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Auf Umwegen zur Festanstellung

"Generation Praktikum": Das war das Schlagwort, das 2006 durch die Medien hallten. Beschrieben wurde damit die schwierige berufliche Situation von Hochschulabsolventen. Der damals amtierende Bundesarbeitsminister Franz Müntefering versprach sich zu kümmern und eine eigene Untersuchung zur Problematik herauszugeben. Heute nun hat Münteferings Nachfolger im Amt, Olaf Scholz, die langersehnte Studie vorgestellt.

Von Francisca Zecher | 18.03.2008
    Die meisten jungen Menschen mit abgeschlossener Ausbildung schaffen den Einstieg in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nur über Umwege. Das ist eine der zentralen Botschaften der Untersuchung, die Bundesarbeitsminister Olaf Scholz heute in Berlin vorstellte. Demnach mussten 43 Prozent noch Praktika oder befristete Beschäftigungsverhältnisse dazwischen schieben, bis es zur ersehnten Festanstellung kam. Weitere 25 Prozent befinden sich sogar immer noch im Wechsel zwischen Praktika, Leiharbeit, Teilzeit oder Arbeitslosigkeit. Die Aufnahme eines Praktikums nach erfolgreich absolvierter Ausbildung war dabei unter den 18- bis 34-Jährigen besonders verbreitet.

    Von den Hochschulabsolventen machen immerhin noch 24 Prozent ein Praktikum, obwohl sie ihren Abschluss schon in der Tasche haben. Doch dieses befristete Arbeitsverhältnis ist nicht das eigentliche Problem: Besonders störte die jungen Leute die schlechte Bezahlung. So hat die Hälfte unbezahlt gearbeitet. René Rudolf, Jugendsekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes bestätigt dieses Bild. Er kritisiert aber noch einen anderen Aspekt.

    "Also die Frage, was kann ich eigentlich in der Praktikumszeit lernen, spielt nur eine untergeordnete Rolle, gerade in den Praktika, die nach dem Abschluss vollzogen werden. Das macht sich maßgeblich daran fest, dass die Praktikanten über einen sehr langen Zeitraum Praktika durchführen, unsere Ergebnisse sagen, dass es im Schnitt sechs Monate sind, wir haben aber auch Beispiele, die weit darüber hinausgehen."

    Er befürchtet, dass viele der Praktikanten nur als billige Arbeitskraft eingesetzt werden. Diese Einschätzung passt auch zum Ergebnis der Studie aus dem Bundesarbeitsministerium: Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben an, mehr als die Hälfte ihrer Praktikumszeit als normale Arbeitskraft eingesetzt worden zu sein.

    Andreas Pallenberg vom Wissenschaftsladen Bonn, der die Redaktion für den Informationsdienst Bildung, Kultur, Sozialwesen leitet, verwahrt sich gegen das negative Bild des bösen Arbeitgebers, der seine Praktikanten nur ausbeuten will. Nach seiner Erfahrung hat sich in dieser Hinsicht schon einiges geändert.

    "Arbeitgeber sind sensibilisiert dafür, weil natürlich durch das Schlagwort "Generation Praktikum" der Fokus auf sie gerichtet wird. So dass inzwischen auch die Leute auf Arbeitgeberseite etwas aufmerksamer geworden sind, denn sie haben einen Ruf zu verlieren. Wenn bekannt wird, dass die Praktikanten verschleißen kann sich das negativ auf die Branche und den Betrieb auswirken."

    Auch das Schreckensbild von fertig ausgebildeten Menschen, die ein Praktikum an das andere hängen, kann Pallenberg nicht bestätigen und erhält Unterstützung von der Studie aus dem Arbeitsministerium. Demnach absolvierten lediglich 36 Prozent der Befragten mehr als ein Praktikum. Den Grund für diese verbesserte Situation sieht Pallenberg der guten konjunkturellen Lage geschuldet. Davon profitieren seiner Auffassung nach besonders Geisteswissenschaftler. Dass sie mittlerweile leichter eine Festanstellung bekommen hat aber noch einen anderen Grund, meint Pallenberg.

    "Der so genannte Generalist wird besonders gerne genommen in der Wirtschaft, weil da festgestellt wurde, dass gerade in modernen Arbeitsabläufen mit flachen Hierarchien und Projektarbeit Leute die besseren sind, die nicht speziell ausgebildet sind, sondern eine Allrounder-Ausbildung haben. Die harten Inhalte können dann daraufgesattelt werden."