Mittwoch, 24. April 2024

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Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems
"Es werden bleiben ihre Zeugnisse"

Das Jüdische Museum Hohenems untersucht die Rolle von Zeugendokumenten des Holocaust: "Wir müssen uns die Zeugnisse im Kontext ihrer Entstehung anschauen", so Kuratorin Anika Reichwald im Dlf. Und die Frage klären, was zu tun ist, wenn keine Überlebenden mehr da sind, die korrigierend eingreifen können.

Anika Reichwald im Gespräch mit Michael Köhler | 09.11.2019
Das Bild zeigt den Eingang zum Jüdischen Museum in Hohenems, Vorarlberg, Österreich.
Der Eingang des Jüdischen Museums in Hohenems im österreichischen Vorarlberg (imago stock&people)
Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, in Zusammenarbeit mit der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" stellt die Frage "Ende der Zeitzeugenschaft?"
Die Zeitzeugenschaft des Holocaust geht – naturgemäß - ihrem Ende entgegen. Nur noch wenige Überlebende der NS-Herrschaft sprechen aus eigener, unmittelbarer Erfahrung. Zwangsläufig stellt sich die Frage: Was bleibt? Eine Antwort: literarische Zeugnisse und unzählige Videointerviews der Überlebenden.
Die Rolle der Zeitzeugen im Wandel der Zeit
Auch wenn es bald keine Überlebenden mehr gebe, so werde die Ära der Erinnerung dennoch weitergehen, glaubt Anika Reichwald, Kuratorin der Ausstellung im Jüdischem Museum Hohenems. Wichtig sei es nun zu sehen, wie der gesellschaftliche Umgang mit Holocaust-Zeitzeugen sich entwickelt habe, sagte sie im Dlf.
"Wir müssen uns die Zeugnisse im Kontext ihrer Entstehung anschauen und dann noch betrachten, wie sind die Zeugnisse gefärbt durch den Kontext, durch den sie entstehen und wie wird mit ihnen umgegangen", sagte Kuratorin Anika Reichwald im Dlf. Außerdem stelle die Ausstellung die Frage, was erinnert werde, hin zu wie erinnert werde und wie Erinnerung zu einer Erzählung werde, so Reichwald. Man habe versucht einen historischen Abriss aufzuzeigen, und zu beleuchten "inwieweit sich die Rolle der Zeitzeugen von den 1940ziger Jahren bis heute verändert hat".
"Wir sind an einem Punkt, wo es nur noch wenige Menschen gibt, die bezeugen können - in Klassenzimmern, auf Podien auftreten, reden zu gesellschaftlichen Anlässen. Uns ist noch gar nicht bewusst, auf welche Weise "nur" Zeugnisse wirken werden", erzählte Reichwald.
Überlebende als korriegierendes Element
Das Jüdische Museum in Hohenems müsse sich als gesellschaftsbildende Institution fragen, auf welche Weise man mit Audio-Videomaterialien und Fotos an verschiedenen Stellen umgehen will und wie es ist, wenn keine Überlebenden mehr da sind, die als korriegierendes Element eingreifen könnten, so Reichwald.
In der Ausstellung habe man die Gelegenheit ungeschnitten Zeitzeugenberichte aus dem Bestand der Shoa Foundation auf Video zu sehen. "Wenn man möchte zweieinhalb Stunden."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.