Donnerstag, 25. April 2024

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Ausstellung in der Villa Zanders
Die Magie des Schwarzen in der Kunst

Die Farbe Schwarz ist – vom Trauerschwarz über "das kleine Schwarze" bis zur Welt von Gothic - reichlich aufgeladen mit Bedeutungen. Die Künstler der Schau "Schwarzarbeit" in der Bergisch Gladbacher Villa Zanders erproben Neuland: mit Scanner-, Drucker- und Fotokopier-Ästhetik.

Von Peter Backof | 29.08.2016
    Sebastian Jochum, Willst Du immer weiter schweifen?, 2016.
    Lässt Explosionen stattfinden: Sebastian Jochums Arbeit "Willst Du immer weiter schweifen?", 2016 (Michael Wittassek)
    Tief in den Schluchten des Bergischen Lands träumten die Alchimisten davon, aus Bäumen Gold zu machen. Und dabei nicht so schmutzig zu werden wie die Köhler in ihren armseligen Hütten. Märchenhaft wie bei den Grimms wirkt sie tatsächlich, die Villa Zanders in Bergisch Gladbach. Der Familiensitz der Papierfabrikanten, die es im 19. Jahrhundert zu erklecklichem Reichtum brachten, ist inzwischen atmosphärischer Kunstort. "Schwarzarbeit – die Magie des Dunklen" heißt die Herbstausstellung.
    Museumsleiterin Petra Oelschlägel: "Der Titel Schwarzarbeit hat nichts mit der Huldigung illegaler Arbeit zu tun. Es geht mir um die künstlerische Arbeit mit Schwarz."
    Eine Lesung des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff über die "Dunkelzone Deutschland" findet daher im Begleitprogramm statt. Ebenso eine bedeutungsgeschichtliche Analyse all dieser Begriffe - Schwarzarbeit, Schwarzgeld, Schwarzfahren -, die alle auf dem mittelhochdeutschen "Swartz" beruhen: das Schmutzfarbige, das, was im Verborgenen geschieht.
    "Schwarz ist ja nichts anderes als die Farbe, die nicht mehr sichtbar ist, weil sie keine Lichtstrahlen mehr reflektiert."
    Zeitgemäßer Zugang zum Thema
    Michael Wittassek hat schwärzliche Fotopapiere in überlebensgroßen Formaten ineinander geknüllt, die bizarren Kronleuchtern gleichen. An den Wänden sind schwarz verspiegelte Untertassen aufgehängt. Kleine schwarze Löcher oder gekrümmter Raum sind Assoziationen aus der Astronomie. Es fällt gleich auf, dass die acht Künstlerinnen und Künstler einen technischen, analytischen, zeitgemäßen Zugang zum Thema Schwarz suchen. Malerei, die schwarze Quadrate auf schwarzen Grund setzt, findet hier gar nicht statt. Stattdessen Fotografie, Skulptur – und, tja, Undefinierbares – wie die Arbeit "Ein - Aus - im Anschluss" von Nisrek Varhonja.
    Nisrek Varhonja: "Also ich finde 'Aus' ist ein unheimlich wichtiges Wort, gerade, wenn ich sage, ich schreibe. 'Aus, aus, aus' - jedes Aus ist ja eine Bekundung, dass etwas vorbei ist."
    Raoul Hausmann, Mélanographie - "Die Kunst, Schwarz zu formen", 2016
    Ebenfalls Teil der Ausstellung: Raoul Hausmanns "Mélanographie - Die Kunst, Schwarz zu formen", 2016. (Michael Wittassek)
    Stapelweise, mit ruhiger Hand in Druckerqualität, hat die Künstlerin immer wieder das Wort "Aus" geschrieben. Die Unterschiede in den Schwarztönen kommen dadurch zustande, dass sie mit Tusche und Feder arbeitet, das zur Neige gehende Schwarz irgendwann mit Wasser strecken muss, bis sie "aus, aus, aus" am Ende nur noch mit Wasser aufs Papier kritzelt. Die Arbeit stirbt quasi ihren eigenen Tod, im Weißen.
    Suche nach Sinn und Bedeutung
    Der große popkulturelle Bedeutungsstrang, die Gothic-Schiene, das Okkultistische, auch das Laszive, Erotische am Schwarzen, wird manchen Besuchern vielleicht etwas fehlen, aber die Villa mit ihren Treppenaufgängen und knarzendem Parkett ist ein guter Ort, um sich das auch dazu zu denken. Eher forschend, mit Röntgen-, Fotokopierer- und Dunkelkammerästhetik suchen die Künstler nach Sinn und Bedeutung, nach der Eins neben der digitalen Null. Im obersten Stockwerk hat Sebastian Jochum eine Sternwarte eingerichtet und behauptet:
    "Auch wenn wir rechnerisch am Rande der Milchstraße eher wohl sitzen, kann man ja trotzdem sagen: Die Erde ist der Mittelpunkt. Was sich dann abbildet, ist Offenbarung. Oder Überraschung." In selbstgebauten Pyramiden lässt er Explosionen stattfinden. Die Fotos davon sehen aus wie Versuche, den Urknall zu simulieren.
    Es gibt immer das Vorurteil, diese Unterscheidung zwischen Geisteswissenschaften, die im Assoziativen und Beliebigen herumwabern, und Naturwissenschaften, die irgendwann doch letzte Dinge erklären könnten. In dieser sehenswerten Ausstellung kommt das alles sehr schön und elegant zusammen.