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Schon bei der Einführung des Einwegpfands wurde heftig gestritten - abgerissen sind die Diskussionen seitdem nie. Momentan ist ein leidenschaftlicher Streit um die Frage entbrannt, welche Getränkeverpackungen umweltfreundlicher sind.

Von Anna Florenske | 31.07.2010
    "In der Region spielt Mehrweg nach wie vor eine sehr große Rolle."

    Besuch beim Mineralbrunnen Rhodius, in der Vulkaneifel bei Burgbrohl. Das Unternehmen zählt zu den größeren Abfüllern in Deutschland. Jährlich werden hier 250 Millionen Liter alkoholfreie Getränke wie Cola und Limonade abgefüllt, bei Mineralwasser sind es ca. 40 Millionen Liter. Unvorstellbare Mengen seien das, meint Karl Tack, einer der Inhaber. Bei Mineralwasser setzt das Unternehmen auf Mehrwegflaschen.

    "Die Verbraucher anerkennen schlicht und einfach, dass eine Mehrwegkiste aus der Region stammt, in der Region hergestellt wird, auch in der Region Arbeitsplätze sichert. Und insofern greift man gern auf Mehrweg zurück."

    Ein ganz normaler Arbeitstag. Die Abfüllanlage klappert leise vor sich hin. Für Karl Tack ein beruhigendes Geräusch: Es zeigt ihm, dass alles einwandfrei läuft.

    "Sie hören es an dem Klappern der Flaschen, dass wir jetzt uns in dem Bereich einer Mehrweganlage befinden. Hier werden also Mehrwegflaschen abgefüllt."

    Die Abfüllanlage für Mehrwegflaschen. Auf langen Transportbändern schieben sich unzählige leere Getränkekästen durch die Halle.

    "Hier werden gerade Flaschen aus den Kästen gehoben. Die leeren Flaschen werden einer Waschmaschine zugeführt, weil wir die Flaschen immer wieder gebrauchen können."

    Vom Abfüller über den Handel zum Verbraucher - und vom Verbraucher über den Handel zurück zum Abfüller. Wenn die Mehrwegflaschen leer getrunken sind, kommen sie wieder zurück, um nach dem Waschen und Trocknen gleich wieder mit Mineralwasser befüllt zu werden. Bis zu 50-mal lässt sich eine Mehrwegflasche aus Glas wieder verwenden. Bei den Mehrweg-Plastikflaschen sind es immerhin 25 Zyklen.

    Szenenwechsel. In der Halle nebenan steht eine noch viel größere Maschine - der ganze Stolz von Karl Tack: Die nagelneue Abfüllanlage für Einweg-Flaschen aus dem Kunststoff Polyethylenterephthalat, besser bekannt unter der Abkürzung PET. Aus Vorformen, die aussehen wie kleine Reagenzgläser, entstehen hier handelsübliche PET-Flaschen. In der Branche werden diese Vorformen nach ihrer englischen Bezeichnung "Preforms" genannt.

    "Die Preforms werden hier ergriffen, der Heizspirale zugeführt, und sie werden im Hintergrund sehen, wie die erhitzten Preforms aufgenommen werden von den Werkzeugen. Da werden die Flaschen dann geblasen, und unmittelbar, nachdem sie geblasen wurden, werden sie abgekühlt und dann dem eigentlichen Abfüllvorgang zugeführt."

    PET-Einwegflaschen können nur einmal benutzt werden. Doch sortenrein gesammelt lässt sich der Kunststoff wieder verwerten. Allerdings: Nicht immer wird daraus wieder eine neue Plastikflasche. Nach Schätzungen von Experten enthalten neue PET-Flaschen oft nur zu einem Viertel altes Flaschenmaterial. Von einem geschlossenen Rohstoff-Kreislauf, in dem jede Flasche wieder zu einer neuen Flasche wird, kann also bislang keine Rede sein.

    Karl Tack sieht es ganz pragmatisch: Immerhin bekämen die Verbraucher bei Einwegflaschen stets eine nagelneue Flasche! Zudem ist das Abfüllen in Einweg für den Unternehmer schlichtweg preisgünstiger. Und das Interesse an Mineralwasser und Erfrischungsgetränken in Einwegverpackungen ist groß. Da kommt die neue Abfüllanlage für Einwegflaschen gerade richtig:

    "Auf dieser Anlage arbeiten wir dreischichtig, rund um die Uhr mit einer sehr, sehr hohen Geschwindigkeit. Wir füllen hier etwa 22.000 Flaschen pro Stunde ab. Das sind etwa 350.000 Flaschen am Tag. Und etwa 90 Millionen Flaschen im Jahr."

    Schon seit Langem füllt man bei Rhodius in Mehrweg und Einweg ab. Doch der Markt entwickelt sich immer mehr hin zum Einweg – und da will das Unternehmen am Ball bleiben. Insgesamt, so Karl Tack, verlassen 80 Lastkraftwagen täglich seinen Hof. Nur noch jeder dritte hat Mehrwegkisten geladen.

    "Es ist zunächst richtig, dass es einen sehr deutlichen Trend gibt hin zum Einweg und weg vom Mehrweggebinde. Dieser Trend hat sich schon seit mehr als zehn Jahren abgezeichnet."

    Rückblick: Bereits in den 1990er Jahren war der bundesweite Trend offensichtlich: Immer mehr Getränke wurden in Einwegverpackungen verkauft, immer weniger in Mehrweg. Jahrelang lag der Anteil der Mehrwegverpackungen unter 72 Prozent. Laut Verpackungsverordnung von 1991 ist diese Prozentmarke wichtig: Bei ihrer Unterschreitung wurde automatisch ein Pflichtpfand für Einwegverpackungen fällig.

    Jürgen Trittin, der damalige grüne Bundesumweltminister, forcierte, dass das Einwegpfand durchgesetzt wurde. Anfang 2003 war es dann soweit.

    Jürgen Trittin: "Die Pfandpflicht gilt ab Jahresbeginn. Einwegverpackungen dürfen nur noch mit Pfand verkauft werden. Ausgenommen davon werden sein: ökologisch vorteilhafte Einweg-Getränkeverpackungen, der Getränkekarton, der Schlauchbeutel, Wein und Spirituosen sowie die diätischen Lebensmittel."

    Seitdem gilt: Verbraucher müssen ein Pfandgeld von 25 Cent zahlen, wenn sie Getränke in Einwegverpackungen erstehen. Ganz absichtlich haben die Politiker das Einwegpfand höher angesetzt als das für Mehrwegflaschen: Letzteres beträgt – je nach Größe der Flasche – 8 bis 15 Cent. Denn: Das Einwegpfand ist ein sogenanntes "politisches Lenkungsinstrument". Es soll die Mehrwegsysteme stärken, die Verbraucher dazu bewegen, häufiger zur Mehrwegflasche zu greifen. Auch wollte man die Rückgabe und das Recycling von Einwegflaschen fördern.

    Milliarden von leeren Plastikflaschen und Dosen lagen damals in der Landschaft herum. Gut sieben Jahre gibt es inzwischen das Einwegpfand, das manche auch Dosenpfand nennen. Doch hat es seine Ziele erreicht? Benjamin Bongardt von Naturschutzbund Deutschland (kurz NABU) ist nicht zufrieden:

    "Je weiter man fortschreitet seit – wenn ich jetzt mal die Stunde Null Dosenpfand nehme in der Betrachtung – desto stärker werden die Probleme, die mit Getränkeverpackungen verbunden sind. Es sind ein paar Umweltziele verfolgt worden. Aber das Hauptziel – nämlich den Mehrweg da zu halten, wo er sein soll - das ist nicht geglückt."

    Der Anteil von Mehrwegflaschen nimmt bundesweit weiter ab. Statt der gesetzlich geforderten Quote von 80 Prozent wird nur noch knapp die Hälfte aller Getränke in wieder befüllbaren Flaschen angeboten. Hingegen boomen die sogenannten "nicht ökologisch vorteilhaften" Verpackungen - wie die Einwegplastikflaschen, vor allem im Bereich der alkoholfreien Getränke. Fast alle Discounter bieten inzwischen nur noch Getränke in Einweg an. Trotzdem zieht das Umweltbundesamt eine eher positive Bilanz. Das Amt hat vor Kurzem eine Studie zum Einwegpfand veröffentlicht. Von Scheitern könne keine Rede sein, meint UBA-Expertin Christiane Schnepel:

    "Die Studie hat die ökologische Wirkung der Pfandpflicht untersucht und hat schon einige sehr positive Effekte feststellen können. Insbesondere war die Erfassungsquote für die nicht ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen gesteigert worden, weil die Bürger und Bürgerinnen durch die Pfandpflicht eben motiviert wurden, diese Getränkeverpackungen auch der Rückerstattung des Pfandes zuzuführen."

    Im Klartext – ein Ziel des Einwegpfandes wurde erreicht: Leere Einwegverpackungen liegen heute nicht mehr in der Landschaft herum, sondern werden zurückgebracht und können sortenrein recycelt werden.

    "Dann ist durch die höhere Erfassungsquote der abfallwirtschaftlich positive Effekt eingetreten, dass demzufolge die Recycling-Qualität gesteigert werden konnte. Sodass die Hersteller von den Verpackungen mehr Kunststoffe im Kreislauf fahren können."

    Trotzdem – das muss auch Christiane Schnepel vom Umweltbundesamt eingestehen: Mehr als ein Wermutstropfen bleibt! Das Hauptziel des Einwegpfandes wurde nicht erreicht: Denn statt immer mehr gibt es immer weniger Mehrwegflaschen auf dem deutschen Getränkemarkt.

    "Das ist schade. Das entspricht nicht unseren Erwartungen."

    Eine Zufallsumfrage unter Straßenpassanten. Einiges spricht für Einweg, meinen diese Verbraucher:

    Student: "Student: Ich hole eigentlich immer diese - ich glaub, PETs sind das. Als Student, ich muss auf den Preis ein bisschen achten. Die sind halt billiger als die Mehrwegflaschen."

    Frau: "Die Einwegflaschen sind einfach viel praktischer. In diesen Sechser-Packungen. Die kann man einfach so aufs Fahrrad klemmen hinten, die halten dann. Was ich mit den Kisten auf dem Fahrrad nicht hinkriege."

    Getränkeindustrie und Handel war das lästige Einwegpfand von Anfang an ein Dorn im Auge. Bis kurz vor der Einführung hatten sie damals versucht, die neue Regelung mit Klagen vor Bundesgerichten zu stoppen – ohne Erfolg. Ungeachtet der Faibles der Getränkeindustrie – das Votum vieler Verbraucher ist anders, zeigt eine Straßenumfrage:
    "Mehrwegverpackungen. Ja, wegen der Umwelt."

    "Mehrweg. Um halt irgendwie möglichen Abfall zu vermeiden – ja, hauptsächlich deswegen."

    Doch dafür müssen Verbraucher die Mehrwegflaschen im Handel erst einmal finden. Billig-Supermärkte haben Mehrweg meist gar nicht mehr im Sortiment. Dazu verwirre das Einwegpfand, sagen Verbraucherschützer: Allein die Tatsache, dass man beim Einkauf ein Pfand bezahlt und die Flasche zurückgeben kann, ist seit Trittins Vorstoß vor sieben Jahren kein Garant mehr dafür, dass es sich um Mehrweg handelt. Viele Menschen kauften oder kaufen seit langer Zeit Mineralwasser in Einwegflaschen ein – im guten Glauben, es sei Mehrweg – wie auch diese Konsumentin:

    "Ja, ich dachte, die gehen zurück, und es ist Mehrweg. Es gab einen Pfand, und der Pfand war sogar hoch – und sie wurden zurückgenommen. Bis ich irgendwann feststellte, aha hier ist irgendetwas anders, das ist ganz normal auch sozusagen: Müll, der wieder aufbereitet wird und nicht wieder abgefüllt wird. Was mir aber erst klar wurde glaube ich, als ich die Automaten bei Aldi gesehen habe, die die Flaschen kaputtgemacht haben - nach dem Abgeben."

    Studien zeigen, dass fast die Hälfte aller Bundesbürger heute noch Schwierigkeiten hat, Einweg- und Mehrwegflaschen auseinanderzuhalten. Gesetzlich verbindliche Vorschriften zur Kennzeichnung existieren bislang nicht. Diese schlechte Kennzeichnung und nur wenig Öffentlichkeitsarbeit, die den Verbrauchern das Einweg-Pfand erklärt, sind zwei Gründe dafür, warum die Bilanz heute nicht so erfolgreich ausfällt. Doch für das Verschwinden der Mehrwegflaschen aus den Supermärkten gibt es auch ganz andere Ursachen, etwa den knallharten Verdrängungswettbewerb innerhalb der Getränkebranche:

    "Die Discounter haben quasi den Siegeszug der Einwegflasche und den Verlust der Mehrwegflaschen am Markt eingeläutet."

    Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund spielt damit auf die europaweit einzigartige Struktur des deutschen Getränkemarktes an: Neben ein paar großen industriellen Marktführern existieren hierzulande viele kleine regionale Betriebe, die vorwiegend in Mehrwegflaschen abfüllen: etwa 1300 kleine Brauereien, über 400 Fruchtsaftabfüller und gut 180 Mineralbrunnen.

    Doch durch die aggressive Verkaufspolitik der Discounter geraten diese kleinen Betriebe zunehmend unter Druck: Billigsupermärkte verkaufen ihr Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke weit unter Preis – allein, um die kleinen Betriebe zu verdrängen. Und mit ihnen verschwinde dann auch die Mehrwegflasche, warnt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:

    "Und das ist die Methode, mit der die Getränkeindustrie Land für Land in Europa erobert hat. Man hat immer die Preise so runtergesetzt, dass die regionalen Betriebe pleite gemacht haben. Und wenn Sie heute nach Großbritannien schauen, wo es keinen Mehrweg mehr gibt, dann verkaufen die Betriebe, die in Deutschland konkurrenzlos günstige Einwegprodukte anbieten, dort die gleichen Produkte zu dem doppelt und dreifachen Betrag. Das würden wir in Deutschland auch erleben, wir würden dann wieder hohe Preise finden."

    Mehr als die Hälfte des deutschen Mineralwasser-Marktes haben die Discounter schon in ihrer Hand, warnen Umweltschützer. Um die kleinen Abfüller und die Mehrwegsysteme zu schützen, fordern sie weitere politische Maßnahmen. Wenigstens eine davon ist schon in Sicht: die klare Kennzeichnung von Getränkeverpackungen, die die Unterscheidung von Mehrweg und Einweg erleichtert.

    Nach jahrelangem Hin und Her hat das Bundesumweltministerium nun eine "Kennzeichnungsverordnung für Getränkeverpackungen" auf den Weg gebracht. Im Moment wartet man darauf, dass die Europäische Kommission dem Entwurf zustimmt. Sollte dies der Fall sein, dann würde auf Getränken voraussichtlich ab Sommer 2011 in gut lesbaren Blockbuchstaben die Kennzeichnung: MEHRWEGFLASCHE oder EINWEGFLASCHE prangen.

    Um Mehrwegflaschen zu unterstützen, fordert die Deutsche Umwelthilfe außerdem eine sogenannte Lenkungsabgabe von 20 Cent. Diese sollen Verbraucher zusätzlich zum Einwegpfand – auf alle Getränke in derartigen Verpackungen zahlen. Der Naturschutzbund favorisiert hingegen eine Steuer auf alle Verpackungsmaterialien:

    "Wir wollen umweltfreundliche Getränkeverpackungen. Und auf dem Weg dahin brauchen wir zusätzlich eine Steuer, die abhängig von Material, Art und Menge ist. Eine Steuer, die alle besteuert, aber die, die umweltfreundlich sind, bevorteilt."

    Doch welche Getränkeverpackungen sind eigentlich umweltfreundlich? Um diese Frage ist gerade ein leidenschaftlicher Streit entbrannt. Glaubt man den lautstarken Beteuerungen der Getränke- und Verpackungsindustrie und des Handels, dann sind moderne Dosen und Einwegflaschen heute fast genauso umweltfreundlich wie Mehrwegflaschen. Das ist auch das Credo des Mineralbrunnen-Abfüllers Karl Tack:

    "Mittlerweise kann jede Fraktion – ob Einweg-, Mehrweg- oder Dosenfraktion – von sich aus behaupten, dass sie wesentliche Veränderungen durchgeführt hat, um die ökologische Vorteilhaftigkeit zu untermauern. Und insofern verschwinden heute so die Grenzen von Einweg, Mehrweg und Dose – im Hinblick auf die Frage: Was ist ökologisch vorteilhafter?"

    Der Unternehmer bezieht sich auf neue Ökobilanzen von Getränkeverpackungen. Studien, die allerdings im Auftrag der Verpackungsindustrie gemacht wurden. Ökobilanzen untersuchen systematisch, welche Umweltauswirkungen ein Produkt mit sich bringt. Und zwar während seines gesamten Lebenszyklus – also von der Rohstoffgewinnung über Produktion und Benutzung bis zur Wiederverwertung und Entsorgung.

    Aufgrund solcher Ökobilanzen können Produkte hinsichtlich ihrer Umweltfreundlichkeit miteinander verglichen werden – so sie denn objektiv erstellt wurden. Der Grundtenor der neuesten Studien verwundert angesichts ihrer Auftraggeber wenig: Einwegverpackungen wurden verbessert – sie sind zum Beispiel leichter geworden. Getränke in Mehrweg sind angeblich nun nicht mehr unbedingt besser für die Umwelt - im Vergleich zu Getränken in Einweg. Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe bezweifelt indes die Aussagekraft der neuen Untersuchungen:

    "Die Industrie behauptet seit über zehn Jahren in ihren Ökobilanzen – so auch dieses Jahr – dass das jeweils untersuchte Einweggebinde ökologisch gleichwertig wäre wie Mehrweg. Wir gucken uns die Sachen an und schmunzeln dann immer. Und stellen dann meist innerhalb von wenigen Stunden fest, an welchen Stellschrauben man gedreht hat, um das gewünschte Ergebnis heraus zu bekommen."

    Auch Benjamin Bongardt vom NABU ist kritisch. Die neuen Ökobilanzen zu den Getränkeverpackungen sind zwar wissenschaftlich gut gemacht. Aber: Sie gehen von falschen Annahmen aus. Die wurden durch die Auftraggeber aus der Verpackungsindustrie vorgeben. Wie solch verfälschte Studien in die Irre führen können, erklärt der Umweltschützer an einem Beispiel:

    "Für die Dosenindustrie ist der Biermarkt ein ganz großes Thema. Und wenn ich eine Bier-Mehrwegglasflasche mit einer Dose vergleiche in einer Ökobilanz und die Glasflasche da nur angenommen zehn mal gespült wird – obwohl sie technisch 25-mal gespült werden könnte - dann ist klar, dass natürlich hinterher die Aussage natürlich eher Tendenz in Richtung Dose fällt."

    Auch Jürgen Maaß vom Bundesumweltministerium betont in einer aktuellen Stellungnahme gegenüber dem Deutschlandfunk, Zitat:

    "Es trifft nicht zu, dass Einwegflaschen und Dosen in aktuellen Ökobilanzen heute fast so gut abschneiden wie Mehrwegflaschen. Die unter Umweltgesichtspunkten beste Getränkeverpackung ist auch weiterhin die Mehrwegflasche aus PET."

    Bis das Umweltbundesamt die neuen Ökobilanzen überprüft hat, gilt also weiterhin, was die letzten unabhängigen Untersuchungen der Behörde gezeigt haben: Nur Mehrwegflaschen (und auch der Getränkekarton) sind "ökologisch vorteilhaft". Christiane Schnepel vom Umweltbundesamt:

    "Mehrweg bringt verschiedene ökologische Nutzen. Man kann den Ressourcen-Einsatz an den Rohstoffen dieser Verpackungsmittel weitestgehend reduzieren, ein erheblicher Nutzen. Damit einhergehen andere ökologische Effekte, nämlich die Reduzierung der CO2-Emissionen."

    Würde zum Beispiel das in der Verpackungsverordnung festgeschriebene Ziel von 80 Prozent Mehrwegverpackungen im Getränkebereich erreicht, dann ließen sich dadurch mindestens zwei große Pluspunkte für die Umwelt erreichen: Erstens könnte man 1,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid einsparen und zweitens auch zur Abfallvermeidung beitragen: Etwa 400.000 Tonnen Plastikmüll gebe es dann weniger. Diese Zahlen stammen vom Naturschutzbund Deutschland.

    Aus umweltpolitischer Sicht macht es also durchaus Sinn, die Mehrwegsysteme zu stützen. Das Pfand auf Einwegverpackungen hat weiterhin seine Existenzberechtigung! Ungeachtet dessen versuchen sich Hersteller und Handel gerade am Comeback der Getränkedose. Eine Neuheit, denn als das Einwegpfand eingeführt wurde, verschwand als erstes die Dose aus den Supermarktregalen. Auch beim Mineralbrunnen Rhodius stand damals die Abfüllanlage für Dosen mehrere Jahre still.

    Doch diese Zeiten sind vorbei, freut sich Betriebsinhaber Karl Tack:

    "Zwischenzeitlich liefern wir aber etwa 80 Prozent der Dosen ins Ausland. Das heißt, im Ausland erfreut sich die Dose einer sehr, sehr großen Beliebtheit. Deswegen füllen wir heute mehr Dosen ab als vor dem Zwangspfand."

    Auch der Getränkeriese Coca-Cola erweitert gerade sein Angebot in Getränkedosen: Bereits seit der WM vor vier Jahren gibt es wieder die bekannten 0,33-Liter-Dosen. Vor einem Jahr kam eine Kaffeespezialität in der Dose hinzu – und im Frühling noch die kleine Viertel-Liter-Dose. Eine Entwicklung, die Umweltschützer Benjamin Bauchschmerzen bereitet. Denn: Besonders Rohstoffgewinnung und Produktion von Dosen sind aus ökologischer Sicht problematisch.

    "Man kann im Endeffekt sagen, dass die Dose nichts zu suchen hat im Supermarktregal – sowohl bei Erfrischungsgetränken als auch bei Bier. Sie ist sozusagen der ökologische Sünder bei den Getränkeverpackungen per se."