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Ausreisepflichtige Asylbewerber
Innenministerium will reguläre Gefängnisse für Abschiebehäftlinge nutzen

Das CSU-geführte Bundesinnenministerium schlägt vor, ausreisepflichtige Migranten bei Bedarf auch in Haftanstalten unterzubringen, die bislang nur für Strafgefangene vorgesehen waren. Der Koalitionspartner SPD reagiert skeptisch. Aus der nordrhein-westfälischen FDP kommt ein Kompromissvorschlag.

Von Theo Geers | 19.01.2019
    07.02.2018 Sachsen, Waldheim: Das Haftgebäude mit dem Seniorentrakt in der JVA Waldheim. Betagte Insassen stellen normale Haftanstalten oft vor Probleme. Aus diesem Grund wurden in Waldheim 65 Haftplätze für Senioren geschaffen. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
    Zellen für Straftäter könnten demnächst auch ausreisepflichtige Ausländer aufnehmen (dpa-Zentralbild)
    Tag zwei einer Debatte ist häufig der Tag der Klarstellungen. So auch beim gestern bekannt gewordenen Plan, bei Abschiebungen das Trennungsgebot aufzuheben. Ausreisepflichtige Ausländer könnten danach auch in regulären Gefängnissen untergebracht werden, wenn die Gefahr besteht, dass sie sonst untertauchen und sich ihrer Abschiebung entziehen. Aus Sicht des Innenministeriums gilt es heute ein Missverständnis auszuräumen. Es gehe zwar schon um reguläre Gefängnisse, räumt Staatssekretär Stephan Mayer, CSU, in der "Passauer Neuen Presse" ein, aber natürlich nicht darum, diese Personen in die gleiche Zelle oder den gleichen Trakt mit Straftätern zu sperren. Genau das wäre auch ein klarer Verstoß gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, welches die getrennte Unterbringung gebietet, betont auch Bundesjustizministerin Katarina Barley im Deutschlandfunk:
    "Der deutsche Staat hat Recht anzuwenden und Abschiebehaft und Strafhaft sind zwei unterschiedliche Dinge, was auch richtig ist. Denn wenn man in Strafhaft kommt, hat man ein Urteil, ist man verurteilt worden als Straftäter. Das ist etwas anderes, als wenn man nur in Haft genommen wird, weil man auch tatsächlich am Ende abgeschoben werden können soll. Von daher ist diese klare Trennung zwischen Abschiebehaft und Strafhaft einzuhalten."
    Offen bleibt damit, ob diese Trennung auch dann noch gewährleistet wäre, wenn Straftäter und Ausreisepflichtige zwar getrennt, aber eben in derselben Liegenschaft untergebracht wären.
    Zu wenig Abschiebehaftplätze
    Das Problem ist groß: 230.000 Ausländer müssten eigentlich das Land wieder verlassen. Mehr als die Hälfte von ihnen kann das aber nicht. Diese Menschen werden hierzulande geduldet, weil sie etwa aus humanitären Gründen nicht zurückkehren können. Bleiben rund 100.000 Ausreisepflichtige, die tatsächlich ausreisen müssten und es könnten. Ihnen stehen in ganz Deutschland 420 Abschiebehaftplätze gegenüber. Und so beginnt bereits die Suche nach Kompromissen. Einen solchen skizziert der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp im Deutschlandfunk:
    "Fakt ist, dass wir insgesamt mehr Abschiebehaftplätze brauchen, aber da auch eine Differenzierung zwischen denen, die sich einer Abschiebung entziehen und den Gefährdern. Und bei den Gefährdern kann man möglicherweise auch neue Wege gehen."
    Über solche Sonderregeln für Gefährder müssten Bund und Länder verhandeln - ebenso wie über das zweite ausländerpolitische Vorhaben der Koalition, Algerien, Marokko, Tunesien und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Gestern hat dies der Bundestag beschlossen, in Kraft treten kann das Gesetz aber nur, wenn die Länder im Bundesrat zustimmen.
    Wachsender Druck
    Damit wächst der Druck auf die in zahlreichen Ländern mitregierenden Grünen, ihren Widerstand gegen dieses Gesetz aufzugeben. Doch danach sieht es derzeit nicht aus, erklärt Britta Haßelmann, die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Bundestag, ebenfalls im Deutschlandfunk:
    "Ich weiß noch nicht, wie die grünen Länder mit Regierungsbetreilugnen sich verhalten werden. Mein Informationsstand ist der, dass in der Mehrheit eine Ablehnung erfolgt, aber das wird in den Kabinetten zu diskutieren sein. Die breite Mehrheit der Grünen lehnt dieses Instrument der sicheren Herkunftsstaaten ab."
    Die anderen Parteien versprechen sich davon schnellere Abschiebungen in den Fällen, in denen ein Asylantrag von Bürgern aus diesen Ländern unbegründet ist. Das sei bei 97 bis 98 Prozent der Fälle der Fall, sagt NRW-Integrationsminister Joachim Stamp, FDP. Er setzt auf Gespräche mit den Grünen, um für die restlichen zwei bis drei Prozent der Schutzsuchenden aus diesen Ländern eine befriedigende Lösung zu finden. Schließlich gehe es darum, das Thema Zuwanderung in der Bevölkerung zu befrieden.