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Ausschreitungen in Heidenau
Gabriel fordert harte Strafen für rechtes "Pack"

Nach den Krawallen vor einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau hat SPD-Chef Sigmar Gabriel eine Verurteilung der verantwortlichen Neonazis verlangt. Es gebe nur eine Antwort: Polizei, Staatsanwaltschaft und nach Möglichkeit Gefängnis. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort - nach langem Schweigen.

24.08.2015
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) besucht ein Flüchtlingsheim im sächsischen Heidenau.
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel verurteilt die Neonazi-Krawalle in Heidenau. (pa/dpa/Weiss)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die rassistischen Ausschreitungen im sächsischen Heidenau mit scharfen Worten verurteilt. Die Regierungschefin ließ ihren Sprecher Steffen Seibert in Berlin erklären: "Es ist abstoßend, wie Rechtsextreme und Neonazis versuchen, rund um eine Flüchtlingseinrichtung ihre dumpfe Hassbotschaft zu verbreiten. Und es ist beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern, durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen." Es gebe keinerlei Rechtfertigung für Gewalt.
    Bei nächtlichen Krawallen von Rechtsextremisten und Rassisten waren in der sächsischen Stadt am Wochenende mehr als 30 Polizisten verletzt worden. Seibert sagte: "Deutschland lässt nicht zu, dass Flüchtlinge, über deren schwierige Lebenssituation jeder durchaus einmal nachdenken sollte, von hasserfüllten Parolen empfangen werden oder von alkoholisierten Schreihälsen bedrohten werden."
    Polizei kontrolliert am 22.08.2015 nach erneuten Ausschreitungen das Areal um in die neue Notunterkunft für Flüchtlinge im ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Heidenau (Sachsen).
    Zwei Nächte infolge gab es Ausschreitungen vor einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau. (picture alliance / dpa / Arno Burgi)
    Seibert: Kein rechter Terror
    Die Zunahme an rechten Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte bereite der Regierung Sorgen, betonte Seibert. Von rechtem Terror wollte er aber nicht sprechen. "Ich hielte das für eine - was jetzt die Ereignisse in Heidenau betrifft - viel zu weitgehende Aussage auf das ganze Land hoch gerechnet", sagte der Regierungssprecher. "Das ist nicht das Bild, das in ganz Deutschland herrscht, im Gegenteil."
    Von Linken, Grünen und auch von der SPD kam zuletzt deutliche Kritik, Merkel positioniere sich nicht gegen Angriffe auf Asylbewerber. Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt warf ihr Zögerlichkeit vor. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte: "Ich glaube, dass es Deutschland guttun würde, wenn auch die Kanzlerin zu der Frage der fremdenfeindlichen Auseinandersetzungen in Heidenau und anderswo sehr klare Worte finden würde".
    Auch in den sozialen Netzwerken äußerten viele Bürger unter dem Hashtag #merkelschweigt Kritik an Merkels Zurückhaltung. Manche fragen, warum Merkel sich erst spät und nicht selbst, sondern über Regierungssprecher Seibert äußerte.
    Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) besuchte die Einrichtung in Heidenau, wo er eine harte Bestrafung der Täter verlangte. "Bei uns zuhause würde man sagen, das ist Pack, was sich hier rumgetrieben hat", sagte der Bundeswirtschaftsminister. Der Rechtsstaat müsse die Täter rasch ermitteln: "Für die gibt's nur eine Antwort: Polizei, Staatsanwaltschaft und nach Möglichkeit für jeden, den wir da erwischen, das Gefängnis." Deutschland dürfe diesem "rechtsradikalen Mob" keinen Millimeter Raum geben.
    Der Bürgermeister der Stadt, Jürgen Opitz kennte einige Teilnehmer der gewalttätigen Kundgebungen. "Es macht mich betroffen, dass Heidenauer bei den fremdenfeindlichen Protesten mitlaufen", sagte er im Deutschlandfunk. Der CDU-Politiker sprach von einer "unheiligen Allianz zwischen Heidenauern und dem Nazi-Tourismus".
    (fwa/dk)