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Ausländische Studierende
Nur drei von zehn bleiben

Deutschland macht nach einer aktuellen Studie zu wenig aus seiner Beliebtheit bei ausländischen Studenten. Zu viele brechen das Studium ab oder kehren nach erfolgreichem Abschluss in die Heimat zurück. Zu diesem Fazit kommt der "Hochschul-Bildungs-Report", der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Von Christiane Habermalz | 03.06.2015
    Studenten verfolgen in Köln in der Aula Universität eine Veranstaltung.
    Vorlesung in der Uni Köln ( picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Deutschland, so die Schlussfolgerung von McKinsey und Stifterverband, nutzt das Potenzial ausländischer Studierender und Absolventen zu wenig für den eigenen Arbeitsmarkt, wo sie dringend gebraucht werden. Zwar komme mittlerweile jeder fünfte Studienanfänger aus dem Ausland. Aber nur drei von zehn bleiben nach erfolgreich abgeschlossenem Studium hier. Und fast die Hälfte von ihnen, 41 Prozent, kommt gar nicht so weit, sondern bricht das Studium ab - bei Deutschen liegt die Abbrecherquote bei "nur" 28 Prozent. Grund dafür sei unzureichende Betreuung ausländischer Studierender während des Studiums und beim Übergang in den Arbeitsmarkt, betonte Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft.
    Alarmierend: Das eher maue Interesse deutscher Studierende am Ausland
    "Wir sind gewissermaßen ein sehr attraktives Bildungstransitland, also die Leute, die zu uns kommen, gehen auch mehrheitlich wieder zurück. Das ist ja nicht schlecht. Aber um unseren Fachkräftebedarf in Zukunft zu decken, müssen wir hier einfach mehr Leute in den deutschen Arbeitsmarkt integrieren."
    Die hohen Abbrecherquoten könne sich Deutschland auch volkswirtschaftlich nicht leisten. Ein ausländischer akademischer Berufseinsteiger koste den Steuerzahler mit rund 134.000 Euro etwa dreimal so viel wie ein deutscher. Um den demografisch bedingten Rückgang deutscher Studierender auszugleichen, müssten im Jahr 2025 aber an deutschen Unis 40 Prozent Ausländer studieren - mit entsprechend steigenden Ausgaben. Ebenso alarmierend sei das eher maue Interesse deutscher Studierende am Ausland. Von den gerade mal sechs Prozent eines Jahrgangs, die für ein Studium in andere Länder gehen, zieht es zudem die Hälfte nur kurz über die Grenze nach Österreich, in die Schweiz oder Benelux - eher, um den Numerus clausus zu umgehen, als der interkulturellen Erfahrung wegen. Demgegenüber legen deutsche Unternehmen weiter großen Wert auf Internationalität, betont KcKinsey-Direktor Jürgen Schröder.
    Neue Finanzierungsmodelle gefordert
    "Die Unternehmen agieren immer globaler, und dort müssen die Mitarbeiter entsprechend agieren können, sowohl hier, aber insbesondere mit den Kunden, mit den Zulieferern in anderen Ländern, und insofern sind Fremdsprachenkenntnisse, aber auch interkulturelles Verständnis, wie gehe ich mit den Leuten um wie arbeite ich zusammen mit Asiaten, mit Amerikanern, all das ist sehr wichtig."
    Viele bleiben offenbar zuhause, aus Angst, ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit abschließen zu können. Als Abhilfe schlägt der Stifterverband "Auslands-Mobilitätsfenstern" im Curriculum vor: Feste Module, die nicht auf die Studienzeit angerechnet werden. Und der Verband fordert neue Finanzierungsmodelle im Hochschulbereich, die auch den Arbeitsmarkt mit berücksichtigen. Der Hochschulpakt, der den Universitäten Geld pro Studienanfänger auszahle, steuere hier fehl, weil er keinen Anreiz setze, Abbrüche zu vermeiden. Vielmehr solle es zusätzlich vom Bund finanzierte, gezielte Studienplatzkontingente für ausländische Studierende geben - politisch festgelegt, etwa aus bestimmten Krisenländern, um dort Entwicklungshilfe zu leisten - oder solche, die sich am Bedarf des Arbeitsmarkts orientierten, zum Beispiel für IT-Fachkräfte oder Ingenieure, regte Meyer-Guckel an. Zudem müsse es größere Anstrengungen geben, ausländische Studierende hier zu halten. Wenn es gelänge, deren Abbrecherquoten auf das Niveau der deutschen zu senken und zu erreichen, dass die Hälfte nach dem Studium hierbleibe, könnten jährlich rund 10.000 Fachkräfte mehr zur Verfügung stehen - bei gleichbleibenden Bildungsausgaben.