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Asian Games in Turkmenistan
Eine Autokratie schmückt sich mit Sport

Sie sollen eine Art Miniatur-Ausgabe der Olympischen Spiele sein: die Asian Indoor und Martial Arts Games im zentralasiatischen Turkmenistan. Das Land ist eines der abgeschottetsten der Welt, mit einer repressiven Regierung. Menschenrechtsaktivisten berichten von Verstößen, Korruption und Enteignungen.

Von Thielko Grieß | 18.09.2017
    Das turkmenische Nationalteam beim Begrüßungszeremoniell der Asienspiele 2017 in Ashgabat.
    Schöne Bilder für die Welt - die Asian Games finden in Turkmenistan statt - freie Berichterstattung ist dort unerwünscht (LAUREL/David Aliaga)
    Nach Rede und stehendem Applaus eröffnet Präsident Berdimuhamedow die asiatischen Spiele. Die Stadionsprecherin gibt sich servil. Was die Kameras nicht zeigen: All dies findet in einem nagelneuen Olympischen Dorf und Stadion statt, die über Jahre gebaut worden sind. Der Zugang ist streng reglementiert.
    "Vor allem die Bewohner Aschgabats verfluchen die Spiele, weil sie ihnen nur Probleme gebracht haben", sagt Ruslan Mjatijew. Er ist Exil-Turkmene, der seit etlichen Jahren in Europa lebt. Von dort gelingt es ihm, ein Netz von Informanten im Land selbst zu unterhalten, die ihm Details zutragen, wie es in Turkmenistans Hauptstadt Aschgabat und rund um die Sportstätten aussieht.
    "Überall werden die Straßen gesperrt. Das ist wie ein Gefängnis. Die Ausländer werden aus dem Olympischen Dorf nicht rauskönnen. Für sie wurden ein Hotel und ein Medienzentrum gebaut, damit sie gar nicht erst rausgehen. Und die einfachen Leute können dort nicht hin."
    Bauvertrag für Freund des Präsidenten
    Mjatijew ist Journalist, betreibt das Portal "Alternative Turkmenistan-Nachrichten". Er sagt: Bei den Asian Games gehe es nicht um Sport. Es gehe um Bereicherung. "Wissen Sie, wie viel Geld Turkmenistan für diese Spiele ausgegeben hat? Mehr als sieben Milliarden Dollar. Das Olympische Dorf hat fünf Milliarden gekostet, der Flughafen mehr als zwei Milliarden Dollar - das sind offizielle Summen. Beides hat die türkische Firma Polimeks gebaut. Den Bauvertrag hat ein Freund des Präsidenten bekommen."
    Viel Geld für ein Land, das hauptsächlich Erdgas verkauft, um sich zu finanzieren. Aber die Preise sind im Keller - zurzeit kauft nur noch China. Das fehlende Geld habe sich die Regierung bei Staatsbediensteten geholt, indem sie Teile ihrer Gehälter kurzerhand einbehalten habe. Viele hatten zudem das Pech, den Bauarbeiten buchstäblich im Weg zu sein.
    Enteignungen und Umsiedlungen hat Human Rights Watch dokumentiert. Bei der NGO beobachtet Turkmenistan seit Jahren Rachel Denber: "Ein Beispiel: Es gibt Leute, die hatten ein schönes Landhaus, da lebten zwischen sieben und zehn Menschen. Im Gegenzug bekommen sie eine Wohnung mit zwei oder drei Zimmern in einem Haus, wo es leckt, wo die Fahrstühle nicht funktionieren. Diese Leute werden um ihr Eigentum heftig betrogen. Und die Regierung macht klar, wenn sie sich beschweren, bekommen sie gar nichts."
    Eingeschränkte Berichterstattung
    Ein britisches PR-Unternehmen hat den Auftrag erhalten, schöne Bilder aus Aschgabat in die Welt zu schicken. Das Land präsentiert sich als modern und offen. "Das ist eine extrem repressive Regierung, die keinerlei Kritik toleriert, sei sie noch so zart. Die Regierung kontrolliert das gesamte öffentliche Leben. Es gibt einige wenige Aktivisten und Journalisten, die auf eigene Gefahr zu berichten versuchen - sie werden genauestens beobachtet. Manche sind schikaniert, ins Gefängnis geworfen oder in Psychiatrien gesteckt worden."
    Die Behörden würden wohl das Gegenteil behaupten - doch lassen sie eine Berichterstattung nur eingeschränkt zu. Der Exil-Turkmene Ruslan Mjatijew ist sich sicher: Von den Asian Games wird in Turkmenistan selbst noch lange die Rede sein.
    "Es wird noch lange Jahre in Schulbüchern stehen. Kinder werden lesen: Hier, dank der Weitsichtigkeit unseres Präsidenten hat Aschgabat eine Auszeichnung von Weltrang erhalten und das Recht bekommen, diese Spiele auszutragen." Sie enden in neun Tagen.