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Atommüll-Zwischenlager
Genehmigung für Brunsbüttel endgültig entzogen

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Genehmigung für das Kernkraftwerk Brunsbüttel als Atommüll-Zwischenlager endgültig entzogen. Nun dürfen keine Castor-Behälter mehr dort eingelagert werden. Im ursprünglichen Genehmigungsverfahren war versäumt worden, zu prüfen, ob das Lager beispielsweise einem Terroranschlag standhalten könne.

Von Theo Geers | 16.01.2015
    Stahlblechfässer mit radioaktivem Abfall lagern im Feststofflager des Kernkraftwerks Brunsbüttel.
    Stahlblechfässer mit radioaktivem Abfall lagern im Feststofflager des Kernkraftwerks Brunsbüttel. (Vattenfall, dpa picture-alliance)
    Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht zum Atommüll-Zwischenlager am Atomkraftwerk Brunsbüttel ist ein Rückschlag für die Atommülllagerung in ganz Deutschland. Im Juni 2013 hatte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig dem Zwischenlager die Genehmigung entzogen. Begründung damals: Im vorherigen Genehmigungsverfahren waren die Folgen eines Absturzes eines Airbus A380 auf das Zwischenlager nicht untersucht worden. Außerdem sei nicht überzeugend dargelegt worden, ob ein Angriff abgewehrt werden könne, bei dem Terroristen Panzerfäuste neueren Typs einsetzen. Dieses Urteil wurde heute bestätigt, und es stürzt alle Beteiligten in mindestens zwei Dilemmas. Das erste: Das Zwischenlager in Brunsbüttel, in dem schon neun Castor-Behälter lagern, steht ohne Genehmigung da. Eigentlich müssten die Castor-Behälter jetzt abtransportiert werden. Doch ein anderes Zwischenlager, in welchem der Atommüll sicherer gelagert werden könnte, gibt es in Schleswig-Holstein nicht.
    Deshalb hat Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck heute provisorisch angeordnet, die Lagerung des Atommülls bis Anfang 2018 erst mal weiter zu dulden. Geduldet wird aber nur Atommüll, der schon eingelagert ist. Nebenan, im 2007 nach einer Pannenserie herunter gefahrenen und nach Fukushima 2011 endgültig stillgelegten Atomkraftwerk, lagern aber noch weitere Brennstäbe, so Habeck: "Auch Brennelemente, die sich im Druckbehälter im Atomkraftwerk Brunsbüttel noch befinden, können nicht in dieses Zwischenlager eingestellt werden. Wir haben mit dieser Anordnung nur dafür gesorgt, dass die Castoren, die drinstehen, morgen da auch noch drinstehen können - bis eine bessere Lösung gefunden ist. Für allen neuen Castoren muss ein anderes Zwischenlager gefunden werden oder ein neues genehmigt werden."
    26 Castor-Behälter aus Frankreich und Großbritannien muss Deutschland noch zurücknehmen
    Das leitet über zum zweiten Dilemma: Deutschland muss von Frankreich und Großbritannien noch 26 Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitung zurücknehmen. Ein Endlager dafür - Stichwort Streit um Gorleben - gibt es nicht. Bis dies gefunden ist, sollten die 26 Castoren eigentlich auf drei Standorte verteilt werden, einen davon hatte Schleswig-Holstein angeboten. Weil Brunsbüttel an der Elbe liegt, hatte das Bundesumweltministerium flugs dieses Zwischenlager auserkoren, um einen Teil der 26 Castoren auf dem Seeweg anlanden zu können. Jetzt, wo Brunsbüttel keine Genehmigung mehr hat, steht auch dahinter ein dickes Fragezeichen, so Habeck: "In dieses Zwischenlager Brunsbüttel kann kein einziger Castor mehr reingehen, solange dieser Zustand nicht geheilt ist. Das gilt für mögliche Sellafield-Castoren - also die Debatte nimmt Deutschland den Atommüll, den es vor Jahrzehnten produziert hat, wieder zurück. Aber die Situation hat sich deutlich verändert und deutlich erschwert. Der Standort Brunsbüttel ist, solange diese Situation so ungeklärt ist wie sie jetzt ist, draußen."

    Auch für Bundesumweltministerin Barbara Hendricks kommt Brunsbüttel als Zwischenlager erst mal nicht mehr Frage. Sie vertraut aber darauf, dass die politische Zusage aus Kiel weiter gilt, einen Teil der 26 Castoren zurückzunehmen. IN jedem Fall muss dafür eine neue Genehmigung her und in dem Verfahren müsste aufs Neue geklärt werden, ob die Zwischenlager ausreichend gegen Terroranschläge gesichert sind – oder nicht. Genau dies wurde beim letzten Mal nicht ausreichend dargelegt, weshalb das Bundesverwaltungsgeridcht in Leipzig heute die Genehmigung für Brunsbüttel kassierte.