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Aus der Nische in die Supermarktregale

Der Faire Handel hat zwar den Sprung aus der alternativen Nische geschafft. Doch bis es für breite Käuferschichten zum Alltag gehört, zu fair gehandelten Produkten, zu greifen, ist es noch ein weiterer Schritt.

Von Monika Hoegen | 21.12.2006
    "Es ist eine große Ehre für mich, hier zu sein, an der Seite der Gruppen und Persönlichkeiten, die den Fairen Handel repräsentieren","

    erklärte Rigoberta Menchú, bekannte Vertreterin der Indigenen Guatemalas und Friedensnobelpreisträgerin 1992 vor einigen Jahren auf einer internationalen Konferenz im mexikanischen Cancún. Der Faire Handel hat weltweit schon lange prominente Fürsprecher.

    Auch in Deutschland ist der Faire Handel derzeit im Aufwind. Im vergangenen Jahr wurden 9000 Tonnen mit Produkten aus dieser Sparte abgesetzt - ein Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2005 wurden Waren mit dem TransFair-Gütesiegel im Wert von 72 Millionen Euro verkauft. Damit liegt der Zuwachs in Deutschland inzwischen sogar über dem internationalen Trend - eine neue und überraschende Entwicklung, wie Rüdiger Meyer, Geschäftsführer des internationalen Dachverbandes der Fairhandelsinitiativen (FLO) betont:

    ""Für die letzten Jahre war es schon so, dass die Konsumenten in Deutschland für den Fairen Handel relativ wenig Aufmerksamkeit hatten, im Vergleich zu Konsumenten in England, Frankreich oder in der Schweiz, wo wir Wachstumsraten von bis zu 80 Prozent im Jahr verzeichnet hatten. Und in Deutschland stagnierte das ja praktisch. Und jetzt sieht es aber so aus, dass in 2005 sich da der Wind gedreht hat und Deutschland in die Spitzengruppe der Wachstumsländer aufgeschlossen hat."

    Bereits in den 60er Jahren gab es erste Initiativen, die die Idee des Fairen Handels propagierten, bundesweit entstanden die so genannten Weltläden mit Produkten aus Dritt-Welt-Ländern. 1975 wurde die gepa gegründet mit Sitz in Wuppertal. Es ist bis heute das größte europäische Fairhandelsunternehmen, mit einem Umsatzvolumen von fast 44 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr.

    Um die fair gehandelten Produkte aus der Nische heraus in den konventionellen Einzelhandel hinein zu holen, wurde 1992 nach dem Vorbild der Max-Havelaar-Stiftung in Holland die Siegelinitiative TransFair ins Leben gerufen. Träger sind verschiedene Organisationen aus dem entwicklungs- und bildungspolitischen, dem sozialen und kirchlichen Bereich - darunter Misereor, Welthungerhilfe, der Evangelische Entwicklungsdienst, Brot für die Welt und UNICEF. Ziel war es von Anfang an, Kleinbauern in Lateinamerika, Afrika oder Asien für ihre Rohstoffe einen Preis zu garantieren, der deutlich über dem Weltmarktpreis liegt. Geschenke wollten die Verfechter dieses Handelssystems nicht verteilen. "Fairer Lohn für harte Arbeit", lautete vielmehr das Motto. Prälat Norbert Herkenrath von der Mitbegründerorganisation Misereor drückte es damals so aus:

    "Den Selbsthilfewillen und die Selbsthilfefähigkeit der Armen entdecken und solidarisch begleiten, das ist unsere Arbeit seit nun schon über 30 Jahren. Und dabei wird immer deutlicher, dass wir ja überhaupt keine Entwicklungsarbeit betreiben können, wenn wir nicht zugleich auch Modelle darstellen können, die universalisierbar sind, die für die ganze Welt in Frage kommen können."

    Nachdem anfangs nur Kaffee und Tee fair gehandelt wurden, kamen im Laufe der Zeit auch Kakao, Schokolade, Bonbons, Honig, Bananen und im Jahre 1999 auch Orangensaft aus Mexiko und Brasilien hinzu. Hier hatten die Fairhandelsvertreter besonders gegen die Fruchtmultis zu kämpfen, die etwa in Costa Rica und Ecuador das Geschäft beherrschen. Der Faire Handel fördert dagegen kleinbäuerliche Erzeugergenossenschaften, macht sich für ökologisch behutsames Vorgehen in den Bananenplantagen, für Arbeitsschutz und verbesserte Lebensbedingungen für die Farmer stark.

    Zunächst als politisch korrekt geschätzt, setzten sich faire Produkte später auch geschmacklich durch. Bunt verpackte Schokoriegel und Bonbons kamen auf den Markt, Prominente wie Mutter Beimer und Willy Millowitsch warben für die fairen, wenn auch etwas teureren Leckereien, und so manche Betriebskantine stellte um auf fair gehandelten Kaffee. "Fair" wurde gesellschaftsfähig.

    Produkte mit dem Gütesiegel fanden sich in den Regalen großer Kaufhäuser wieder, zum Beispiel bei Karstadt. Edeka, Metro, Rewe und andere Handelsketten übernahmen fair gehandelte Produkte in ihr Sortiment. Und selbst der Renommier-Caterer Michael Käfer aus München nahm 1997 TransFair-Kaffee in seine Angebotspalette auf.

    2003 startete die bundesweite Informationskampagne "Fair feels good" der Verbraucherinitiative, gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auf deren Plakaten sind junge, chic gekleidete Frauen zu sehen, die fair gehandelte Produkte schwungvoll in den schwarzen TransFair-Einkaufstüten durch die City tragen. So gelang allmählich der Imagewandel. Was früher eine Nische für sozial bewegte und politisch eher links stehende Käufer war, erreicht heute eine viel breitere Klientel, unterstreicht Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair.

    "Ich glaube, wir sind jetzt aus der Phase heraus, wo nur entwicklungspolitisch denkende oder engagierte Leute konsequent Fairtrade-Produkte kaufen, sondern wo auch, ich sag mal, lifestylig Leute Produkte kaufen, die entweder mal gerade Rosen kaufen und dann auf einmal feststellen, es sind faire Rosen, oder ja vielleicht Familien mit kleinen Kindern, die einfach erst mal nur Bio-Bananen kaufen und dann auf einmal feststellen, es sind Bio-Fairtrade-Bananen, oder aber im Gourmet-Bereich, in einem Feinkostladen als Geschenk vielleicht so eine leckere Zotta-Schokolade für drei Euro mitnehmen und auf einmal feststellen, es ist ein Fairtrade-Produkt."

    Tatsächlich ist die Erweiterung der Produktpalette für den wachsenden Erfolg des Fairen Handels mit verantwortlich. So gibt es inzwischen neben den neuen, fairen Blumen auch fair gehandelten Wein aus Südafrika und in Naturkostläden fair gehandelten Reis zu kaufen. 64 Prozent der fair gehandelten Lebensmittel stammen mittlerweile aus biologischem Anbau, wie etwa die Bananen und auch ein großer Teil des Kaffees. Außerdem ging man in den Non-Food-Bereich: Neben Blumen offerierte man - passend zum abgelaufenen WM-Jahr - erstmals Fußbälle aus Fairem Handel.

    Fortschritte verzeichnete man auch beim Großverbrauch. So wird auf den Flügen der Air Berlin fair gehandelter Kaffee angeboten - ebenso wie in den Mensen von Nordrhein-Westfalens Universitäten. Die Akteure des Fairen Handels unternehmen eine ganze Menge, um das Vertrauen der Verbraucher in die Leistungen des Fairhandels-Systems zu stärken. Rüdiger Meyer von FLO:

    "Wir haben vor zwei Jahren begonnen, unsere Kontrollfunktion zu professionalisieren und stärker auszubauen. Aufgrund des starken Wachstums auch, wir haben jetzt über 1400 Firmen im System, mussten wir etwas von Vertrauen auf Kontrolle umstellen. Wir haben unsere Inspektionsberichte standardisiert, wir haben Indikatoren geschaffen, die weltweit gelten, und wir stellen uns jetzt einem externen Audit jährlich, das sicherstellen soll, dass unsere Qualität tatsächlich so ist, wie wir behaupten, dass sie ist."

    Tatsächlich erscheint mehr Klarheit und Transparenz beim Fairen Handel geboten. Denn angesichts einer seit Jahren wachsenden Flut von Siegeln und Gütezeichen, die die Umwelt- und Sozialverträglichkeit eines Produktes garantieren sollen, sind viele Kunden misstrauisch. Ist auch wirklich Fairness drin, wo fair draufsteht? Und kommt der Mehrpreis auch bei den Kleinbauern im Süden an?

    Es sei gar nicht so einfach festzulegen, was eigentlich als fair zu gelten hat, weiß Silke Peters vom Siegel FLP, dem so genannten Flower-Label-Programm für fair gehandelte Blumen. Sie ist unter anderem dafür zuständig, die Arbeitsbedingungen der Blumenpflücker und -pflückerinnen auf den Plantagen, zu überprüfen, die sich FLP angeschlossen und zur Einhaltung bestimmter Sozialstandards verpflichtet haben. Schließlich wollten sich Betriebe und meist auch ihre Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Überprüfung ja von der besten Seite zeigen. Hinzu kommt: Wer das begehrte Zertifikat einmal erhalten habe, der nehme es häufig anschließend mit der Fairness nur noch so genau wie nötig.

    Allerdings sind auch die Kontrolleure nicht immer ganz unabhängig und unterliegen zumindest einem gewissen Marktdruck. Schließlich muss das Labelprogramm FLP Geld verdienen. Und je höher die Zahl der zertifizierten Mitglieder ist, umso höher sind die Einnahmen durch Mitgliedsgebühren. Das könne zu Zielkonflikten führen.

    "Wir hatten diese Situation extrem stark im letzten Jahr, wo wir eine sehr große Anfrage hatten von Marks und Spencer aus England, die gerne wollten, dass wir für Marks und Spencer einen Produzenten prüfen und es für uns auch, weil wir natürlich versuchen uns durchzusetzen mit unseren Themen, weil wir versuchen, die Standards umzusetzen, extrem wichtig war, einen so großen Händler wie Marks und Spencer aus England, sozusagen zufrieden zu stellen. Und dann war es aber so, dass die Prüfung nicht gut lief. Dann steht man natürlich in dem Konflikt, was macht man jetzt? Lässt man den Produzent durchfallen, verliert dadurch Marks und Spencer als Händler? Oder sagt man sich eben, die Glaubwürdigkeit ist uns wichtiger?"

    Diesmal entschied sich FLP für die Glaubwürdigkeit. Doch Silke Peters weiß auch, dass immer mal wieder in Prüfverfahren ein Auge zugedrückt oder auch schon mal Standards angeglichen werden. Kritische Beobachter fordern daher: Je mehr Marktbedeutung der Faire Handel erlange, umso transparenter und kontrollierbarer müssten seine Kriterien und Versprechen für den Verbraucher werden.

    Nicht nur die Konsumenten, auch die Produzenten müssen von den Vorteilen des Fairen Handels überzeugt werden. Das war nicht immer leicht. In Rio Real, im Nordosten Brasiliens beispielsweise beteiligte sich Ende der 90er Jahre die Orangenkooperative CEALNOR am Fairen Handel. Doch die Genossenschaft hatte Mühe, ihren Bauern das alternative Handelssystem schmackhaft zu machen. Angesichts schwacher und schwankender Nachfrage in Europa konnte CEALNOR nicht voraussagen, ob und wie viel Mehrpreis aus dem Fairen Handel zum Ende der Saison bezahlt würde. In der Kooperative Apicola in der südchilenischen Region Valdivia gaben einige Imker, die ihren Honig an den Fairen Handel verkauft hatten, nach kurzer Zeit wieder auf. Zu gering erschienen ihnen die Abnahmequoten.

    Das größte Problem aber war in den Jahren der Krise der dramatische Verfall des Kaffeepreises auf dem Weltmarkt. So wurden 1997 an der New Yorker Börse noch 4,90 Mark pro Pfund Kaffee bezahlt, ein Jahr später waren es nur noch 2,30 Mark. Der faire Preis lag zu diesem Zeitpunkt bei 3,10 Mark. Im November 2000 rutschte der Kaffeepreis für die Sorte Robusta auf den tiefsten Stand der letzten 30 Jahre, mit verheerenden Auswirkungen für die Kaffeebauern.

    Eine überhöhte Produktion, insbesondere in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau wie China oder Vietnam, heizte die Kaffeeinflation weiter an. Für den Fairen Handel hatte das fatale Folgen: Der Preisunterschied zu konventionell gehandeltem Kaffee wurde zu groß, der fair gehandelte Kaffee in den Supermärkten hierzulande für viele Käufer immer unattraktiver. Der Absatz sank. Erst seit knapp zwei Jahren steigen die Kaffeepreise wieder an, unter anderem weil das größte Kaffeeexportland Brasilien unter einer Trockenperiode litt.

    Zu den Kooperativen, die trotz aller Hürden seit langem auf den Fairen Handel setzen, gehört die Kaffee-Kooperative COMISAJUL in Honduras. Etwa eine Autostunde von der Hauptstadt Tegucigalpa entfernt befindet sich das kleine Örtchen San Juancito. Bis zum Jahr 1954 lebten die Menschen hier im Goldrausch. San Juancito war das Zentrum der US-amerikanischen Rosario Mining Corporation. Doch dann wurde die Mine aufgegeben, zurück blieb eine Geisterstadt. Immer mehr Menschen wanderten ab. Aber später kamen neue Einwohner hinzu. Kaffeebauern aus anderen Regionen Honduras' hatten von den guten klimatischen Bedingungen rund um San Juancito gehört.

    Hier, an den Steilhängen in einer Höhe zwischen 1100 und 1650 Metern über dem Meeresspiegel, schienen die Voraussetzungen für den Kaffeeanbau ideal. 1984 wurde die Kooperative COMISAJUL gegründet. Sie verschrieb sich der sozialen Entwicklung des Örtchens und setzte auf den Fairen Handel, an den inzwischen 40 Prozent der Ernte verkauft werden. Von den Prämien wurde eine Schule gebaut, Jugendliche erhielten Stipendien für die Ausbildung. Sogar über ein Internecafé, eingerichtet von der Kooperative, verfügt San Juancito. Und vor allem: Die Bauern konnten durch die Fairhandelsprämien auch in Jahren der Krise überleben. COMISAJUL-Geschäftsführer Saul Dominguez erinnert sich:

    "Wir haben damals den Unterschied gesehen zwischen einem Produzenten, der zu unserer Kooperative gehört und einem, der seine Finca hatte, aber kein Mitglied in irgendeiner Kooperative war. Wir konnten sehen, dass die, die nicht organisiert waren und vom Fairen Handel nicht profitierten, ganz einfach ihre Finca verloren haben."

    Die Kaffeepreise sind gestiegen, die Situation auf dem Weltmarkt hat sich entspannt. Seit einigen Wochen rückt der Weltmarktpreis sogar in die Nähe des vom Fairen Handel garantierten Mindestpreises von 121 Cent pro Kaffeesack von 453,6 Kilo. Doch die Kaffeebauern von San Juancito wollen dem Fairen Handel weiter treu bleiben.

    Auch Produzent Emilio Mejia Mayorga schätzt die langfristigen Lieferbeziehungen und die festen, von den Schwankungen des launischen Weltmarktes unabhängigen Garantiepreise, zu denen außerdem noch eine Prämie von je fünf Cent hinzu kommt. Emilio weiß, dass auch das Fairhandelssystem Grenzen hat.

    "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der Faire Handel letztlich von den Verbrauchern bezahlt wird, die diese Produkte kaufen. Und das ist eine Minderheit. Deshalb können wir nicht immer mehr verlangen, jedenfalls nicht, so lange nicht mehr auf dem Fairen Markt abgesetzt wird."

    Und deshalb wünschen sich die Kaffeebauern in San Juancito, dass nicht nur die Konsumenten im fernen Europa oder in den USA über den Fairen Handel unterrichtet sind. Auch in ihrem eigenen Land, in Honduras müsste es dafür eine politische Lobby geben, heißt es bei COMISAJUL. Bislang allerdings wissen in Tegucigalpa viele Menschen nicht einmal, dass es in San Juancito, eine Autostunde von ihnen entfernt, überhaupt Kaffeeanbau gibt. Und in den Luxushotels von Tegucigalpa wird statt des durchaus hochwertigen und aromatischen lokalen Produktes Kaffee aus Costa Rica angeboten.

    Auch in anderen Erzeugerländern ist es um das Wissen über den Fairen Handel nicht gut bestellt. Das gilt auch für Brasilien, erklärt Reginaldo Vicentim, Geschäftsführer der Orangengenossenschaft COAGROSOL.

    "Bisher ist Fairer Handel kein Thema in Brasilien. Die Leute sind im Alltag oftmals mehr mit ihrem eigenen Überleben beschäftigt. So etwas wie Fairer Handel ist für sie eine andere Welt. Aber wir wollen das Thema in den nächsten Jahren stärker in die Öffentlichkeit bringen, damit auch die Leute bei uns nicht nur einfach etwas kaufen, sondern verstehen, was sich hinter einem Produkt verbirgt."

    Vicentim vertritt den Standpunkt, dass auch auf der Südhalbkugel das Problembewusstsein in dieser Hinsicht geschärft werden müsse.

    "Es ist wichtig, einen heimischen Markt zu haben. Das würde mehr Absatzsicherheit gewährleisten. Es gibt dann keine Probleme mit dem Wechselkurs, dem Einfluss des Dollars, der Weltwirtschaft und ähnlichen Dingen. Deshalb brauchen wir auch einen lokalen Absatzmarkt."

    In Deutschland werden derzeit ganz andere Fragen erörtert. Wird die Palette der Anbieter fairer Produkte hierzulande möglicherweise zu breit? Was ist davon zu halten, wenn plötzlich ein Großer der Einzelhandelsbranche faire Produkte anbietet, einer, dessen soziales Engagement bisher eher fraglich war?

    So hat seit kurzem der Discounter Lidl unter dem Produktnamen Fairglobe faire Lebensmittel im Sortiment, die das TransFair-Siegel tragen. Doch die Lidl-Initiative steht von mehreren Seiten unter Beschuss. Man wisse nicht, ob man einem solchen Branchenriesen wirklich Fairness zutrauen könne, sagen die Kritiker.

    Auch bei TransFair weiß man um das schlechte Image von Lidl, wenn es um soziale Fragen geht. Aber man könne ja das eine kritisieren und auf der anderen, der Fairhandelsseite, dennoch zusammenarbeiten, heißt es. Entschieden weist man bei TransFair jedoch den Verdacht zurück, dass es Billiganbieter Lidl mit den strengen Standards für Fairen Handel nicht ganz so genau nehme. TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath:

    "Also definitiv muss sich Lidl wie alle anderen Akteure an alle Fairtrade-Kriterien halten, ansonsten würde Kaffee, der bei Lidl verkauft wird, nicht das TransFair-Siegel tragen."

    Der Faire Handel auf dem Weg ins Aldi-Regal? Was vor Jahren undenkbar war, erscheint heute durchaus möglich. Doch bis der Faire Handel in Deutschland wirklich zum selbstverständlichen Bestandteil des täglichen Einkaufs wird, könnte es noch ein wenig dauern. Zu gering ist immer noch das Wissen um die faire Idee, zu hartnäckig hält sich die Vermutung, dass faire Produkte einfach zu teuer sind.

    Der Faire Handel hat in den 90er Jahren den Sprung aus der alternativen Nische herausgeschafft; nun wird es darum gehen, ihn aus der trendigen Life-Style-Ecke auch in den so genannten mainstream, zu einer wirklich breiten Käuferschicht hinüberzuholen. Dazu kann das Angebot der Discounter beitragen. Doch in seinen Weihnachtsprospekten, die kulinarische Genüsse für die Festtage offerieren, erwähnt Lidl die fairen Angebote mit keiner Silbe.