Donnerstag, 25. April 2024

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Ausstellung im Militärhistorischen Museum
Gewalt und Geschlecht

Das Militärhistorische Museum in Dresden widmet sich in seiner Schau "Gewalt und Geschlecht" dem Thema der Geschlechterzuschreibung bei Gewalttaten. Wenn Frauen gewalttätig würden, gehe die Gesellschaft anders damit um, sagte Kurator Gorch Pieken im Dlf.

Gorch Pieken im Gespräch mit Anja Reinhardt | 26.04.2018
    Sächsisch-Preußische Soldaten, dargestellt von Mitgliedern verschiedener Traditionsvereine, eröffnen bei einer nachgestellten Schlachtszene am 15.10.2005 nahe dem thüringischen Auerstedt das Feuer.
    Schlachtszene mit sächsisch-preußischen Soldaten, nachgestellt von Mitgliedern verschiedener Traditionsvereine (dpa-Zentralbild / Jan-Peter Kasper)
    Physische Gewalt geht oft von Männern aus. Auf den Schlachtfeldern: Männer. Wegen Mordes Verurteilte im Gefängnis: mit großer Mehrheit Männer. "Natürlich stellen wir diese Art von Gewalt aus, auch gerade im Krieg und beim Militär. Aber um das Wesen der Gewalt, den Kern der Gewalt zu erfassen, müssen wir auch andere Gewaltarten erfassen. Denn wir glauben, dass nicht nur der Krieg gewaltvoll ist, sondern auch der Frieden", so Gorch Pieken. Das Wechselverhältnis und das Beziehungsgeflecht, das Gewalt möglich macht, sei viel komplizierter, als wir denken. Das zeige die Ausstellung auch.
    Keine gute Mutter zu sein ist das größte Verbrechen bei Frauen
    Wenn Frauen gewalttätig würden, dann gehe die Gesellschaft anders damit um, denn es gäbe akzeptable und unakzeptable Gewalt. Ilse Koch zum Beispiel, die Frau des Kommandanten im Konzentrationslager Buchenwald, wurde nach dem Krieg nicht nur wegen Gewalttätigkeit verurteilt, "ihr wurde in dem Urteil auch das Frau-Sein abgesprochen. Das war das größere Verbrechen", sagt Gorch Pieken. Die Ausstellung habe auch Lynchmorde an Fliegern im Krieg untersucht, und dabei wären die Morde überproportional von Frauen verübt worden. Die Gesellschaft habe das aber als mütterliche Handlung sanktioniert, als Mütter hätten sie ihre Söhne und ihr Zuhause durch die Lynchmorde beschützen wollen.
    Auch Mode beinhaltet und symbolisiert Gewalt
    Gewalt in Friedenszeiten tauche auch in der Mode auf: Tarnfarben auf Kleidung, Uniformen oder Patronengürtel würden zitiert. Diese Mode käme hauptsächlich von Männern, so Pieken, könne aber bei Frauen, die diese Mode tragen, einen selbstbewussten Umgang mit sich selbst nach außen signalisieren. Für Kleidung hungern, damit man in kleine Größen passe, das wiederum sei Gewalt gegen sich selbst – und eine Gewalt der Anpassung. Diese alltägliche symbolische oder strukturelle Gewalt strahle auf die Gesellschaft zurück, meint Kurator Gorch Pieken.