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Aufstieg und Fall der Apartheid

Über die Geschichte der Apartheid kann man Bücher Leser. Das Gesicht der Apartheid ist in dieser Schau zu sehen. Nahezu 500 Exponate dokumentieren den Alltag der Rassentrennung in Südafrika.

Von Sacha Verna | 18.09.2012
    Am 26. Mai 1948 gewann die Nationale Partei überraschend die südafrikanischen Wahlen. Dem Kurator Okwui Enwezor zufolge wurde an diesem Tag nicht nur die Apartheid geboren, sondern auch die Fotografie in Südafrika.

    Die Fotografie sei bereit gewesen, die Wahrnehmung von Unterschieden infrage zu stellen, die das Apartheid-Regime der südafrikanischen Bevölkerung aufzwingen wollte, sagt Okwui Enwezor. Für die Ausstellung im International Center of Photography haben Enwezor und sein Co-Kurator Rory Bester nahezu fünfhundert Exponate zusammengetragen, die die fünfzig Jahre dauernde Herrschaft der Apartheid dokumentieren.

    Natürlich gibt es Bilder von Protesten und Gewalt und von den Protagonisten, von Nelson Mandela und Walter Sisulu bis zum letzten weißen Präsidenten Südafrikas Frederik Willem de Klerk, der vor dem Parlament in einem Video von 1994 das offizielle Ende der Apartheid verkündet.

    Interessanter sind jedoch die Aufnahmen, die zeigen, wie sich die Rassentrennung auch in den hintersten Winkeln des südafrikanischen Alltags manifestierte. Da ist eine weiße Dame mit Blümchen im Knopfloch, die am elektrischen Zaun ihres Anwesens ihren deutschen Schäferhund liebkost. Da liegt ein Boulevard-Magazin mit dem Titel "My Fair Lady" in einer Vitrine unter dem Foto eines schwarzen Jungen, dessen zerrissenes T-Shirt noch die Aufschrift "Magix Washes Whiter" erkennen lässt, "Magix wäscht weißer".

    "Wer unter der Tyrannei einer Regierung lebt, trägt zur Aufrechterhaltung dessen bei, was die Diktatur produziert. Jeder ist ein Komplize. Deshalb war es auch für die Fotografen unter der Apartheid unmöglich, neutral oder unparteiisch zu sein – ob sie wollten oder nicht."

    Manche der Fotografen in dieser Ausstellung wie Eli Weinberg oder David Goldbatt sind international bekannt. Andere wie Peter Magubane sollten es sein. Magubanes Bilder der Aufstände in Soweto 1976 können sich mit den besten Fotoessays der Agentur Magnum messen.

    "Der entscheidende Unterschied zwischen südafrikanischen Fotografen und solchen aus dem Rest der Welt besteht darin, dass die aus Südafrika die Umstände in ihrem Land zum Gegenstand ihrer Arbeit gemacht haben. Es ist erstaunlich, dass ein Land, ein politisches und soziales Umfeld zur Grundlage eines so breiten Werkes geworden ist und eine Bilderwelt hervorgebracht hat, die bis heute engagiert und frisch geblieben ist."

    Über die Geschichte der Apartheid kann man Bücher Leser. Das Gesicht der Apartheid ist in dieser Ausstellung zu sehen.


    International Center of Photography, New York: Rise and Fall of Apartheid: Photography and the Bureaucracy of Everyday Life. Bis 6. Januar 2012