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Augen-, Haar- und Hautfarbe
Mehr Infos für Ermittler durch erweiterte DNA-Analyse

Sie stand im Koalitionsvertrag, jetzt soll sie bald Gesetz werden: eine Modernisierung des Strafverfahrens in Deutschland. Unter anderem sollen Ermittler bei einer DNA-Analyse deutlich mehr Merkmale über eine Person erfassen dürfen. Grüne und FDP finden nicht alle geplanten Änderungen sinnvoll.

Von Katharina Hamberger | 01.08.2019
Wissenschaftlerin schaut sich DNA-Ergebnisse auf einem Streifen an (Symbolbild)
Ermittler sollen nach dem Willen der Koalition künftig mehr in DNA-Daten Verdächtiger lesen dürfen (imago / Science Photo Library / )
Der Gesetzentwurf zur Modernisierung des Strafverfahrens, der nun in die Ressortabstimmung gegangen ist, sieht unter anderem vor, dass zur Aufklärung einer Straftat deutlich mehr Merkmale über eine DNA-Analyse erfasst werden dürfen. Zumindest, wenn die Person, von der das Gen-Material stammt, nicht bekannt ist.
Ist dies der Fall, dürfen in Zukunft, so heißt es in dem Gesetzentwurf, der unserem Hauptstadtstudio vorliegt, "zusätzlich Feststellungen über das Geschlecht, die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das biologische Alter der Person getroffen werden." Bislang durfte von Personen, auch wenn diese den Ermittlungsbehörden bekannt sind, das DNA-Identifikationsmuster, die Abstammung, also nahe Verwandtschaften, und das Geschlecht erfasst werden.
Manche fordern auch Erfassung "biogeografischer" Merkmale
Die neue Justizministerin Christine Lambrecht setzt damit um, was schon von ihrer Vorgängerin auf den Weg gebracht und bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD festgelegt worden ist.
Manchen dürfte diese Änderung im Rahmen der Modernisierung von Strafverfahren nicht weit genug gehen. So hatten die Länder Bayern und Baden-Württemberg Anfang 2017 einen Gesetzesantrag eingebracht, in dem sie fordern, dass auch noch die sogenannte biogeografische Herkunft erfasst werden darf, sprich die wahrscheinliche geografische Herkunft der Vorfahren der Person, von der die DNA-Spuren stammen. CDU, CSU und SPD hatten sich allerdings schon bei der Ausarbeitung des Koalitionsvertrages dagegen entschieden.
Im Gesetzentwurf begründet das Justizministerium die nun geplante Änderung damit, dass dadurch Ermittlungsansätze bei bislang ungeklärten Straftaten geschaffen und die Wahrheit möglichst umfassend ermittelt werden könne. Diese Erweiterung, heißt es jedoch auch in den Gesetzentwurf, stelle einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar, der aber in der konkreten Ausgestaltung verhältnismäßig sei.
"Ist das überhaupt eine sinnvolle Methode?"
Stephan Thomae, FDP-Fraktionsvize, sieht das hingegen problematisch. Die neue Justizministerin Christine Lambrecht handele etwas vorschnell wäre besser, wenn sie einen Gang zurück schalte, sagte Thomae unserem Hauptstadtstudio. Natürlich könne die DNA-Analyse ein geeignetes Mittel sein, um Straftaten aufzuklären.
"Aber sie stellt immer auch einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar und ist deswegen bislang zu Recht nur auf den persönlichkeitsneutralen Bereich beschränkt worden - auch um Racial Profiling vorzubeugen. Bevor wir jetzt also über eine Erweiterung nachdenken, müssen wir uns fragen: Ist das überhaupt eine sinnvolle Methode? Bei der Haarfarbe zum Beispiel hätte ich meine Zweifel. Gefärbte oder ergraute Haare des Täters können den Ermittlungserfolg eher gefährden statt ihn zu fördern."
Auch die Grünen üben Kritik an Lambrechts Gesetzentwurf. "Wir empfinden diese geplante Ausweitung der forensischen DNA-Analyse als eine Vorverurteilung", sagte die Grüne Canan Bayram, Mitglied im Rechts- und Verbaucherschutz-Ausschuss des Bundestages unserem Hauptstadtstudio, "weil es eben auf Merkmale abstellt, die diskriminierend sind, und weil es auch eine prozentuale Ungenauigkeit beinhaltet, so dass es die Möglichkeit gibt, dass Menschen falsch festgestellt werden."