Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Ausgang ungewiss - USA rasen ungebremst auf Fiskalklippe zu

Anfang 2013 droht den USA die sogenannte fiskalische Klippe. Dann laufen Steuererleichterungen aus und automatische Ausgabenkürzungen setzen ein. Die Angst davor ist groß, denn die Wirtschaft könnte schon bald in eine Rezession rutschen und die Arbeitslosigkeit emporschnellen.

Von Marcus Pindur | 30.10.2012
    Zu der Auseinandersetzung um die auslaufenden Steuererleichterungen kommt dann noch die Schuldenobergrenze. Die wird voraussichtlich auch im Januar erreicht werden und war im vergangenen Sommer nur mühsam ausgehandelt worden. Die Lösung des Problems müsste noch der jetzige Kongress beschließen, mit dem jetzigen Präsidenten, weil sowohl der neue Präsident als auch der neugewählte Kongress erst im Januar ins Amt kommen. Es werden also genau die gleichen Akteure aufeinandertreffen, die sich vor den Wahlen auch nicht einigen konnten. Einer der führenden Wahkampfberater Obamas, Robert Gibbs, geht Mitt Romney wegen dessen Steuerpolitik an:

    "Mitt Romney denkt, der beste Weg, um Arbeitsplätze zu schaffen sei es, Millionären und Milliardären die Steuern zu senken. Gleichzeitig soll die Regulierung von Banken und Wall Street aufgehoben werden, und dann würden jahrelang Arbeitsplätze nur so blühen. Das Problem ist, das haben wir acht Jahre ausprobiert und es endete in einer wirtschaftlichen und finanziellen Katastrophe."

    Obama hat bereits angekündigt, er werde kein Gesetz unterzeichnen, dass die Steuererleichterung für Reiche mit über 250.000 Dollar Einkommen pro Jahr in Kraft lasse. Das aber würde im derzeitigen Repräsentantenhaus keine Mehrheit finden. Diese gegenseitige Blockade, dieses mögliche Jahresend-Szenario lähmt die Konjunktur. Die IWF-Chefin Christine Lagarde stellte in ihrem Bericht über den Zustand der US-Wirtschaft mahnend fest, schon die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Lösung des Problems der fiskalischen Klippe verzögere, könnte das Wachstum verlangsamen.

    "Es ist im Interesse der Vereinigten Staaten aber auch der globalen Wirtschaft, dass diese Risiken, die Fiskalkippe, die Schuldenobergrenze eingedämmt werden. So umfassend, wie möglich, damit sich die vorsichtige Konjunkturerholung in einen echten Aufschwung verwandeln kann."

    Die USA müssten sparen, aber vorsichtig damit anfangen, mit nicht mehr als einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und das über einen Zeitraum von zehn Jahren.

    Die Wirtschaftswissenschaftlerin Alice Rivlin, die ehemals Direktorin des überparteilichen Congressional Budget Office war, sieht beide politischen Seiten in der Pflicht:

    "Wir können das Problem nicht nur durch Steuererhöhungen beheben und nicht nur durch Ausgabenkürzungen. Wir müssen beides tun. Wir müssen das schrittweise tun und sehr viel intelligenter als dieses lächerliche Verfahren, was im Januar in Kraft treten soll."

    Das lächerliche Verfahren würde den Amerikanern auf einmal 300 Milliarden Dollar mehr Steuern aufbürden und gleichzeitig die öffentlichen Ausgaben nach der Rasenmähermethode um 200 Milliarden Dollar senken – und damit die zarte Konjunktur direkt in eine Rezession überführen. Das wahrscheinlichste politische Szenario ist ein Durchwurschteln über den Januar hinaus. Kongress und Präsident könnten das Problem um ein weiteres halbes Jahr vertagen, die Steuererleichterungen verlängern und die Schuldenobergrenze erhöhen. Dann aber muss der amerikanische Schuldenabbau grundlegend und glaubwürdig in Angriff genommen werden, damit der weitere konjunkturelle Aufschwung nicht gefährdet wird.