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Asylkompromiss
SPD sieht noch Gesprächsbedarf

Es habe Fortschritte gegeben, aber noch sei man nicht ganz auf einen Nenner gekommen - das ist der Tenor der SPD-Spitzen nach dem Treffen des Koalitionsausschusses zum Asylkompromiss in der Union. Vor allem gehe es noch darum, gesetzlich vernünftige Vorschriften zu entwickeln, sagte Vizekanzler Olaf Scholz.

Von Peter Sawicki | 04.07.2018
    Olaf Scholz und Andrea Nahles vor Mikrophonen
    Olaf Scholz und Andrea Nahles wollen im Koaltionsausschuss noch weiterverhandeln (dpa / Christian Koall)
    Keine 24 Stunden nach dem denkbar knappen Unions-Asyl-Frieden waren die Augen auf die Dritten im Bunde gerichtet. Die SPD, über Wochen eher stummer Beobachter des Zwistes zwischen Christsozialen und -demokraten, stand vor einer kniffligen Entscheidung.
    Ein neues deutsches "Grenzregime", "Transitzentren" für Asylsuchende im Süden des Landes – kann man dem guten Gewissens zustimmen?
    Für die Fortsetzung der Zusammenkunft im Koalitionsausschuss wurden lange Gespräche erwartet – doch dann ging alles ganz schnell. Nach zweieinhalb Stunden traten nicht unzufriedene SPD-Spitzen vor die Mikros:
    In dieser Woche Gespräche fortführen
    "Wir haben heute Abend intensive Gespräche geführt. Dabei konnten wir auch Fortschritte erreichen. Wir sind aber noch nicht ganz zusammen. Deswegen werden wir in dieser Woche die Gespräche fortführen", gab Andrea Nahles zu Protokoll. Was ihr Kollege Olaf Scholz in ähnlichem Tonfall ergänzte:
    "Ich glaube, es gibt Fortschritte zu vermelden, die interessant sind, um das Problem umfassend zu lösen. Trotzdem: Alles ist noch im Fluss und wir brauchen noch ein bisschen Zeit, um das auch präzise zu machen und insbesondere geht es auch darum, dass wir gesetzlich vernünftige Vorschriften entwickeln."
    Konkreter wurden die Parteichefin und der Vizekanzler nicht. Ob die SPD den in der Partei umstrittenen Transitzentren zustimmt, bleibt fürs Erste unklar. Das Wunschprojekt der CSU wollen zahlreiche Sozialdemokraten nicht akzeptieren. Zumal die Partei dies erst 2015 verhindert hat.
    Juso-Chef Kevin Kühnert machte deutlich, dass er von seiner Partei erwarte, auch diesmal standhaft zu bleiben.
    Deutlicher Unterschied zu 2015
    Manch ein Sozialdemokrat wies aber darauf hin, dass die Lage heute durchaus anders sei. 2015, so Ex-Parteichef Sigmar Gabriel, habe es die Gefahr gegeben, teilweise 5.000 täglich ankommende Asylsuchende in derlei Zentren unterzubringen. Heute komme nur noch eine wesentlich geringere – sprich: akzeptable – Zahl in Frage.
    Und auch Carsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, klang in der Sache nicht weit von der CSU entfernt:
    "Natürlich müssen wir auch prüfen, wer zu uns kommt, und ob es auch tatsächlich einen Anspruch darauf gibt, oder eine Chance, Asyl zu beantragen. Oder ob jemand schon in einem anderen Land einen Antrag gestellt hat. Das ist ähnlich, wie in dem Flughafenverfahren auch. Das in Deutschland schon lange stattfindet."
    So dürfte der Knackpunkt weiter ein Haupt-Wesenszug möglicher Transitzentren sein, den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im ZDF folgendermaßen beschrieb:
    "Ein Transitzentrum, das ist ja der entscheidende Begriff, bedeutet in der Tat, dass dort sogenannte Residenzpflicht herrscht. Das heißt, insofern bleiben die Menschen dann dort. Das ist ganz entscheidend – weil es ist ja auch wichtig, dass man auch nicht nur lokalisiert, sondern sofort die Entscheidung trifft."
    Geschlossene Zentren nicht mit Klingbeil
    Geschlossene Zentren sollen es also sein. So etwas nicht mit uns – erwidert der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil:
    "Wir werden keine geschlossenen Lager mitmachen. Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen. Und wir haben auch sonst viele Fragen, die es gibt zur Vereinbarung von CDU und CSU. Da wird es also noch ganz viele Diskussionen innerhalb der Koalition in den kommenden Tagen geben."
    Zum Beispiel im Koalitionsausschuss, der am Donnerstag erneut zusammenkommen soll. Zuvor setzt die SPD-Fraktion ihre interne Besprechung fort. Ob dann auch die Rufe nach sozialdemokratischen Kernanliegen wie einem Einwanderungsgesetz wieder lauter werden, wird sich zeigen. Auf Blankoschecks – diesen Eindruck will die SPD vermitteln – darf die Union beim Thema Asyl nicht hoffen.