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Armin Maiwald
Der Erfinder des "Maus-Journalismus"

Das ist Armin Maiwald. Gerade ist er 80 geworden – und deshalb wollen wir auf den Einfluss des "Sendung mit der Maus"-Machers auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland schauen. Denn für viele ist Maiwald ein Vorbild für ihre Arbeit.

Von Michael Borgers | 23.01.2020
    Armin Maiwald und die Maus aus " Die Sendung mit der Maus" bei den Bayreuther Festspielen 2019 auf dem roten Teppich
    Und manchmal auch auf dem roten Teppich unterwegs: Armin Maiwald und die Maus bei den Bayreuther Festspielen 2019 (picture alliance/Daniel Karmann/dpa)
    Schmale Brille, verschmitztes Lächeln, kurze, inzwischen weiße Haare. So kennen Generationen von Fernsehzuschauern Armin Maiwald, Kinder wie Erwachsene. Der Kölner mit der markanten Stimme war von Anfang an dabei, seit 1971, als der WDR die erste Folge von der "Sendung mit der Maus" ausstrahlte. Und er ist dabei geblieben, erklärt uns bis heute, jetzt 80-jährig, wie die Welt funktioniert.
    Seine "Sachgeschichten" seien zum Teil stilprägend gewesen, urteilt Heike Jüngst. Ein besonderes Element, so die Würzburger Sprachwissenschaftlerin gegenüber @mediasres: Die "Sendung mit der Maus" vermittele Fachwissen "praktisch ohne Fachvokabular". Damit habe das Format auch den Grundstein für das gelegt, was heute als "Leichte Sprache" bekannt sei. Von Beginn an sei es in dem WDR-Format darum gegangen, "das Verstehen von Abläufen zu gewährleisten".
    Sache und Personen im Mittelpunkt
    Eine besondere Rolle nähmen dabei die Moderatoren ein. So trete Armin Maiwald als Erzähler und meist auch Handelnder auf, "der sich gemeinsam mit den Zuschauern auf die Reise macht, um eine Frage zu beantworten". Diese Art des "Storytelling" spiele bei der Wissensvermittlung inzwischen praktisch überall eine Rolle.
    Der Zeichner der TV-Maus, Friedrich Streich (links unten), und die beiden Autoren der Sach- und Lachgeschichten Christoph Biemann (r) und Armin Maiwald (l) posieren mit der Maus.
    1996 posierten der Zeichner der TV-Maus, Friedrich Streich (links unten) und Christoph Biemann (r.) und Armin Maiwald (l.), damals wurde die Sendung 25 Jahre alt (picture alliance / dpa / Horst Galuschka)
    Und: Bei der "Maus" steht bis heute neben der Sache auch häufig eine bestimmte Person im Mittelpunkt. Autoren, die ganz offensichtlich auf die Sendung und ihre Art, Geschichten zu erzählen, anspielen wollen, texten dann auch genau so: "Das ist Frau…" oder "Das ist Herr…". "Als Kind habe ich diesen Erzählansatz immer toll gefunden", erinnert sich Heike Jüngst. Erst später, als Erwachsene, sei ihr aufgefallen, dass den gezeigten Personen so auf "einzigartige Weise auch Wertschätzung entgegengebracht worden ist".
    Yogeshwar: Erklärenden Journalismus geprägt
    Als er in seinen ersten Beiträgen die Herkunft von "Brötchen, Milch und Ei" erklärt habe, sei er kein wirklicher "Kinderexperte" gewesen, schilderte Maiwald in seiner vor fünf Jahren erschienen Autobiografie. Auch sei er kein "wandelndes Lexikon" und müsse immer erst Experten finden.
    Mit seinem "unnachgiebigen Nachfragen, bis man es selber versteht", wende der gelernte Theaterwissenschaftler Methoden der Naturwissenschaft an, findet Ranga Yogeshwar, einer der bekanntesten deutschen Wissenschaftsjournalisten und ebenfalls vor allem im WDR aktiv. Maiwald habe so den "erklärenden Journalismus" entscheidend geprägt.
    "Er hat es geschafft, eine Welt zu öffnen, eine Welt zu erklären, die scheinbar trivialen Fragen zu stellen und sie dann auch wirklich zu beantworten", sagte Yogeshwar im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Maiwalds Haltung, bei "Dingen, die uns selbstverständlich scheinen, doch mal nachzufassen", sei gerade heute unglaublich wichtig: "Ein bisschen Sendung mit der Maus brauchen wir auch heute noch, weil sonst leben wir irgendwann in einer Welt, die wir überhaupt nicht mehr verstehen."
    Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar; Aufnahme vom Mai 2014
    Ranga Yogeshwa, als Moderator verschiedener Fernsehformate zu naturwissenschaftlichen Themen bekannt (picture-alliance / dpa)
    "Wir verstehen uns als Journalisten"
    Warum Robert Domes Journalistinnen und Journalisten die "Sendung mit der Maus" empfiehlt, beschrieb der frühere Lokalchef der "Allgäuer Zeitung" mal bei kress.de so: "Man versetze sich in die Sichtweise eines Kindes, das die banalsten Dinge hinterfragt und das immer wieder die 'Königsfrage' stellt: Warum?"
    Schnell würde man auf diese Weise erkennen, wie schwierig viele Sachverhalte tatsächlich zu erklären sind. "Nicht nur Kinder stellen solche Fragen, auch viele Leser. Dazu dürfen Journalisten nichts für selbstverständlich nehmen. Kreativität ist dabei ein guter Unterstützer", gibt der Schriftsteller und Journalist in dem Interview seiner Zunft mit auf den Weg.
    Und so passt es auch, was Armin Maiwald einmal selbst über sein Berufsverständnis sagte: "Wir verstehen uns als Journalisten oder als Geschichtenerzähler, aber nicht als Lehrer", gab er vor genau zehn Jahren zu Protokoll, damals kurz vor seinem 70. Geburtstag.