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Auf Erfolgskurs

Auf der internationalen Süßwarenmesse in Köln sind zwei Trends spürbar: Zum einen verzeichnet die Biobranche unglaubliche Wachstumsraten, zum anderen die Produkte aus dem Fairen Handel, die Bio sein können, aber nicht Bio sein müssen. Auf der Messe präsentiert sich das Produktsortiment des fairen Handels äußerst selbstbewusst.

Von Monika Hoegen | 29.01.2007
    Die Deutschen entwickeln sich offenbar zu Leckermäulern mit einem Sinn für Fairness und Gerechtigkeit. Der Absatz von fair gehandelten Süßigkeiten hierzulande stieg im vergangenen Jahr um 25 Prozent - auf ein Gesamtvolumen von 1400 Tonnen. 20 Millionen Euro wurden dabei umgesetzt. Zu dieser positiven Bilanz haben Absatzsteigerungen bei klassischen Produkten wie dem seit zehn Jahren fair gehandelten Honig ebenso beigetragen, wie neue, innovative Produkte.

    So setzt das Wuppertaler Fairhandelshaus gepa auf speziell für Jugendliche entwickelte Schokotäfelchen, Gummibärchen oder Waffelschnitten - "jung, frisch und trendy" verpackt, wie es aus dem Unternehmen heißt. Außerdem werden neue Geschmacksrichtungen geboten. So kommt nun ein Dinkelgebäck in die Fairhandelsregale, gewürzt mit dem Korn Quinoa aus Bolivien, dem schon die Inkas magische Kräfte zuschrieben. Außerdem wurde das faire Sortiment um neue Bio- und Bitter-Schokoladen-Sorten bereichert. Dabei wurden auch teurere Edel-Schokoladen, wie etwa die Produkte der österreichischen Firma Zotta rege nachgefragt, sagt Dieter Overath, Geschäftsführer der Siegelinitiative TransFair:

    " Wir beobachten das mit Freude, dass mehr auf Qualitäten geachtet wird, und dass man scheinbar weniger Schokolade isst, aber dafür bessere Schokolade. Die genießt man und nimmt vielleicht eher kleinere Stückchen. Also es ist für Gourmets und es kommt dem Zeitgeist entgegen, dass man Schokolade neu entdeckt und mit Chili, mit vielen anderen Zutaten versieht, die es bei Schokolade früher nicht gab. Und da ist Fair-Trade gut mit am Ball. "

    Mit den fairen Süßwaren werden nicht nur die Kunden erreicht, die ohnehin schon den fairen Handel kennen, heißt es bei TransFair. Vielmehr gelange mancher Schokoliebhaber erst auf Umwegen, etwa durch das Ausprobieren einer fairen Edelschokolade im Feinkostgeschäft zum Fairen Handel. Andererseits habe aber auch die neue Präsenz fairer und süßer Angebote in der Discount-Kette Lidl zur Absatzsteigerung beigetragen, so TransFair-Geschäftsführer Overath.

    " Wir gehen insgesamt davon aus, dass Lidl vielleicht mit einem Viertel oder Drittel an den Zuwächsen mit beteiligt sind. Besonders freut uns, dass wir bei Lidl jetzt auch den ersten Rohrzucker haben und zwar aus Afrika - ein Land, Malawi, was früher überhaupt nicht im Fairtrade-Bereich drin war. Das ist allerdings erst seit Dezember in den Regalen, insofern lässt sich hier noch nichts über Abverkäufe sagen. "

    Dass im Discount-Markt, wo die Kundschaft eher auf den Preis achtet, auch die teureren, fairen Naschereien ihre Käufer finden, ist für Overath kein Widerspruch.

    "Bei Lidl und Aldi gehen auch Leute einkaufen, salopp gesagt, die mit dem Porsche vorfahren und sich den Schampus in den Kofferraum reinholen. Insofern gibt es auch im Discount Menschen, die innerhalb der Produkte vielleicht auch eine Präferenz auf höherwertige Ware haben, die sie dann teilweise auch im Discount finden. "
    Auch den Produzenten, etwa in Westafrika, nützt die positive Entwicklung bei den fair gehandelten Süßwaren. Overath:

    "Wir haben es hier sehr oft mit einer desolaten Situation auf den Kakaoplantagen zu tun. Das ist ein Land wie die Elfenbeinküste sehr geprägt dadurch, dass es Kinderarbeit gibt und jugendliche Sklaven, die wirklich für einen absoluten Hungerlohn teilweise verschleppt werden aus anderen afrikanischen Ländern: Und da geben die Fair-Trade-Kooperativen in Ghana, aber jetzt auch neuerdings in der Elfenbeinküste ein gutes Beispiel dafür ab, dass man hier sozialverantwortlich eben eine Kakaoernte durchführen kann, Kinderarbeit verhindert Und hier sind viele Firmen in Deutschland und Europa gefragt, dass sie ihren Kakao nicht aus einer instabilen und unklaren Quelle beziehen. Und da appellieren wir auch an ein Stück mehr Mitverantwortung, was natürlich über Fair-Trade am besten geschieht. "