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Aufbruchstimmung oder Schockstarre?

Kurt Beck hat das Handtuch geworfen, Frank-Walter Steinmeier als der Kanzlerkandidat und Franz Müntefering, der designierte Parteichef, wollen in seine Fußstapfen treten. Eine turbulente Entwicklung liegt hinter der SPD, doch gelingt ihr nun ein Neuanfang?

Mit Beiträgen von Wolfgang Labuhn, Rainer Burchardt und Barbara Roth | 08.09.2008
    Guten Abend, meine Damen und Herren. In knapp sechs Wochen also soll Franz Müntefering zum Parteivorsitzenden gewählt werden, am 18. Oktober auf einem Parteitag in Berlin, so der Beschluss der SPD-Gremien heute Nachmittag. Kann dieses Datum einen Aufbruch der Sozialdemokraten zu neuen Ufern markieren? Frank-Walter Steinmeier, der Kanzlerkandidat, und Franz Müntefering, der designierte Parteichef, versuchten jedenfalls vor knapp zwei Stunden im Willy-Brandt-Haus genau diesen Eindruck zu vermitteln.

    O-Ton-Einspielung Müntefering:
    "Die sozialdemokratische Idee ist nicht am Ende. Manche hoffen das, aber die Wahl 2009 ist nicht entschieden."

    O-Ton-Einspielung Steinmeier:
    "Die SPD stellt sich geschlossen und neu auf. Wenn ich gestern gesagt habe "natürlich beginnt nicht heute und morgen der Wahlkampf", dann bedeutet das aber die Selbstverpflichtung für uns, dass wir jetzt Geschlossenheit zeigen und dass wir jetzt die Aufholjagd beginnen, die notwendig ist bis zu den Bundestagswahlen 2009."

    Neuanfang, das schien unter den Sozialdemokraten heute das Wort des Tages zu sein nach der turbulenten Sitzung gestern am Schwielowsee, wo Kurt Beck den Battle als Parteichef hingeworfen und die Sitzung nach nur 20 Minuten durch die Hintertür verlassen hatte. Eine parteiinterne Kampagne, so heißt es in seinem Kündigungsschreiben, sei gegen ihn geführt worden. Wolfgang Labuhn mit der Rekonstruktion der turbulenten Entwicklung:

    War es die Titelseite der jüngsten "Spiegel"-Ausgabe, die für Kurt Beck das Fass zum Überlaufen brachte? Darauf wird sein Stellvertreter bereits als der Kandidat präsentiert. Das Nachrichtenmagazin wird am Samstag gedruckt und dann auch schon einem kleinen Kreis von Beziehern zugestellt. Etwa zeitgleich berichtete die "Berliner Zeitung" ohne Angabe von Quellen Kanzlerkandidat der SPD solle nach einem Beschluss der SPD-Führung Steinmeier werden. Die Entscheidung sei auf Drängen Steinmeiers in den Tagen zuvor von der engsten SPD-Spitze getroffen worden und solle auf der Klausurtagung der SPD-Führungsgremien am Schwielowsee bekannt gegeben werden. Nach Steinmeiers Version der Ereignisse erklärte Beck auf der Klausursitzung:

    O-Ton-Einspielung Steinmeier:
    "Dass für ihn seit vielen Monaten feststand, dass ich die Kanzlerkandidatur übernehmen soll. Ich bin darüber seit langem mit ihm im engen und vertrauensvollen Gespräch. Wir waren uns einig, dass jetzt die Zeit reif ist, eine Entscheidung zu treffen."

    Eine Entscheidung, die Beck nach eigener Darstellung am Sonntag bekannt geben wollte. Wie er in seiner schriftlichen Rücktrittsbegründung erklärte, bat er Steinmeier vor gut zwei Wochen, die Spitzenkandidatur zu übernehmen. Und es wäre die Sache des Parteivorsitzenden Beck und nicht der Medien gewesen, die Öffentlichkeit zu unterrichten. Diesen Aspekt stellte Kurt Beck auch in den Mittelpunkt seiner Rücktrittsbegründung: "Auf Grund gezielter Falschinformationen haben die Medien einen völlig anderen Ablauf meiner Entscheidung dargestellt. Das war und ist darauf angelegt, dem Vorsitzenden keinen Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu belassen." Eine innerparteiliche Niederlage hatte Beck bereits zuvor bei der Bestimmung der künftigen Rolle Franz Münteferings in der SPD einstecken müssen. Nach Medienberichten verständigten sich Beck, Steinmeier und Müntefering am vergangenen Donnerstagabend darauf, für Müntefering eine Rolle bei der Vorbereitung des Bundestagswahlkampfes zu finden. Damit sei jedoch nicht gemeint gewesen, Müntefering auch zu Steinmeiers Wahlkampfleiter zu machen, wie es anschließend in Presseberichten hieß, wo ferner zu lesen war, Beck habe sich mit seinem Gegenvorschlag, Olaf Scholz, nicht durchsetzen können. Ob Beck nun Opfer einer gezielten und geschickt eingefädelten Intrige wurde, ist unklar. SPD-Fraktionschef Peter Struck:

    "Ja, es gab ganz offensichtlich Stichwortgeber aus den eigenen Reihen, die seine eigene Leistung versucht haben zu diskreditieren, was ja auch dazu geführt hat, dass sein Ansehen in der Öffentlichkeit deutlich herabgesunken ist."

    Festzuhalten bleibt damit, dass Parteiinterna an die Presse weitergereicht wurden mit dem Ergebnis, dass die Parteiführung nun, mit Ausnahme der Partei-Linken Andrea Nahles, in den Händen des SPD-Reformflügels liegt. Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und der designierte neue und alte Parteichef Müntefering, sie alle stehen für Gerhard Schröders Agenda 2010, die die Partei zerrissen hat. Sie müssen nun versuchen, den Scherbenhaufen zusammenzukehren, den die Partei am Schwielowsee hinterließ. Das Steinmeier-Beck-Papier für den Wahlkampf 2009, das dort eigentlich beraten werden sollte, könnte dabei durchaus als inhaltliche Richtschnur dienen. Sein Lob für die SPD-Regierungsarbeit der vergangenen zehn Jahre bedeutet implizit ein Bekenntnis zur Fortsetzung der Agenda-Politik. Die darin auch zu findende Formulierung Leistung und Gerechtigkeit erforderten eine gerechte Besteuerung, große Einkommen, hohe Vermögen und Erbschaften mag zwar als Zugeständnis an den Linken-Parteiflügel gewertet werden, bleibt aber ebenso vage, wie die Forderung nach flexiblen Übergängen in den Ruhestand, was noch lange keine prinzipielle Abkehr von der Rente mit 67 bedeutet. Und mit der im Eckpunkt im Papier begründeten Absicht, bis 2013 nicht nur den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr, sondern bis dahin auch ein Recht auf kostenlose Betreuung in Kindertagesstätten durchzusetzen, kann sich jeder in der SPD identifizieren.

    Wolfgang Labuhn war das aus Berlin. Welche programmatische, politische Handlungsfreiheit wird das neue Spitzenduo der SPD haben? Die Frage ist bislang unbeantwortet. Schließlich haben prominente Vertreter der Partei-Linken schon heute dezent aber deutlich erklärt, es werde kein zurück zum Kurs der Schröder-SPD geben. Andrea Nahles, die stellvertretende Parteichefin, gab zu Protokoll, es gebe keinen Persilschein für einen neuen Vorsitzenden. Und Juso-Chefin Franziska Drohsel sagte, die Personalrochade dürfe nicht mit einem programmatischen Rückschritt verbunden sein. Das klingt nicht nach einem Ende der Flügelkämpfe, die zur SPD gehören wie das Arbeiterlied und die rote Parteifahne. Rainer Burchardt mit einer kompakten Geschichte der parteiinternen Flügelkämpfe:

    Die wohl größte Identitätskrise erlebte die Sozialdemokratie zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts im sogenannten Revisionismusstreit. Letztlich ging es damals um die Frage, ob gesellschaftliche Veränderung über Reformen oder Revolutionen zu erreichen seien. Ihre jeweiligen Protagonisten hießen Karl Kautzky, der marxistisch-revolutionär orientiert war, und Eduard Bernstein, der den Reformflügel verkörperte. Erst der Dresdener Parteitag brachte anno 1903 eine Klärung mit einer klaren Mehrheit für Kautzky. Bernsteins These, die Partei müsse sich in die Gesellschaft integrieren und sie von innen heraus verändern, wurde abgelehnt, die Linke triumphierte. Doch nicht allzu lange, denn der Erste Weltkrieg und das Kaiserwort, er kenne jetzt keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche, entzweite die SPD erneut. Der Streit kulminierte schließlich in der Frage der Bewilligung von Kriegskrediten, als unter der Führung des SPD-Fraktionsvorsitzenden am Reichstag, Karl Liebknecht, 20 Abgeordnete sich widersetzten. Ergebnis war eine tiefe Zerrissenheit der Sozialdemokratie, Liebknecht und seine Getreuen, immerhin die halbe Reichstagsfraktion, wurden aus der SPD ausgeschlossen. Drei Jahre später gründete diese Gruppierung die USPD, die Unabhängige Sozialdemokratische Partei. Letztlich scheiterte die USPD in den 20er-Jahren und löste sich auf. Einige Prominente wie Kautzky kehrten zur SPD zurück, andere organisierten sich weiter links bei Kommunisten und Spartakisten. Die nächste große Krise der Partei kam in den 30er-Jahren. Diesmal verweigerten sechs Sozialdemokraten der Regierung Brüning die Unterstützung und stellten sich gegen die Parteiführung, die damit die Weimarer Republik stärken wollte. Prompt folgte eine Parteineugründung, die sogenannte Sozialistische Arbeiterpartei SAP, der sich viele Linke, unter ihnen auch Willy Brandt, anschlossen. Nach der Gründung der Bundesrepublik waren Reizthemen in der SPD die Adenauersche Westbindung, die Wiederbewaffnung und die Marktwirtschaft. Als bei der Wahl 1957 die Union die absolute Mehrheit und die SPD nur 20 Prozent erhielt, spitzte sich der Kampf zwischen Traditionalisten und Reformern zu. Letztere setzten sich unter Führung von Herbert Wehner durch, die mit dem Godesberger Programm von 1959 die SPD zur Volkspartei machten. Marxismus und Klassenkampf waren gestern, jetzt hielt der Pragmatismus Einzug. In den letzten Dekaden des vorigen Jahrhunderts war die SPD immerhin von 1966 bis 1969 in einer großen und von 1969 bis 1982 in einer sozialliberalen Koalition Regierungspartei. Dies allerdings brachte erneut inhaltliche Kontroversen und Identitätsprobleme mit sich. Stichworte hier waren Kernenergie und der NATO-Doppelbeschluss. Vor allem Kanzler Helmut Schmidt, der schon mal der Linken eine Krise im Gehirn nachgesagt hatte, fiel als Vertreter der Nachrüstung dem starken Flügel der Doppelschlussgegner zum Opfer. Beim sogenannten Raketenparteitag von 1983, inzwischen war Kohl Kanzler, wurde die Schmidt-Position gerade noch von 13 Delegierten mitgetragen. Auch Gerhard Schröder als Juso-Chef und linker SPD-Politiker, in jenen Jahren durchaus ein rotes Tuch für Kanzler Schmidt, wurde schließlich Opfer der Flügelkämpfe. Während die Afghanistan-Abweichler in der Fraktion noch gezähmt werden konnten, brachte die Agenda 2010 erneut den offenen Ausbruch der ohnehin latenten Flügelkämpfe. Abweichler gründeten die WASG, die schließlich vor einem Jahr mit der PDS zur Partei Die Linke verschmolz. Schröder hatte schon zuvor die Unterstützung der Gewerkschaften und auch vieler wählender Arbeitnehmer verloren und musste 2005 den Kanzlerstuhl an Angela Merkel abtreten. Die SPD blieb in der Großen Koalition zwar Regierungspartei, doch die Kausa Ypsilanti und das ungeklärte Verhältnis zur Linken sowie die letztlich jetzt beim Hamburger Parteitag nicht einmal vor Jahresfrist von Kurt Beck durchgesetzte Revision der Agenda 2010 brachten jene Flügelkämpfe, deren Opfer Kurt Beck nun selbst geworden ist.

    Ein Beitrag von Rainer Burchardt. Das neue Führungsduo der SPD wird eine grandiose Aufholjagd starten müssen, wenn eintreten soll, was Frank-Walter Steinmeier gestern angekündigt hat. Er spiele auf Sieg, nicht auf Platz. In den Umfragen jedenfalls liegen die Sozialdemokraten mit riesigem Abstand hinter der Union. Durchgängig die schlechtesten Umfragewerte misst das Meinungsforschungsinstitut Forsa für die SPD. Dort lag die Partei zuletzt kaum noch über der 20-Prozent-Marke. Forsa-Chef Manfred Güllner habe ich vor der Sendung gefragt, welche Gründe für den Abstieg der SPD in das Tal der Tränen ausschlaggebend sind.

    Manfred Güllner: "Das Hauptproblem der SPD ist ja, dass sie bei einem großen Teil der früheren Wähler kein Vertrauen mehr hat. Und das sind nicht Wähler, die nach links gewandert sind, das ist ja immer das Märchen, was in Teilen der SPD verbreitet wird, sondern das sind Wähler, die man früher mal als Schmidt-Wähler bezeichnet hat, also aus der eher bürgerlichen Mitte. Das sind Wähler, die Gerhard Schröder 1998 wieder zum Teil zurückgewonnen hat, also vom Typus des Wählers, die aber, nachdem Schröder weg ist, der SPD wieder verloren gegangen sind. Das heißt, die SPD darf sich nicht weiter nach links bewegen. Sie hat ja den Eindruck erweckt, auch unter Kurt Beck, selbst wenn Beck das vielleicht anders gesehen hat, sie hätte einen Linksschwenk vollzogen und das hatte eben die notwendigen Anhänger und Wähler aus der Mitte der Gesellschaft vergrault."

    Peter Kapern: "Wie glaubwürdig kann denn sozusagen ein Schwenk zurück Richtung politische Mitte sein, wenn gleichzeitig ein nicht unwichtiger Landesverband wie der hessische mit einem rot-rot-grünen Bündnis liebäugelt?"

    Manfred Güllner: "Das ist natürlich ein großes Problem, vor allen Dingen deshalb, weil die Anhängerschaft der SPD in dieser Frage ja zerrissen ist. Im Osten würde man Koalition mit der Links-Partei eher tolerieren, im Westen nicht. Auch gerade die Anhänger der SPD, auch die Mitglieder der SPD sind ja mehrheitlich klar dagegen. Und insofern wäre es das Beste, wenn man Ypsilanti noch stoppen könnte. Wenn man es nicht kann, ich kann da nicht in deren Kopf hineingucken, aber vieles spricht ja dafür, dass sie von ihrem Tripel sich nicht abhalten lässt, dann muss Steinmeier sich aber klar distanzieren und klar machen, dass auf Bundesebene das nicht geht. Und ihm, glaube ich, nimmt man das noch ab, während man Kurt Beck diese Aussage nicht mehr abgenommen hat. Der war da absolut unglaubwürdig."

    Peter Kapern: "Damit sind wir beim Kanzlerkandidaten der SPD, Frank-Walter Steinmeier. Welche Chancen hat er eigentlich auf das Kanzleramt im direkten Vergleich mit Angela Merkel?"

    Manfred Güllner: "Angela Merkel hat ja extrem gute persönliche Werte."

    Peter Kapern: "Frank-Walter Steinmeier auch."

    Manfred Güllner: "Frank-Walter Steinmeier wird als Außenminister gut bewertet, aber bei der Kanzlerpräferenz, da liegt Merkel natürlich noch deutlich vor Frank-Walter Steinmeier. Und die Frage wird jetzt sein, ob die Sympathien, die er sich im Amt als Außenminister quasi angeeignet hat seit 2005, denn davor kannte man Steinmeier ja nicht, hat er ja eher im Verborgenen und Dunkeln gewirkt und erst seit 2005 stand er im Lichte. Die Frage wird sein, ob diese guten Werte, die er als Außenminister hat, sich auch übertragen lassen auf den SPD-Repräsentanten Frank-Walter Steinmeier. Und davon wird es dann abhängen, wie weit er auch gegen Merkel punkten kann."

    Peter Kapern: "Wie müsste denn so eine Agenda für Frank-Walter Steinmeier geschrieben werden, damit dies gelingen kann?"

    Manfred Güllner: "Frank-Walter Steinmeier muss als Repräsentant einer SPD akzeptiert werden von den Wählern, dem man vertrauen kann, dem man auch zutraut, die Probleme in Deutschland anzupacken. Man erwartet ja nicht von den Bürgern, dass eine Partei alles lösen kann, aber dass man zumindest darüber nachdenkt, über Lösungen, und die Probleme anpackt. Und das ist ja verloren gegangen. Hier muss Frank-Walter Steinmeier das Gefühl erwecken, dass unter seiner Führung die SPD wieder zu einer politisch kompetenten Partei werden kann. Das ist glaube ich viel wichtiger als darüber nachzudenken, ob man mit einzelnen Themen, wie etwa Mindestlohn oder Ähnlichem, punkten kann. Das hat ja bisher auch schon nicht funktioniert, das wird auch in der Zukunft nicht funktionieren. Man muss insgesamt das Bild der SPD positiver gestalten."

    Peter Kapern: "Die CDU rangiert im Moment bei etwa Mitte 30 Prozent in den Umfragen, die SPD zwischen 20 und 25. Halten Sie es für möglich, dass beide noch auf Augenhöhe kommen?"

    Manfred Güllner: "Wenn man mal bedenkt, dass die SPD mit einem sehr populären Kandidaten, nämlich Gerhard Schröder, 2005 nur auf 34 Prozent kam, dann ist es schwer vorzustellen, dass man auf Grund der viel schwierigeren Situation der SPD bis 2009 noch an einen ähnlichen Wert herankommt."

    Forsa-Chef Manfred Güllner. In Bayern, wo Ende des Monats ein neuer Landtag gewählt wird, da liegt die SPD noch weit deutlicher hinter der Union als in den bundesweiten Umfragen. Nun aber, nach dem Personalwechsel in Berlin, macht die Bayern-SPD in Optimismus. Barbara Roth zur Frage, ob dies mehr ist als das sprichwörtliche Pfeifen im Walde.

    Aufatmen bei der bayrischen SPD. Spitzenkandidat Franz Maget verspürt Rückenwind für die Landtagswahl. Er ist sich sicher, dass ihm der Wechsel an der Spitze seiner Bundespartei am 28. September helfen wird.

    "Jetzt hilft uns das, weil die Dinge geklärt sind und jetzt haben wir drei Wochen Zeit, um mit den beiden auch hier in Bayern zu kämpfen. Dass wir den Kanzlerkandidaten jetzt haben, das ist mir lieber. Das war der richtige Zeitpunkt. Jetzt ist diese Frage geklärt und zwar ganz in meinem Sinne."

    Meint Maget und verschwindet in einem Bierzelt. Beim Gillamoos, das ist ein Volksfest in Niederbayern, reden die Spitzenkandidaten aller Parteien gleichzeitig in verschiedenen Bierzelten, ein Rededuell auf bayrisch. Der SPD-Mann zeigt sich hochmotiviert. "Müntefering wird uns helfen und Steinmeier ist Spitze", so Maget wörtlich.

    "Passen wir auf, dass wir nicht einen neuen Vorsitzenden jetzt schon kaputt schreiben. Mir hat gereicht, wie ungerecht man mit Kurt Beck umgegangen ist in den letzten Monaten."

    Rückenwind für die Wahl können die als links geltenden bayrischen Sozialdemokraten dringend brauchen, denn in den Umfragen dümpelt die SPD bislang bei 20 Prozent. Die Schuld dafür suchten die Genossen stets bei ihrer Partei in Berlin. Vom politischen Gegner der CSU mussten sie sich ferner vorwerfen lassen, wie in Hessen auch in Bayern mit der Linkspartei koalieren zu wollen. Diese Themen sind nun weg mit den neuen Männern an der Spitze, hofft man an der Basis.

    "Die SPD hat ja in den letzten Monaten mit vielen Zungen gesprochen und so hoffe ich doch, dass wieder mal Ruhe einkehrt."

    "In der letzten Zeit haben sie sich nur noch gegenseitig den Kragen zudrehen wollen, bei dem linken und rechten Flügel. Und von daher musste ja was passieren."

    "Lieber so ein kleines Ende mit Schrecken, wie ein Schrecken ohne Ende."

    Einen Steinwurf entfernt, das Zelt der CSU. Ministerpräsident Günther Beckstein sieht keine Notwendigkeit, an seinem bisherigen Wahlkampf gegen links etwas zu ändern. Denn der personelle Wechsel bei der SPD hätte keine inhaltliche Klärung gebracht.

    "Wenn Herr Steinmeier Führung zeigen will, muss er jetzt sagen, Frau Ypsilanti darf unter keinen Umständen mit den Linken in Hessen zusammenarbeiten, er muss Frau Schwan als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten zurückziehen, er muss Herrn Wowereit sagen, die Koalition in Berlin muss aufgelöst werden, dann wäre eine klare Kursbestimmung möglich."

    Doch Beckstein weiß natürlich auch, dass sich Steinmeier und Müntefering, beide sind Verfechter der Agenda-Politik, nicht als linke Schreckgespenster eignen. Die CSU muss also um ein Wahlkampfthema fürchten, auch, wenn offiziell längst keiner mehr, wie vor Wochen noch Parteichef Erwin Huber, von einem politischen Kreuzzug gegen Die Linke sprechen mag.

    Barbara Roth war das aus München. Die Personalrochaden bei der SPD, das ist auch eines unserer Kommentarthemen gleich nach den Nachrichten um 19:05 Uhr. Ich danke für Ihr Interesse bis hierher und sage auf Wiederhören.