-Projekt:

    "Das Ziel ist ja, den Mehrwert hier zu behalten – vor allen Dingen in der Zone der Arganeraie. Und dass die ländliche Bevölkerung auch einen Großteil für ihre eigene Entwicklung behalten kann. Und das kann man ja auch damit bewirken, dass man hier ökonomische Nischen schafft, in denen Arbeitsplätze geschaffen werden."

    Ab dem Herbst sollen die Mittel fließen. Dann wird auch die GTZ ihren nächsten Schritt tun und zusammen mit einigen Dörfern die Wiederaufforstung von Argan-Bäumen starten. Jetzt aber brauchen die Frauen von El Kheir erst mal eine Pause. Eine musikalische Pause. Um den Rhythmus der alltäglichen Arbeit ein wenig zu unterbrechen.