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Ausrüstungsmängel Bundeswehr
NATO: "Wir müssen in unsere Allianz investieren"

Die Bundeswehr hat Defizite in der Einsatzbereitschaft. Das sei natürlich ein Problem, so der neue Generalsekretär Jens Stoltenberg, doch, dass die Mängel aufgedeckt wurden, sei auch eine Stärke. Er mahnte jedoch auf seiner ersten Pressekonferenz an, dass der Trend sinkender Verteidigungsausgaben gestoppt werden müsste.

Von Kai Küstner | 08.10.2014
    Soldaten gehen auf dem Nato-Flugplatz in Hohn (Schleswig-Holstein) auf eine Transall Transportmaschine zu.
    Wurde zu wenig in die Bundeswehr investiert? (picture alliance / dpa/ Daniel Reinhardt)
    Es war eines der Lieblingsthemen des bisherigen NATO-Generalsekretärs: Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hatte der Däne Rasmussen die Europäer beschworen, doch bitte endlich den Igel aus jener Tasche zu entfernen, in der das Geld für die Verteidigungsausgaben steckt. Seit Ausbruch der Ukraine-Krise waren seine Mahnungen nur noch eindringlicher geworden:
    "Die illegalen militärischen Aktionen Russlands in der Ukraine sind ein Weckruf. Wir müssen jetzt den Trend umdrehen und nach und nach die Ausgaben für die Verteidigung erhöhen. Während der letzten fünf Jahre hat Russland seine Verteidigungsausgaben um 50 Prozent erhöht. Während die NATO-Alliierten ihre Ausgaben im Schnitt um 20 Prozent verringert haben."
    Das rechnete Rasmussen den Europäern zuletzt immer wieder vor. Und angesichts der Berichte über die mangelnde Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gibt es nicht wenige, die jetzt sagen: "Da habt Ihr die Quittung für Eure Knauserigkeit." Bei der NATO selbst drückt man das nicht ganz so deutlich aus:
    "Natürlich ist das immer ein Problem, wenn Mängel aufgedeckt werden. Aber das zeigt ja gleichzeitig die Stärke: dass die Länder transparent damit umgehen, dass eine Debatte über diese Mängel stattfindet. Dies versetzt uns, in die Lage zu handeln."
    So der neue NATO-Generalsekretär Stoltenberg, der es in seiner ersten Presse-Konferenz, gefragt nach den deutschen Defiziten, also vorzog, die Presse zu loben statt die Bundesregierung sofort an den Pranger zu stellen. Auch wenn er noch weit davon entfernt ist, dem Thema dieselbe Dringlichkeit zu verleihen wie sein Vorgänger, Stoltenberg mahnt immerhin auch:
    "Wir müssen in unsere Allianz investieren - politisch und finanziell. Wir müssen mehr investieren und besser investieren. Auf dem Gipfel in Wales haben wir beschlossen, den Trend sinkender Verteidigungsausgaben zu stoppen und sie im kommenden Jahrzehnt wieder zu steigern."
    Zwei Prozent der Wirtschaftskraft soll für Verteidigung ausgegeben werden
    In der Tat steht dies in der Gipfel-Abschluss-Erklärung so drin. Das Papier allerdings lässt den Mitglieds-Staaten mehr als ein Hintertürchen offen: Man strebe an, so ist es dort zum Beispiel formuliert, das NATO-Ziel zu erreichen, das da lautet: Zwei Prozent der Wirtschaftskraft für die Verteidigung auszugeben. Und anstreben heißt: Keiner kann zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er unter der Vorgabe bleibt. Dabei erinnern die USA ihre europäischen Verbündeten im Grunde schon seit vielen Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten daran, dass sie es auf Dauer satthaben könnten, für deren Sicherheit zu garantieren, während Europa sein Geld für andere Dinge ausgibt:
    Die Ukraine-Krise ruft uns in Erinnerung, dass unsere Freiheit nicht gratis zu haben ist, unterstrich US-Präsident Obama bei seinem Brüssel-Besuch im März. Ein unmissverständlicher Hinweis an die Adresse Europas. Deutschland übrigens liegt seit Jahren deutlich unter dem angestrebten NATO-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu stecken. Nur die USA, Großbritannien, Griechenland und Estland erreichen oder übertreffen die magische Marke. 24 von insgesamt 28 NATO-Ländern schaffen das derzeit nicht:
    "Ich glaube, die Debatte muss ernsthaft geführt werden, dass es eine Frage ist nicht nur der Prozente, sondern eine Frage der Effizienz des Einsatzes der Mittel",
    betonte im Juni Verteidigungsministerin von der Leyen. Man müsse eher darauf schauen, wie man das Geld sinnvoll ausgebe als sich an die Zwei-Prozent-Marke zu klammern. Mit diesen Worten hatte die Bundesregierung stets versucht, sich die Debatte um die Rüstungsausgaben, vom Leibe zu halten. Was ihr angesichts der jüngsten Enthüllungen zum Zustand der Bundeswehr in Zukunft nicht leichter fallen dürfte.