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Atommüll-Endlager
Jedes Land hat sein eigenes Konzept

Wohin mit dem Atommüll? Das ist Thema der internationalen Konferenz der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover. Die Experten gehen auch der Frage nach, wie sich die Akzeptanz von Atommüll-Lagerung in der Bevölkerung gewinnen lässt.

Von Agnes Bührig | 07.02.2014
    Patrik Sellin hat eine Zeichnung an die Wand projiziert. Der Mitarbeiter des schwedischen Atommüll-Entsorgers SKB zeigt auf einen roten Kern, um den sich zwei breite Ringe schlieβen. Es sind sogenannte geotechnische Barrieren, die verhindern sollen, dass hoch giftige Nuklide aus dem radioaktiven Material in die Umwelt gelangen. Ton ist eines der Materialien, die das verhindern können. Wie sich das optimieren ließe, hat seine Atom-Firma als Teil des EU-Forschungsprojektes PEBS untersucht, sagt Patrik Sellin:
    "Barrieren aus Bentonit-Ton zeigen bei der Befeuchtung im Labor gute Eigenschaften. Gibt es Hohlräume im Gestein und wurden weitere Komponenten hinzugefügt, ergibt sich eine homogene Versiegelung. Wir haben uns auch angeguckt, wie sich die mechanischen Eigenschaften durch Erwärmung verändern. Unsere frühere Beobachtung, dass diese sich nur unwesentlich verändern können, haben wir durch die systematische Forschung im Projekt erweitert. Wir konnten feststellen, dass die Veränderungen sehr klein sind und nicht signifikant für die Funktion der Barriere."
    Jedes Land hat sein eigenes Konzept für die Endlagerung. Dass sie sich unterscheiden, hängt nicht zuletzt von den vorhandenen Gesteinsarten ab. In Schweden, wo zehn Reaktoren am Netz sind, wird vor allem Granitgestein erforscht. In Deutschland stehen ausgediente Salzbergwerke wie Gorleben im Fokus. Auch Ton ist inzwischen stärker ins Visier der Forscher geraten, sagt Volkmar Bräuer von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Der Geologe würde die Debatte über die Sicherheit der Endlagerung gern wissenschaftlicher führen:
    "Für uns ist es wichtig, diese Diskussion eben aus diesem emotionalen ideologischen Feld herauszuholen und mit wissenschaftlichen Argumenten zu kommen. Das können wir nur im europäischen oder internationalen Rahmen machen und wir lernen von den anderen Ländern viel, wie wir uns gegenüber der Öffentlichkeit verhalten oder Ergebnisse präsentierten können."
    Akzeptanz in der Bevölkerung gewinnen
    Und so sind nicht nur die Untersuchungsergebnisse des EU-Forschungsprojektes Thema auf der Konferenz, sondern auch die Frage, wie sich die Akzeptanz von Atommüll-Lagerung in der Bevölkerung gewinnen lässt. Während in Deutschland jeder Castorentransport zur Großdemonstration gegen Kernkraft gerät, jubelten 2009 die Kommunalpolitiker von Östhammar an der Ostküste Schwedens, weil der Standort des AKW´s Forsmark als Platz für ein schwedisches Endlager auserkoren wurde. Dass Massenproteste ausblieben, hing mit einer aus Sicht der Branche erfolgreichen Informationspolitik zusammen, sagt Patrik Sellin:
    "Als es um mögliche Standorte ging, sind wir auf die Anwohner zugegangen. Das hat gut funktioniert. Wenn man das auf nationaler Ebene versucht, sind die Reaktionen schwächer. Eine konstruktive Debatte lässt sich schwerer anstoβen. Aber wenn wir lokal arbeiten erreichen wir die Leute, die betroffen sind und daher Interesse an dem Thema haben."
    Von diesen Erfahrungen können die Nachbarländer profitieren, meint Sellin. Auf einen gemeinsamen Nenner für ein sicheres Konzept der Endlagerung radioaktiven Abfalls werde man in der EU dabei jedoch nicht kommen. Zu unterschiedlich seien die nationalen Voraussetzungen. Das meint auch Kari Koskinen vom Atommüll-Entsorger Posiva in Finnland. Der Sicherheitsaspekt aber sei in allen Ländern wichtig. Und hier kann die europäische Zusammenarbeit Fortschritt bringen, sagt Kari Koskinen:
    "Wir können ähnliche Arbeitsabläufe hervorbringen. Wie wir die Qualität der Erhebungsdaten sichern, wie technische Designs und Lösungen aussehen. Es geht darum, die Sicht auf wissenschaftliche und technische Aspekte zu harmonisieren. Wenn es eine gemeinsame Sprache und Terminologie gibt, erhöht das das Vertrauen. Das halte ich bei Konferenzen wie dieser für den größten Gewinn."