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Auslandseinsätze
Klagen über Einsatzfähigkeit der Bundeswehr

Hubschrauber nicht einsatzfähig, Waffenausbilder stecken fest, Triebwerksschaden an einer Transportmaschine: Die Bundeswehr hat zunehmend technische Probleme bei ihren Auslandseinsätzen. Der Wehrbeauftragte klagt über Fehlplanung, Politiker fordern schleunigst Abhilfe - die Lage sei "noch desolater als angenommen".

25.09.2014
    Ein Techniker überprüft die Turbinen einer Transall-Maschine der Bundeswehr.
    Immer mehr Fahrzeuge der Bundeswehr müssen sich einer dauerhaften Wartung unterziehen. (AFP / Axel Heimken)
    Die erste deutsche Waffenhilfe für die Kurden im Irak kommt wegen kaputter Flugzeuge nur schleppend voran. Nach stundenlanger Verzögerung wegen eines Defektes flog von Leipzig aus heute Morgen ein erstes Flugzeug mit Panzerfäusten, Gewehren und Munition ab. Der Start der Transportmaschine war ursprünglich für gestern Mittag geplant. Das vorgesehene Flugzeug der niederländischen Luftwaffe war kaputt gegangen, Ersatzteile mussten eingeflogen werden. Die 25 Tonnen Fracht wurden inzwischen in ein Transportflugzeug der Royal Air Force umgeladen. Insgesamt werden in den kommenden Wochen 10.000 kurdische Kämpfer mit Waffen im Wert von 70 Millionen Euro aus Bundeswehrbeständen ausgerüstet.
    Sechs Waffenausbilder der Bundeswehr, die die Kurden im Irak an den Waffen einweisen sollen, starteten ebenfalls wegen eines defekten Flugzeugs mit Verspätung von Bulgarien in Richtung Erbil. Der Weiterflug hatte sich verzögert, weil eine Transall-Maschine der Bundeswehr kaputt war. Zwei Ersatzflieger funktionierten offenbar auch nicht, außerdem gab es Probleme mit der Fluggenehmigung.
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    Deutscher Soldat vor einem Raketen-Abwehr-System Bild: dpa / Maurizio Gambarin (dpa / Maurizio Gambarin)
    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommentierte die Verzögerungen nicht. Sie räumte Probleme beim Lufttransport ein, betonte aber zugleich, alles in allem sei die Bundeswehr "hoch leistungsfähig". Zuletzt war auch bekannt geworden, dass die Hälfte der Hubschrauberflotte der Marine nicht einsatzfähig ist. Sie sollte an der Anti-Piraterie-Mission "Atalanta" teilnehmen.
    Die Mängelliste der Bundeswehr
    Mängel an Fahrzeugen, Hubschraubern und Flugzeugen schränken die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr offenbar weit stärker ein als bisher bekannt. Dies berichteten mehrere Zeitungen unter Berufung auf eine Liste der Bundeswehr. Die Übersicht legte Generalinspekteur Volker Wieker den Verteidigungspolitikern des Bundestags vor.
    So stehen laut "Süddeutscher Zeitung" beim Heer von 180 Transportfahrzeugen Typ "Boxer" im sogenannten Buchbestand lediglich 70 für Ausbildung, Übungen oder Einsätze parat, während 110 instand gesetzt würden. Laut "Bild" sind nur 42 der 109 Eurofighter und 38 der 89 Tornados der Luftwaffe momentan für einen Einsatz verfügbar. Als "nicht versorgungsreif" würden außerdem der Kampfhubschrauber Tiger und der Transporthubschrauber NH90 klassifiziert. Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner sagte dem Blatt, die Lage sei "noch desolater als angenommen".
    Wie die "Passauer Neue Presse" berichtete, können nur 24 der 43 aktuell verfügbaren Transall-Maschinen C-160 starten. Beim Transporthubschrauber CH-53 seien es nur 16 von 43. Bei der Marine ist demnach nicht nur ein großer Teil der Hubschrauber defekt: Drei der fünf Aufklärungsflugzeuge vom Typ P3-C Orion müssen laut dem Bericht wegen Mängeln am Boden bleiben. Auch eine der acht Fregatten sei nicht einsatzbereit, überdies könnten nur sechs der elf Minenabwehreinheiten der Marine genutzt werden.
    "Chronische Unterfinanzierung"
    Die Probleme sind laut Kennern hausgemacht. In bestimmten Bereichen wie bei Flugzeugen, Hubschraubern oder auch bei der Aufklärung seien die Auswirkungen "einer chronischen Unterfinanzierung" zu spüren, sagte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, den "Stuttgarter Nachrichten". Nach einer Faustregel müssten Staaten 30 Prozent ihres Wehretats aufwenden, um eine Armee modern zu halten. In Deutschland seien dies 2013 nach Nato-Kriterien gerade mal 16 Prozent gewesen.
    Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr 
    Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr ( picture alliance / ZB)
    Die Bundeswehr sei nicht hinreichend auf neue Herausforderungen wie die jüngsten Auslands-Einsätze vorbereitet, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, im Rundfunk Berlin-Brandenburg. So mangele es an Ersatzteilen. Insbesondere in den Bereichen, in denen die Bundesregierung immer wieder Zusagen mache, wie etwa dem Lufttransport, sei ein "großer Belastungsfaktor" erreicht.
    Der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ist inzwischen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses.
    Röttgen kritisiert technische Pannen
    "Die Zusagen, die politisch gegeben werden, müssen auch technisch gut laufen", sagte Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, im Deutschlandfunk mit Blick auf die Waffenlieferungen für die Kurden im Irak. "Die Bundesrepublik Deutschland ist politisch absolut zuverlässig. Die technischen Probleme, die es gegeben hat, Logistik und andere Themen sind ein anderes Thema."
    (sdö/nin)