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Ausgehext

US-Autor John Updike kehrt in seinem neuesten Roman nach Eastwick zurück und schaut nach, was aus den drei Heldinnen seines Bestsellers "Die Hexen von Eastwick" drei Jahrzehnte später geworden ist. Alex, Jane und Sukie haben nach einer wilden frauenbewegten Phase in den 70ern doch wieder geheiratet und sind inzwischen Witwen, die gemeinsam wieder ihren Spaß haben.

Von Eberhard Falcke | 21.06.2009
    Wer weiß, wie viel Zufall oder Absicht dabei mitspielten, aber es ist schon eine zündende Pointe, ein aparter Schlussakkord, dass sich John Updike als Gesellschafterinnen für seine allerletzte Lebensphase ausgerechnet drei Hexen ausgesucht hat. Keine unbekannten Damen allerdings, sondern berüchtigte und berühmte. Jedenfalls erinnern sich die mehr oder weniger frommen Einwohner von Eastwick an die teils sexuellen, teils lebensbedrohenden, ja tödlichen Umtriebe von Alex, Jane und Sukie nur mit Schaudern.

    Diejenigen unter uns, die das schmutzige, skandalöse Treiben der drei kannten, waren nicht überrascht, als aus den verschiedenen Gegenden, in denen die Hexen sich nach ihrer Flucht aus unserer rechtschaffenen kleinen Stadt Eastwick, Rhode Island, niedergelassen hatten, Gerüchte zu uns drangen, dass die Ehegatten, welche die drei gottverlassenen Frauen mit Hilfe ihrer schwarzen Kunst für sich erfunden hatten, nicht sehr haltbar waren. Ruchlose Methoden führen zu anfälligen Resultaten. Satan ahmt die Schöpfung nach, ja, aber mit minderwertigen Zutaten.

    Updikes "Hexen von Eastwick" dagegen sind aus ebenso fein gewobenem wie reizvoll schimmerndem literarischem Stoff gemacht und haben sich recht gut gehalten. Grund genug, ihnen das zu gewähren, was Updike seinem berühmtesten Helden Harry Angstrom, ebenso wie einigen weiteren seiner Figuren gewährt hat: nämlich eine Fortsetzung ihrer Geschichte und damit das Privileg, im Gleichschritt mit ihrem Autor schließlich auch die späten Jahre des Alters zu erleben. So wurden aus den "Hexen von Eastwick", deren für manche erschröckliche, für andere erheiternde Geschichte der gleichnamige Roman von 1984 erzählt, nun "Die Witwen von Eastwick". Die einstigen "witches" haben sich also, mit einer im Englischen zauberspruchtauglichen Alliteration, in "widows" verwandelt.

    Drei Jahrzehnte sind im Leben von Alex, Jane und Sukie inzwischen vergangen. Nach ihrer wilden frauenbewegten Phase in den 70er-Jahren hatten sie sich erneut Ehemänner geangelt und waren nach den gemeinsamen Ausschweifungen erotischer und magischer Art wieder in eigene Lebensläufe eingebogen.

    Alexandra ging in den Südwesten, nach New Mexico, und widmete sich mit ihrem Mann, einem ehemaligen Hippie, der Herstellung von indianisch inspirierter Keramik. Jane machte ihrem Nachnamen Smart alle Ehre, indem sie einen von jenen Anlageberatern aus New England ehelichte, die genügend eigenes Geld besitzen, um damit herumzuspielen. Bei Sukie und ihrem Selfmade-Man aus Connecticut wurde der Wohlstand im aufblühenden Geschäft mit Computern erst allmählich geschaffen.

    Wenig Geld, altes Geld und neues Geld; Kunstgewerbe, Finanzwirtschaft, digitale Technologien - mit diesen ganz verschiedenen Berufssphären und Gesellschaftsschichten hat Updike als stets allseitig interessierter Chronist des Mittelstands wieder ein kontrastreiches Szenario amerikanischer Lebenswirklichkeiten in den Blick gefasst. Auch die verschiedenen Charaktere und Vorlieben der drei Frauen bringen ganz unterschiedliche Muster ins Spiel und werden spannungsreich zueinander ins Verhältnis gesetzt. Alex, mit vierundsiebzig die Älteste, besitzt ein unkompliziertes, lebensfreundliches Naturell, Jane hingegen bringt ihre Talente zur Bosheit stets mit einer gut gespitzten Zunge zur Geltung, während Sukie unverändert nach den Reizen junger Männerkörper lechzt und mit Hingabe Kitschromane verfasst. Nachdem ihre Ehemänner das Zeitliche gesegnet haben, zieht es die drei nicht mehr ganz so aufrührerischen Grazien wieder zueinander.

    "Lexa? Bist das wirklich du?"
    "Na, wer denn sonst, Schätzchen? Auf deiner Karte stand doch, ich solle dich anrufen. "
    "Aber ich habe dir vor zwei Monaten geschrieben", sagte Jane anklagend.
    "Wir hier im Westen bewegen uns nun mal nicht so schnell. Ich wusste nicht so genau, ob du's ernst gemeint hast."
    "Aber natürlich hab ich's ernst gemeint! Seit dreißig Jahren vergeht kein Tag, ohne dass du mir innerlich vor Augen trittst, leicht bekleidet und junonisch."
    "Wie reizend von dir, Jane, aber du hast mich lange nicht gesehen. Von der Sonne ist mein Gesicht so ledrig geworden und voller Sprünge wie das einer alten Squaw, und ich habe zugenommen."
    "Tja, meine Süße - wir sind nun mal antik. Jetzt kommt es auf die inneren Qualitäten an."
    "Mag sein, aber meine inneren Qualitäten sind in zu viel äußerer Masse vergraben. Und es zwickt und zwackt mich überall."
    "Klingt abssssolut verführerisch", sagte Jane. Ihre "s" zischten immer noch.


    Drei Witwen, die zusammen ihren Spaß haben, sind besser als eine allein, die mühsam danach suchen muss -: Diese Erfahrung musste Alexandra kurz nach dem Tod ihres Mannes auf einer etwas trübseligen Gruppenreise in die Rocky Mountains machen. Und dieser Grundsatz erweist sich bald auch als das wesentliche Funktionsprinzip von Updikes neuestem und letztem Roman. Vermittels seiner drei so lebhaften wie unterschiedlichen Heldinnen gelingt es ihm, eine große Fülle von Handlungsstoff mit den dazugehörigen Betrachtungen in erzählerische Bewegung zu versetzen.

    Die Schilderung von Alexandras erstem Solo-Trip etwa bietet, ebenso wie Beschreibungen des Ferienortes Eastwick, ein scharfgezeichnetes Bild des realexistierenden Tourismus, aus dem sich alle Reiseromantik verflüchtigt hat. Das große Schlüsselthema und Leitmotiv dieses Romans sind aber natürlich das Alter und der nicht mehr ferne Tod. Wenn die, wie sie einmal genannt werden, "gottverlassenen, unverschämt reisewütigen Frauen" gemeinsam eine Nilfahrt unternehmen und die antiken Stätten des alten Ägypten besuchen, dann trifft ihre lebenslustige Neugier unvermeidlich auf die Totenkulte der Pharaonen. Auf einer Chinareise besuchen sie in Peking das Mao-Mausoleum und bringen den einbalsamierten kommunistischen Himmelssohn mit ihren Hexenkünsten dazu, ihnen zuzuzwinkern. Gleichzeitig genießen sie es mit diebischer Freude, im Fernen Osten dem weißen angelsächsischen Protestantismus mitsamt den "tyrannischen Geistern, die über Sünde und Erlösung predigen" endlich für ein Weilchen entronnen zu sein.

    Updikes Interesse an den Details des Lebens, an allen denkbaren Realien und Sachgebieten war seit je immens und ebenso groß erscheint in vielen Fällen die Kunst, mit der er diese Welthaltigkeit erzählerisch umgesetzt hat. In "Die Witwen von Eastwick" sind es allerdings nicht die Reiseschilderungen, in denen sich dieses Können glänzend entfaltet. Sie wirken mit dem nicht sonderlich inspirierten Referieren geläufiger kulturhistorischer Informationen eher matt. Davon war schon oft zu lesen. Doch was für ein stilistischer Glanz entfaltet sich, wenn es zum Beispiel um ein literarisch noch kaum entdecktes Alltagsphänomen wie das weibliche Schnarchen geht. Und wie kongenial hat Angela Praesent das wieder übersetzt!

    Wach oder schlafend beharrte Jane unnachgiebig und erbarmungslos darauf, Gehör zu finden; immer schon hatte sie etwas Unaufhaltsames an sich gehabt, ob sie nun Cello spielte, Wörter verbog oder wenn es darum ging, jemanden zu verhexen. Schlafend entzog Jane im unbeugsamen, regelmäßigen Rhythmus einer mechanischen Pumpe der Luft den Sauerstoff, monoton und unersättlich. Jeder ihrer Atemzüge stieß gleichsam bis zu einer rauen Wand vor, schrappte daran entlang und stürzte ab, bevor er in Hakenform wieder auftauchte und Alexandras Gehirn ein wenig wacher riss ... Solch eine unbewusste Selbstgewissheit verriet, wie Alexandra schien, einen ungestümen Animus; in ihrem benebelt-wütenden Zustand wurde ihr klar, dass Jane ihren Mann jahrein, jahraus mit ihrem Schnarchen wach gehalten und damit ermordet hatte. Gewissenlos hatte sie den schmächtigen Nat Tinker mit seinen sorgsam zusammengetragenen Antiquitäten und Clubmitgliedschaften zermalmt, in Grabesstaub verwandelt.

    Doch wie war das nun eigentlich mit der Hexerei, die Alex, Jane und Sukie damals in Eastwick betrieben haben? Darüber sind sie sich keineswegs einig, wie sich herausstellt, als sie den Plan diskutieren, noch einmal an den Schauplatz ihrer moralischen und magischen Frauenrevolte zurückzukehren.


    "Oh, Jane, wie kannst du das nur sagen nach dem, was wir getan haben?"
    In einem ehernen Stakkato fragte die andere Frau zurück: "Was haben wir denn getan, bitte schön? Was genau? Wir haben mit ein paar von den Schwachköpfen und Spinnern dort gevögelt, was sehr großmütig von uns war. Wir haben mit, wie hieß er noch gleich, Van Horne Tennis gespielt und in seinem Badetrog geplanscht. Wir haben gespielt."
    "Was wir getan haben? Wir haben Jenny Gabriel umgebracht. Nachdem wir Clydes Frau so verhext hatten, dass er sie mit einem Schürhaken erschlagen und sich dann erhängt hat."
    "Das sind doch alles nur Gerüchte, Schätzchen. Nicht nachzuweisen. Aber warum sich überhaupt Gedanken darum machen? Das war vor mehr als dreißig Jahren. Fast alle, die sich an uns erinnern könnten, sind tot."


    Nein, sie sind keineswegs alle tot, und das bekommen die drei fatalen Ladies auch zu spüren, als sie sich wieder in Eastwick einmieten, obwohl sie diesmal versuchen wollen, mit Weißer Magie einiges von dem wieder gutzumachen, was sie mit ihrem schwarzmagischen Zauber angerichtet haben.

    Es gibt ja Leute, und dazu gehört auch die so namhafte wie humorfeindliche New-York-Times-Kritikerin Michiko Kakutani, die es Updike verübeln, dass er mit den "Hexen von Eastwick" die Emanzipationsabenteuer dreier Frauen unter das Zeichen des Hexenwesens gestellt hat. Doch hatten diese Hexereien sowohl eine literaturgeschichtliche als auch zeithistorische Dimension. Updike kombinierte dadurch ein paar einschlägige, vielsagende Motive: nämlich zum einen die puritanischen Sündenbegriffe, wie sie ein Nathaniel Hawthorne zum amerikanischen Literaturthema gemacht hat, und zum andern die feministische Interpretation des Hexenwesens, wie sie im Kontext der Frauenbewegung der 70er-Jahre Konjunktur hatte. Es sei die "dunkle Gegenströmung zur patriarchalischen Tyrannei" gewesen, "aus der die Hexenkunst ihre Kraft", bezogen habe, erinnert sich Alexandra hier noch einmal an ihre einstigen Waffen im feministischen Kampf. Und Jane rekapituliert, sie hätten damals "auf gesunde Weise ihr Potenzial als Frauen ausgelotet".

    "Die giftige Atmosphäre lag an der Zeit", sagte Sukie, "an den Verfallserscheinungen am Übergang von den sechziger Jahren in die siebziger Jahre, und daran, dass wir jung waren, voller Saft und Kraft und in einer spießigen Umgebung festsaßen."
    "Na ja, zurzeit läuft im Fernsehen ja auch nicht gerade Happy Days", bemerkte Alexandra. "Die Menschen sind über Bush ebenso unglücklich, wie sie es über Johnson und Nixon waren. Es ist nur ein anderer Morast. Und darin versinken die Infrastruktur, die öffentlichen Schulen und die Nationalparks."


    Obwohl Alter und Tod auf vielerlei Weise thematisiert werden, ist das ein ungemein heiterer und gegenwartsbewusster Roman. Und ganz abgesehen davon, dass er eine Fülle an klugen, scharfen, immer geistvollen und niemals gemütlichen Einsichten bietet, kann er auch noch mit einem beträchtlichen Quantum an Bissigkeiten aufwarten.

    Die Witwen gehören zur gleichen Generation wie ihr Autor. Mit ihm haben sie die Erfahrungen des Altwerdens gemein und damit auch jenes gewisse, zwischen Kritik und Melancholie changierende Befremden gegenüber den allerneuesten Zeiten, die nicht mehr die ihren sind.

    "Ich habe Eastwick als vergnügliches Provinzstädtchen in Erinnerung", klagte Jane, "aber es ist homogenisiert worden, geglättet und geschliffen - die Bordsteine in der Innenstadt sind jetzt alle aus edlem Granit, und die Old Stone Bank ist doppelt so groß wie früher ... Und die jüngeren Leute, die in dem Alter sind, in dem wir damals waren - ssso langweilig, wenn man sie nur ansieht, diese aufgedrehten jungen Mütter, die ihre übergewichtigen Söhne in übergewichtigen SUVs zwanzig Meilen zum Hockey-Training fahren, diese Kastraten von jungen Vätern, schlaffe Laffen allesamt, die ihrem lieben Frauchen im Haushalt helfen und den ganzen Samstag im putzigen Heim herumpusseln - alles wieder wie in den 50er-Jahren, nur dass die Russen als Entschuldigung nicht mehr in Frage kommen. Wie haben sie's bloß geschafft, fragt man sich, oft genug zu bumsen, um ihre kostbaren Kinder zu produzieren? Da trauern alle lauthals über den Tod Gottes; mich dagegen bekümmert viel mehr der Tod der Sssünde. Ohne Sssünde sind Menschen keine Menschen mehr, sondern nur noch ssseelenlose Schäfchen."

    Eastwick ist zur Touristenfalles verkommen, wo traditionslose Feste gefeiert werden, damit die Attraktionen nur ja nicht ausgehen. Es ist einer dieser Ort, wo sich die Welt vom Lebensraum zum Warenangebot touristischer Attraktionen verwandelt hat.

    Solche Zeitkritik gibt sich bissig, doch nie verbissen. Updike formuliert sie federleicht und lässig, indem er sie seinen Heldinnen in den Mund legt und sie verschmitzt als Schrullen des Alters relativiert. Von ihrer offenkundigen Schärfe wird diesen Feststellung dadurch dennoch nichts genommen. Und davon gibt es eine ganze Menge. Die bewaffneten US-amerikanischen Missionen im Namen religiöser Vorsehung werden aufs Korn genommen; über Florida wird gelästert: dort gebe es nichts als Alligatoren und alte Leute; eine Nebenfigur signalisiert: was einmal sexuelle Revolution war, ist Pornohandwerk geworden; über New York bemerkt Sukie, es sei das "amerikanische Zentrum der Verbreitung von Unsinn"; und Alexandra schleudert ihrer biederen Tochter in einem Disput entgegen, dass sich heute die Sprache auf die größtmögliche Dummheit zubewege. Selbstverständlich fällt es den ehemaligen Hexen und selbstbewussten Müttern absolut nicht ein, ihre Kinder, die das Niveau der Emanzipation nicht halten konnten, in irgend einer Form zu vergöttern.

    Oh, diese Generation, dachte Alexandra. Sie haben uns gegen unsere fromme Erziehung rebellieren sehen, während sie heranwuchsen, und in Reaktion darauf sind sie in all die alten Rührstücke zurückgeplumpst - Familie, Heim und was es sonst noch an tyrannischen Institutionen gibt.

    Auch in seinem letzten Roman erweist sich Updike als der ungeheuer einfallsreiche, allseitig beschlagene und humorvolle Stilist, der er immer war. Allergrößte sachlichen Genauigkeit war seine Passion, ohne dass er deshalb in trockene, steife Exkurse verfallen wäre. Immer sind seine Darstellungen - abgesehen von den gelegentlichen Kunstfehlern, die auch ihm unterliefen - belebt von dem vitalen Spannungsverhältnis seiner Figuren zur der Welt in der sie sich bewegen.

    Das berühmteste und verrufenste Sachgebiet, das Updike auf seine besondere Weise erzählerisch erschloss, war der Sex. Er hat die haargenaue Beschreibung des erregten Fleisches, der fließenden Sekrete, der seufzenden, stöhnenden Körperlust aus den Außenseiter- und Bohèmeszenen hinüber getragen in die brave bürgerliche Mitte der Klein- und Vorstädte. Eine Probe davon, findet sich auch in diesem Roman.

    Angeregt dadurch verliehen die Herausgeber der englischen "Literary Review" an Updike ihren "Bad Sex in Fiction Prize" für lebenslängliche Verdienste um "primitive, geschmacklose oder lächerliche sexuelle Beschreibungen in der modernen Literatur". Das ist lustig und töricht zugleich. Denn Updike war als Genauigkeitsfanatiker ein Generalist von Format. Es sind nicht nur die Aktivitäten des Fleisches, die er mit der materialistischen Deutlichkeit beleuchtet, die ein Maler an ein Stillleben mit verlockenden Früchte wendet. In diesem Roman ergeht er sich auch in - allerdings reichlich verwickelten - Darlegungen über die molekularphysikalischen Grundlagen der Hexerei. Ebenfalls höchst exakt und bis aufs Fältchen genau zeichnet er die Wunden nach, die das Alter seinen Heldinnen im Laufe der Jahre geschlagen hat.

    Die Witwen gehören zur gleichen Generation wie ihr Autor. Mit ihm haben sie die Erfahrung des Altwerdens gemein, aus ähnlicher Perspektive schauen sie auf ihr Leben zurück und natürlich ziehen sie auch Bilanz. Fortschritte haben sie nicht viele zu verzeichnen. Von den technischen Weltverbesserungen durch Mobiltelefone und dergleichen zeigen sie sich wenig beeindruckt. Immerhin wurde die weibliche Emanzipation, an der sie mitgewirkt haben, zu einer Erfolgsgeschichte. Sukie bewundert Debbie Larcom, die Geistliche des Ortes, und denkt daran, dass diese kirchlichen Positionen früher von Hexenjägern eingenommen wurden. Auch zur zunehmenden Zahl der Ärztinnen fallen ihr sarkastische Hexengedanken ein.

    Natürlich - es gab jetzt viele Frauen unter den Medizinern, einschließlich ihrer eigenen Ärztin in Stamford. Im Mittelalter hatten die Männer den Hexen die Heilkunst entrissen, und nun, da in der Medizin kein richtiges Geld mehr zu verdienen war, gaben sie sie zurück. Endlich waren die Frauen im Begriff, die Welt zu erben - und ließen damit die Männer noch tiefer in ihren Gewalt- und Machtphantasien versinken.

    Updike blieb auch in seinem letzten Roman ganz up to date. Und es ist ihm, von ein paar flauen Passagen abgesehen, noch einmal gelungen, jenen großen Reichtum an Zeitbeobachtungen, Empfindungsweisen und stilistischen Möglichkeiten aufzubieten, die einen großen Romancier und Menschenschilderer, wie er es war, auszeichnen. Und wer weiß, wie viel Zufall oder Absicht dabei mitspielten: Sein letzter Roman ist eine fabelhafte Huldigung an die Frauen und ihre Befreiungsbewegung, von der auch die Männer und besonders die Updike-Helden beträchtlich profitiert haben. Pharaonisch betrachtet hat sich Updike mit seinen drei Witwen eine feine, fidele Gesellschaft für die Reise ins Jenseits geschaffen.


    John Updike: Die Witwen von Eastwick. Roman.
    Aus dem Englischen von Angela Praesent. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg. 412 Seiten, 19,90 Euro.