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Ausbildungsmarkt
Ein Hauch von Spanien in Thüringen

Spanien und Deutschland wollen ihre Zusammenarbeit weiter intensivieren - speziell in Thüringen. Dort unterzeichneten der spanische Botschafter in Deutschland und der thüringische Wirtschaftsminister eine gemeinsame Erklärung, um spanische Jugendliche erfolgreich an deutsche Unternehmen zu vermitteln.

Von Henry Bernhard | 13.02.2014
    Drei junge Spanier sitzen in einem Konferenzraum an einem Tisch
    Wie viele andere sind Abel, Mario und Manuel (v.l.) aus Spanien nach Thüringen gekommen, um zu arbeiten (picture alliance / dpa / Marc Tirl)
    "Ich fühle mich nicht Ausländer hier! Ich fühle mich in Europa; ich fühle mich zu Hause!"
    Der spanische Botschafter in Deutschland, Juan Pablo Garcia-Berdoy Cerezo, will die kulturelle Präsenz von Spanien in Thüringen verstärken, weil in Zukunft vermehrt spanische Jugendliche zur Ausbildung nach Thüringen kommen sollen. Gemeinsam mit dem Thüringer Wirtschaftsminister unterzeichnete er heute in Erfurt eine gemeinsame Erklärung. Im Kern geht es darum, dass spanische Jugendliche, wenn sie zur Ausbildung nach Deutschland kommen wollen, Deutsch können sollen und noch zu Hause umfassend darüber informiert werden sollen, was sie erwartet, sagte der Wirtschaftsminister, Uwe Höhn.
    "Und dann kommt es darauf an, die vertraglichen Voraussetzungen zu schaffen mit den Unternehmen, auch hier mit den Ausbildungsstätten, den Ausbildungsbetrieben, um dann wirklich die besten Voraussetzungen zu haben; und erst dann, erst dann halten wir es für richtig, wenn sich dann die jungen Menschen auf den Weg nach Deutschland begeben."
    Gastronomie und Handwerk froh über spanische Zuwanderer
    Die Geschichte der Spanier in Thüringen hatte sehr unglücklich angefangen: Im Oktober letzten Jahres waren 128 Spanier regelrecht in Erfurt gestrandet: Eine Vermittlungsagentur hatte sie angeworben, war aber nicht im Mindesten in der Lage, sie angemessen unterzubringen, zu versorgen und in Kontakt mit den interessierten Firmen zu bringen. Wirtschaftsministerium, Industrie- und Handelskammern und verschiedene Arbeitgeberverbände hatten dann sehr schnell reagiert und die 128 jungen Leute in Praktikums- und Ausbildungsplätze vermittelt. Die meisten arbeiten in der Gastronomie und im Handwerk – in Branchen also, die momentan große Schwierigkeiten haben, Nachwuchs zu gewinnen.
    14 der Spanier sind bei der Baufirma Sauerbrey gelandet. Sie werden Betonbauer. In einer großen Halle zimmern sie gerade Guß-Rahmen zusammen. Einer von ihnen ist José García. Er ist Mitte 20 und hat zu Hause in Spanien keine Arbeit mehr gefunden. Er ist froh, in Erfurt zu sein, sowohl der Winter als die Menschen hier seien wärmer als befürchtet. Nur seine familiäre Situation muss sich noch verbessern.
    "Yo estoy casado y tengo una hija, que hoy has su cumpleanos."
    "Also, nach der Ausbildung möchte er gerne hier leben, seiner Arbeit folgen und nach auch seine Tochter herbringen, weil: Er ist verheiratet und hat eine Tochter, die heute zufällig Geburtstag hat.
    Quanto anos?"
    "Eins."
    "Ein Jahr! Ach, es ist noch ziemlich klein! Und er würde sich wünschen, wenn er seine Familie dann irgendwann herbringen könnte, dass auch seine Tochter irgendwann zweisprachig aufwächst."
    Kaum Spanier kehren in die Heimat zurück
    Die Dolmetscherin, Bella Rodriguez, kommt jeden Tag morgens in die Lehrwerkstatt, um die Aufgabenstellung zu übersetzen, am Nachmittag noch einmal für die Auswertung. An drei Wochentagen haben die Spanier nach der Arbeit noch Deutschkurse, auch am Samstag. Ihre Ausbilder sind hochzufrieden mit den jungen Männern. Sie seien engagierter als deutsche Lehrlinge. Bettina Haase vom Bauindustrieverband Hessen-Thüringen sieht in der Anwerbung die Zukunft ihrer Branche.
    "Für uns soll das in den nächsten Jahren eine Dauerlösung werden; wir peilen im Ausbildungsjahr 2014/15 die 45 an – also drei volle Klassen. Und über Spanien hinaus sind wir zur Zeit ganz aktuell daran, auch noch Bulgarien zu erschließen. Also, man kann sich nicht auf 5 oder 6 Länder konzentrieren, das geht nicht; das schaffen sie sprachlich nicht und das schaffen sie auch vor dem kulturellen Hintergrund nicht. Für uns ist Spanien das Land – und Bulgarien noch."
    Nur 17 der im Oktober in Thüringen gestrandeten 128 spanischen Jugendlichen sind nach Hause zurückgekehrt. Drei von ihnen haben in einem Südthüringer Hotel gekündigt, weil sie sich als Akademiker deutlich unter ihrer Qualifikation beschäftigt sahen. Ein Problem, die sich bei besserer Vorbereitung vermeiden lässt. Dennoch zeigte sich der spanische Botschafter heute in Erfurt hocherfreut über den Gang der Dinge.
    "Alle Institutionen, die hier in Erfurt aktiv in diesem Zusammenhang waren, waren extrem effizient und extrem freundlich. Und am Ende, finde ich, diese zeigt, dass wir in Europa zusammenarbeiten können – und nicht nur können, sondern müssen."