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Aufkauf von Staatsanleihen
EZB-Chef Draghi lässt den Euro purzeln

Weiter niedrige Zinsen, die Gefahr einer Deflation und mögliche Staatsanleihenkäufe: Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat sich zur wirtschaftlichen Lage in der Eurozone geäußert - und den Kurs der Gemeinschaftswährung kurzzeitig so tief fallen lassen wie lange nicht.

Von Stefan Wolff | 02.01.2015
    So umstritten sie auch sind, die Anleihekäufe werden kommen. Die Inflationsrate im Euroraum ist niedrig, das lähmt nach Lesart der Europäischen Zentralbank die Dynamik der Wirtschaft. Investitionen bleiben aus, das Kreditgeschäft lahmt. Mit dem Aufkauf von Staatsanleihen und Kreditpaketen will die EZB den Knoten zerschlagen. Auf der einen Seite garantiert sie für weiter niedrige Zinsen, auf der anderen Seite schafft ein Kaufprogramm Platz in den Bilanzen der Banken. Und dieser Platz - so die Hoffnung, soll durch Kredite an Firmen eingenommen werden.
    Spirale sinkender Preise
    EZB-Chef Mario Draghi fürchte eine Spirale sinkender Preise, also Deflation. Die Zinsen dürften sehr lange niedrig bleiben, sagte er im Interview. Schon seit Längerem bereitet Draghi ein Anleiheaufkaufprogramm vor. Es wird im Frühjahr erwartet.
    Auf dem europäischen Bankenkongress Ende November vergangenen Jahres hatte Draghi bereits die Handlungsbereitschaft der EZB hervorgehoben, zum wiederholten Male. Allerdings hatte er auch eingestehen müssen, dass die lockere Geldpolitik bislang nicht den gewünschten Effekt erzielt hätte. Die Banken seien zwar stabilisiert, so Draghi:
    "Allerdings haben diese positiven Entwicklungen im Finanzbereich nicht auf die Wirtschaft abgestrahlt. Die Konjunkturlage bleibt schwierig. Der Euroraum hat im zweiten Quartal 2013 die Rezession hinter sich gelassen, aber das Wachstumstempo bleibt schwach. Und das Vertrauen in die Konjunktur ist brüchig. Das führt zu einer schwachen Investitionsstimmung."
    Zinseffekt bleibt aus
    Ob ein Anleiheaufkaufprogramm nun tatsächlich für mehr Investitionen sorgt, ist umstritten. Auch die Effekte für die Regierungen des Euroraums müssen nicht in die gewünschte Richtung führen. Mario Draghi kritisierte die Reformunwilligkeit im Euroraum: Der Dreiklang aus Reformschwäche, Bürokratie und Steuerlast behindere Europas Erholung. Wenn wir das nicht lösen, bleibt unser Wachstum schwach", so der EZB-Chef.
    Nikolaus Heinen von der Deutschen Bank, befürchtet, dass das Anleiheaufkaufprogramm die Politik weiter lähmen könnte:
    "Schon heute sehen wir, dass die EZB, allein über die Ankündigung im Falle eines Falles alles zu tun, also auch Staatsanleihen aufzukaufen, die Zinsen für die Krisenstaaten niedrig gehalten werden und wo die Zinsen niedrig sind da lässt natürlich auch der Reformeifer nach und das ist natürlich problematisch für die Krisenstaaten und vor allem für ihre Wachstumsperspektiven."
    Wettbewerbsfähigkeit steigern
    So lange die niedrigen Zinsen also nicht für Schuldenabbau und Investitionen genutzt werden, verpuffen auch die Effekte eines Anleiheaufkaufprogramms. Mario Draghi forderte die Regierungen auch zu Steuersenkungen auf, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Doch Kostendisziplin und höhere Ausgaben lassen sich nur schwer unter einen Hut bringen.
    Wie es gehen kann, könnte Draghi zeigen. Doch der ihm oft nachgesagte Wille, in die Politik zu wechseln, scheint nicht vorhanden. "Ich will kein Politiker sein", sagte er klar. Bis 2019 kann der EZB-Präsident noch die Rahmenbedingungen der Geldpolitik setzen. Dann läuft sein Mandat aus.