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Artenschutz
Löwen-Nachzucht im Zoo

In Afrika ist die Löwenpopulation in den vergangenen zwei Jahrzehnten um 43 Prozent eingebrochen. Bald könnte der Bestand der Tiere bedroht sein. Im südafrikanischen Pretoria erproben Tiermediziner inzwischen neue Methoden, um die Art in Gefangenschaft nachzuzüchten.

Von Michael Stang | 19.11.2018
    Botswana, Kgalagadi Transfrontier Park, lioness, Panthera leo, in the evening light PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY FOF10177
    Verhaltenstraining soll Stress bei der künstlichen Befruchtung von Löwinnen in Gefangenschaft minimieren. (imago stock&people)
    Löwen erfreuen sich nicht nur bei Tierfilmern und Zoobesuchern großer Beliebtheit, auch Tierärztinnen und Tierärzte sind von den Großkatzen angetan. Erstaunlicherweise ist über die Fruchtbarkeit von Löwen jedoch kaum etwas bekannt. Das will Isabel Callealta von der Universität von Pretoria in Südafrika ändern.
    "Bei unserer Studie haben wir uns auf grundlegende Dinge konzentriert und gefragt: Wann sind die Löwinnen fruchtbar und wie lange? Wann müssen wir eine künstliche Befruchtung vornehmen, um erfolgreich zu sein? Welche Hormone werden zu bestimmten Zeitpunkten des Zyklus verstärkt, welche in geringem Maß ausgeschüttet?"
    Die fruchtbaren Stunden und Tage exakt bestimmen
    Ziel der Tierärztin ist es, die fruchtbaren Stunden oder Tage von Löwinnen exakt zu bestimmen. Sie will ein Protokoll erarbeiten, anhand dessen Zoomitarbeiter weltweit ihre Tiere mit so wenig Stress wie möglich auf eine künstliche Befruchtung vorbereiten können, um den Fortbestand der Löwen zu sichern.
    "Dazu muss ich regelmäßig Blutproben nehmen, einen Vaginal-Abstrich und ein Foto des Genitalbereichs machen. Und es ist klar, dass ich dafür die Tiere nicht jeden Tag ruhigstellen kann."
    Doch an diese Proben zu kommen, ist nicht leicht. Isabel Callealta wollte die sechs Löwinnen am Ukutula Conservation Center (UCC) im Nordwesten Südafrikas daher trainieren. Wer weiß, wie schwierig sich Hauskatzen trainieren lassen, ahnt vermutlich, wie stark der eigene Wille bei Großkatzen ist. Dennoch zahlten sich die Mühen aus, so die spanische Tierärztin.
    Großkatzen mit eigenem Willen
    "Dazu bedarf es viel Geduld. Wir haben fünf Monate gebraucht, um überhaupt die ersten Proben zu bekommen. Wir haben die Löwinnen zweimal pro Tag jeweils fünf Minuten trainiert. Danach erst konnten wir die für die Studie notwenigen Proben nehmen."
    Bei dem Training mussten sich die Tiere jeweils an die Innenseite des Käfigs legen und wurden, wenn sie einem Kommando erfolgreich gefolgt waren, mit einem Stück rohem Hühnchen belohnt. So konnte Isabel Callealta Stück für Stück das Vertrauen der Tiere gewinnen und die Blutproben sowie die Abstriche auch an sensiblen Stellen nehmen. Die ersten Daten für den Fruchtbarkeitszyklus der Löwinnen liegen inzwischen vor. Zwar zeigten einige Tiere individuelle Unregelmäßigkeiten, jedoch wird zunehmend klar, welche Hormone wann und wie ausgeschüttet werden.
    "Wir versuchen auch, die Hormonlevel mit dem Verhalten der Tiere zu korrelieren. Ziel ist, dass wir anhand des Verhaltens exakt sagen können, wann der richtige Moment für eine künstliche Befruchtung ist."
    "Die Löwenbabys sind einfach süß"
    Später, so die Hoffnung, soll das Protokoll auch bei anderen Katzenarten zum Einsatz kommen, denn nicht nur der Bestand der Löwen ist gefährdet, sondern auch das Überleben von Leoparden, Luchsen und Tigern ist bedroht. Die künstliche Befruchtung könnte also ein Weg sein, das Überleben der Löwen zu sichern. Und dass diese Fortpflanzungsmethode bei den Großkatzen erfolgreich sein kann, konnten die Tierärzte in Pretoria kürzlich nachweisen.
    "Nach einigen Versuchen hatten wir es geschafft und eine der Löwinnen wurde trächtig. Ende September kamen dann die weltweit ersten Löwen zur Welt, die mithilfe einer künstlichen Befruchtung gezeugt wurden. Und die Löwenbabys sind einfach süß."