Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Asylbewerber
1,5 Millionen Flüchtlinge dieses Jahr?

Nach Medienberichten soll die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland in diesem Jahr auf 1,5 Millionen steigen. Von offizieller Stelle gibt es dazu bisher keine Bestätigung. In der Union aber auch in der SPD werden aber zunehmend Forderungen nach einer Begrenzung der Flüchtlingsaufnahme laut.

Von Katharina Hamberger | 05.10.2015
    Flüchtlinge nach ihrer Ankunft an einem Bahnsteig am Bahnhof in Schönefeld
    Flüchtlinge nach ihrer Ankunft an einem Bahnsteig am Bahnhof in Schönefeld (picture alliance/dpa/Patrick Pleul)
    Erst waren es 300.000, dann wurde die Zahl auf 450.000 nach oben korrigiert und im August sprach der Innenminister dann von 800.000 Menschen, die voraussichtlich in diesem Jahr nach Deutschland kommen werden und hier Asyl suchen. Nun wird diese Prognose laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung noch einmal korrigiert – und zwar auf 1,5 Millionen. Die Zeitung beruft sich dabei auf Geheimpapiere deutscher Behörden. Das Bundesinnenministerium will die neue Zahl von 1,5 Millionen Flüchtlingen in diesem Jahr nicht bestätigten. Eine reine Hochrechnung der Zahlen, wie viele Menschen pro Tag im September nach Deutschland gekommen seien, sei nicht zielführend – auch weil man nun Maßnahmen getroffen habe, um die Zahlen zu verringern, sagte ein Sprecher des Ministeriums unserem Hauptstadtstudio.
    Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte im Deutschlandfunk, man müsse nun auch erst einmal abwarten, welche Wirkung unter anderem die Maßnahmen hätten, die demnächst von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden sollen und warnte hier vor Alarmismus, was den Ruf nach weiteren Maßnahmen betrifft:
    "Wir haben auf ein Problem, das sich jedenfalls in dieser Größenordnung und dieser Zuspitzung sehr schnell nach der Sommerpause ergeben hat, sehr schnell mit Konferenzen der besonders betroffenen staatlichen Institutionen reagiert."
    Zudem verteidigte CDU-Politiker Lammert Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er könne in der Union kein Abrücken vom Kurs der Kanzlerin erkennen, so Lammert. Es gehöre zum sorgfältigen Umgang mit der Situation, dass man sich auch mit der Frage beschäftige, wo es welche Verpflichtungen und welche Möglichkeiten gebe.
    SPD-Fraktionschef fordert Kontingentierung - Jusos dagegen
    In den vergangenen Tagen waren immer mehr Stimmen in der Union laut geworden, die durchaus auf Unmut hindeuteten. Allen voran aus der CSU, deren Parteichef das Vorgehen der Kanzlerin Anfang September, als sie eine unbürokratische Einreise für Syrien-Flüchtlinge, die über Ungarn kamen, versprach. Ein Ausnahmezustand sollte das sein. Konkret formulierte Seehofer seine Forderungen an die Kanzlerin noch einmal am Wochenende. Das sind: eine schnellere Rückführung derjenigen ohne Bleibeperspektive, stärkere Grenzkontrollen, Kontingente für Bürgerkriegsflüchtlinge – und damit eine Begrenzung der Zuwanderung – und vor allem ein Signal der Kanzlerin, dass es eben eine Obergrenze gebe. Wir schaffen das, wie es Merkel gesagt hat, das will Seehofer nicht wiederholen:
    "Kein Land auf dieser Erde kann solche Flüchtlingsströme verkraften auf Dauer. Wir können nicht mehr. Wir haben die Kapazitätsgrenze erreicht. Mehr geht nicht mehr. Wenn jetzt nicht in den nächsten Wochen das Ruder rumgeworfen wird, die Zuwanderung begrenzt wird, dann haben wir einen Kollaps mit Ansage."
    Gleichzeitig wies Seehofer aber den Vorschlag seines Finanzministers Markus Söder zurück, der Zäune an deutschen Grenzen nicht ausschloss. Ebenso sagte er, dass eine Änderung des Grundrechts auf Asyl, nicht infrage käme. Das betonte auch Merkel im Interview der Woche im Deutschlandfunk. Soweit sind sich die beiden Parteichefs von CDU und CSU einig. Aber Merkel bleibt dabei, dass es zu schaffen sei:
    "Ich habe für mich eine klare Haltung: Ich glaube, dass es keinen Sinn macht, sich darüber zu ärgern, dass wir jetzt dieses Problem haben oder zu sagen: Wo kommt das jetzt her und ich will dieses Problem wieder los werden, sondern dass wir es annehmen müssen, gestalten müssen. Das wird einen langen Atem brauchen."
    Und sie stehe auch weiter zu ihrer Entscheidung von Anfang September so die Bundeskanzlerin. Aber nicht nur in der Union gibt es eine Diskussion über den richtigen Kurs in der Asylpolitik, sondern auch bei den Sozialdemokraten. Denn auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte Kontingente. Es gebe eine Grenze der Aufnahmekapazität. Das kritisieren vor allem Partei-Linke. Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann sprach in der "Süddeutsche Zeitung" von CSU-Rhetorik. Wenn man es mit dem individuellen Asylrecht ernst meine, dürfe es keine Obergrenzen geben.