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Ausbildung zum Förster
Den Wald im Blick

Ab in den Wald: Immer mehr junge Erwachsene wollen Förster werden, die Studienplätze sind begehrt - sie geraten mitten in die Debatten um Waldsterben und Klimakrise. Die künftigen Försterinnen und Förster sehen die Aufmerksamkeit, die der Wald zurzeit erfährt, als Chance.

Von Uschi Götz | 18.10.2019
Der Förster in Ausbildung inspiziert ein von Borkenkäfern befallenes Waldstück.
Mindestens sieben Jahre dauert das Forststudium - mit einem hohen praktischen Anteil (Keystone/Urs Flueeler)
Um die Borkenkäferplage einzudämmen, müssen in vielen Wäldern zurzeit große Mengen an Schadholz abtransportiert werden. Dürre, Hitze und Käfer haben den Wäldern zugesetzt, Fachleute sprechen von einer Katastrophe.
"Ich denke, dass die Debatte zu emotional ist."
Kritik an der Forstwirtschaft
Findet Marco Wieber, 25 Jahre alt, er studiert im zweiten Master-Studiengang Forstwirtschaft. Mindestens sieben Jahre dauert das Studium mit einem hohen praktischen Anteil. Strategisches Forstbetriebsmanagement und Führung etwa wird gelehrt, auch strategische waldbauliche Steuerung stehen auf dem Lehrplan.
"Da gibt es Forderungen, die ganz extrem sind, manche Leute wollen das Waldflächen stillgelegt werden, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Holz, weil jeder gern Holzmöbel hat. Medial werden die extremen Standpunkte beleuchtet, aber die Wahrheit liegt dazwischen."
Der Bestsellerautor und Förster Peter Wohlleben etwa kritisiert schon lange die in Deutschland betriebene Forstwirtschaft. Diese führe zu instabileren Waldsystemen, so seine Kritik. An der Hochschule verfolgt man die Thesen Wollebens mit Interesse, der Waldexperte hat einst auch in Rottenburg studiert.
"Wenn man sagt, man will Försterin werden oder man beschäftigt sich viel mit dem Wald, kommen viele Fragen."
Franziska Reichenbach studiert im siebten Semester Fortwirtschaft, auch sie will Försterin werden. Ungeachtet der aktuellen Diskussion ihr Traumberuf. Schon immer wollte sie etwas draußen in der Natur machen, erzählt die 23-jährige Studentin:
"Nah dran sein an den Jahreszeiten, dem Klima, und deshalb habe ich das Studium angefangen."
Studienplätze sind begehrt
Fünf Studierende der Forstwirtschaft sitzen an diesem Vormittag auf einer Holzbank mit Blick auf ihre Hochschule. Der Campus liegt eingebettet in Wäldern auf einer Höhe bei Rottenburg am Neckar und gilt als "die kleinste Exzellenzhochschule Deutschlands". Neben Forst- und Holzwirtschaft kann man hier unter anderem Ressourcenmanagement Wasser, Erneuerbare Energien studieren.
Die Studienplätze sind begehrt, zehn Prozent mehr Bewerber für das Wintersemester gab es im Vergleich zum Vorjahr. "Das sind wache, politisch interessierte junge Leute", sagt Christoph Schurr, Professur für Forst- und Umweltpolitik, Umweltrecht:
"Weil sie sagen, das ist unsere Zukunft, wir wollen jetzt mitgestalten. Ihr habt das offensichtlich zu wenig getan."
In der Lehre hat man sich darauf eingestellt, etwa im Fach Politik werden Themen diskutiert, die durch den Klimawandel auch gesellschaftspolitische Relevanz erfahren haben. Die Studierenden spüren den Druck, man diskutiere viel untereinander auch mit den Dozenten. Doch als Weltretter sehen sie sich nicht. Jeder rede mittlerweile mit, sagt Susi Hensel.
"Aber da müssen wir unseren Mann und unsere Frau stehen, und das können wir alle ganz gut. Wir sind alle super ausgebildet. Von daher glaube ich auch, dass man mit der Bevölkerung gut darüber diskutieren kann, was wir machen. Klar, es gibt nicht den richtigen Weg, aber wir versuchen immer, den im Moment passendsten Weg zu gehen."
Thema Baumsterben - für Förster eine Chance
Ins Berufsleben gestartet war diese junge Frau aus Sachsen-Anhalt mit einer Ausbildung zur Buchhändlerin. Doch das war nicht ihr Ding, jetzt ist sie am richtigen Platz, sagt sie. Sobald sie ihren Master hat, will sie in der Forstverwaltung arbeiten. Über das Junge Netzwerk Forst oder in der Studentenorganisation International Forestry Students' Association sind die künftigen Försterinnen und Förster gut vernetzt. Natürlich sei überall erkennbar, dass viele Bäume abgestorben sind, sagt Master-Student Raphal Gaß, doch Panik sei nicht angebracht:
"Wir haben ein Problem, wir müssen was machen, aber es ist nicht hoffnungslos."
Alle wollen sie später als Försterinnen und Förster arbeiten, die einen im Revier, die anderen in der Verwaltung. Fahim Maqsudi, im zweiten Master-Semester fasst die Stimmung unter den Studierenden zusammen:
"Meiner Meinung nach ist das im Moment ein großer Hype um den Wald, der kriegt jetzt eine ganz große mediale Aufmerksamkeit. Für uns Förster ist es im Prinzip eine Chance, eine Chance unsere Meinung kundzutun und uns auch ein bisschen in den Mittelpunkt zu stellen - und alles, was in der Vergangenheit ein bisschen schief gelaufen ist, wieder gerade rücken zu können."
An Arbeit wird es dem Nachwuchs nicht fehlen. Rund 800 Millionen wollen Bund und Länder ausgeben, um rund 180.000 Hektar geschädigte Waldfläche wieder aufzuforsten. Das entspricht etwa 250.000 Fußballfeldern.
(*Korrekturhinweis: Wir hatten in einer früheren Version den Begriff 'Forstwirt' in der Dachzeile. Richtig muss es 'Förster' heissen.)