Donnerstag, 25. April 2024

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Ausstellung über Leopold Mozart
Mehr als der strenge Vater des Wunderkinds

Leopold Mozart steht bis heute im Schatten seines Sohnes Wolfgang. Nur wenige wissen, dass er selbst ein produktiver Komponist war. Obendrein setzte er sich für Witwen und Waisen ein und nutzte frühe Printmedien, um die Konzerte seiner Kinder zu promoten. Ihm ist eine Ausstellung in Salzburg gewidmet.

Von Dorothea Hußlein | 08.04.2019
    Ein schwarzweiß Porträt zeigt den Komponisten Johann Georg Leopold Mozart.
    Leopold Mozart komponierte auf der Höhe der Zeit (picture alliance / dpa / Design Pics / Ken Welsh)
    Heute ist Leopold Mozart überwiegend bekannt als gestrenger Vater und Zuchtmeister seiner Wunderkinder Nannerl und Wolfgang Amadé sowie als Schöpfer der berühmten Violin-Schule. Eine zu einseitige Sichtweise wie die wissenschaftliche Kuratorin Anja Morgenstern findet.
    "Ich glaube, dass sich generell das musikbiografische Bild, also auch in der Forschung geändert hat und natürlich ist Wolfgang Amadé Mozart der geniale Komponist, der vielleicht unerreichbar ist, und als dessen Vater Leopold Mozart in die Musikgeschichte, vor allem im 20. Jahrhundert eingegangen ist. Nach seinem Tod im 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert sah das noch anders aus, da hat man Leopold durchaus noch etwas allgemeiner gewürdigt, als eigenständigen Komponisten zum Beispiel und natürlich als Pädagogen."
    Leopold Mozart bis heute unterschätzt
    Aber wer war Leopold Mozart abgesehen von seiner Rolle als Vater von Wolfgang Amadé? Anja Morgenstern und Gabriele Ramsauer, die zugleich auch die Direktorin des Geburtshauses von Wolfgang Amadé ist, konzipierten in der weitläufigen Bel Étage des ehemaligen Tanzmeisterhauses am Salzburger Makart-Platz, wo die Mozarts seit Herbst 1773 wohnten, eine Ausstellung, um dem Menschen, dem Musiker und Manager Leopold Mozart gerecht zu werden. Es geht Anja Morgenstern darum, wie Leopold Mozart 50 Jahre in Salzburg gelebt hat.
    "Er war 40 Jahre Hofmusiker am Fürsterzbischöflichen Hof in Salzburg. Er hat unter fünf Fürstbischöfen gedient, ja, und er war ein sehr produktiver Komponist, was heute sehr in den Hintergrund gedrängt ist. Er hat bis Mitte der 50er Jahre, wahrscheinlich bis Anfang der 70er Jahre komponiert und zwar sehr viel komponiert."
    Doch bis heute ist Leopold Mozarts Leistung als Komponist durch den ständigen Vergleich mit seinem Sohn stark unterschätzt, so Anja Morgenstern:
    "Und das ist nicht fair sag ich mal. Er hat viele Werke in den 40er und 50er Jahren komponiert, das ist schon eine andere Zeit, und wenn man diese Zeit betrachtet, die Zeitgenossen, vielleicht auch einen frühen Michael Haydn, einen Joseph Haydn, die Salzburger Komponisten, Ebelin zum Beispiel, dann war Leopold ein Komponist auf der Höhe seiner Zeit, und wir wissen, dass Wolfgang auch von seinem Vater gelernt hat. Und wir wissen auch, dass er zum Beispiel die Kirchenmusik seines Vaters geschätzt hat."
    Großes Familienporträt im Zentrum der Ausstellung
    Die vierköpfige Familie Mozart bewohnte eine acht Zimmer große Wohnung, und so stehen 300 qm Ausstellungsfläche für die Leopold Mozart-Ausstellung zur Verfügung. Sie beginnt im großen Tanzmeistersaal - intensiv von der Familie als Empfangs- und Musikraum benutzt, aber auch zu geschäftlichen Zwecken, so Museumsdirektorin Gabriele Ramsauer.
    Die Schwester Nannerl, Wolfgang Amadeus Mozart und der Vater Leopold (l-r) auf einem Gemälde, das im Salzburger Geburtshaus des Komponisten hängt, aufgenommen 1956.
    Die Schwester Nannerl, Wolfgang Amadeus Mozart und der Vater Leopold (l-r) auf einem Gemälde, das im Salzburger Geburtshaus des Komponisten hängt. (picture-alliance / dpa / Georg Goebel)
    "Leopold Mozart hat hier den Saal vermietet, hat hier Klaviere auch in Kommission verkauft, also er war ein Lebensmittelpunkt, und da beginnt das eben mit der Biografie von Leopold Mozart, und wir stellen das berühmte große Familien Bild in den Mittelpunkt der Ausstellung."
    Im Zentrum hängt also das Familiengemälde, das Johann Nepomuk della Croce zugeordnet wird. Es ist für eine bürgerliche Musikerfamilie außergewöhnlich groß und demonstriert das enorme Selbstbewusstsein von Leopold Mozart. Die Ausstellung ist nicht chronologisch aufgebaut, aber Gabriele Ramsauer und ihrem Team war die Möglichkeit wichtig, sich gleich zu Beginn im Tanzmeistersaal mit der gesamten Biografie Leopold Mozarts vertraut zu machen.
    "Das ist eine Medienwand, wir nennen sie die Spiegelwand, dahinter sind eben verschiedene Bildschirme, und da wollen wir Leopold Mozart dem Besucher vorstellen. Er selber kommt hier zu Wort mit Zitaten, die seine Persönlichkeit auch ein wenig beschreiben sollen."
    Leopold Mozart hat 50 Jahre in Salzburg gelebt und gearbeitet, von 1737 bis 1787. Im Haus am Makartplatz ist er auch gestorben. Und so geht es in den sich an den Tanzmeistersaal anschließenden fünf Räumen um seine verschiedenen Tätigkeiten und die Facetten seiner Persönlichkeit.
    Headhunter für die Hofkapelle
    "Es beginnt mit dem Studium an der Universität und vor allem mit dem späteren Rausschmiss. Leopold Mozart hat sich eigentlich am Ende nicht mehr für sein Studium interessiert, hatte wohl schon seine Anstellung beim Grafen Johann Baptist von Thurn-Valsassina und Taxis in Aussicht und er macht dann Karriere bis hin 1763 zum Vizekapellmeister. Er hatte als Vizekapellmeister viele verantwortungsvolle wichtige organisatorische Aufgaben übernommen."
    Leopold Mozart war zudem eine Art Headhunter, hat Musiker für die Hofkapelle eingekauft.
    "Im Prinzip hat er damit die Struktur der Hofmusikkapelle beeinflusst. Er musste sie auch prüfen und er hat Besoldungslisten geführt, auf deren Grundlage die Hofmusiker bezahlt wurden. Wir zeigen auch eine solche erhaltene Gehaltsliste, die er selbst geführt hat."
    Leopold Mozart korrespondierte schnell und viel, war gut vernetzt, ein guter Organisator und Logistiker. Er nutzte frühe Printmedien, lancierte auf Reisen Zeitungsberichte, um auf Konzerte seiner musikalischen Wunderkinder hinzuweisen. Ein Bild von ihnen ließ er zu Werbezwecken anfertigen und durch Kupferstichtechnik verbreiten. Leopold beherrschte fünf Fremdsprachen. Mit Begeisterung hat ihm Gabriele Ramsauer den zweiten Raum als Networker, Manager und als Sozialmenschen gewidmet.
    Das Bild zeigt Glasvitrinen mit Büchern und ein Bild, auf dem Leopold Mozart und einige Urkunden abgebildet sind
    Blick in die Ausstellung über Leopold Mozart (Mozarteum / Martin Baumann)
    "Wir haben uns überlegt: Leopold Mozart würde ja heutzutage für seine "social contacts" ja auch die Social Medias nutzen. Wir nennen es "Mozbook", also so eine Art Facebook, in dem Leopold Mozart dann wortwörtlich seine eigenen Postings setzen kann und erzählt an Familie und Freunde, wo er sich gerade aufgehalten hat und was er so macht."
    Liebender Familienmensch
    Leopold Mozart war zugleich Freigeist, gläubiger Katholik, Freimaurer, provokanter Untertan und ein sozial engagierter, einfühlsamer und sprachmächtiger Mann der Aufklärung. Letzteres in der Ausstellung zu thematisieren, lag Anja Morgenstern sehr am Herzen:
    "Er hat nicht nur für sich selbst und für seinen Sohn Gesuche geschrieben, für Hofmusiker und auch für deren Witwen und Waisen. Und das find ich einen sehr sozialen Aspekt, und er war immer erfolgreich mit seinen Gesuchen. Er konnte halt unglaublich gut Briefe schreiben, er war diplomatisch und so hat er eben auch für Hofmusiker derartige Gesuche nicht nur formuliert, er hat sie selbst geschrieben und sogar selbst unterschrieben. Und das im Übrigen auch für seinen Sohn."
    Leopold überließ nichts dem Zufall. Er legte großen Wert auf elegante und angemessene Kleidung, er war umfassend gebildet und stets gut informiert. Und all das kam ihm auf den langen und kostspieligen Reisen zu gute.
    Insgesamt sind in den sechs hellen Räumen rund 80 Exponate ausgestellt, die verdeutlichen, dass Leopold Mozart eine stattliche, hochinteressante Persönlichkeit mit vielen, bisher unbekannten Facetten war. Durchaus diszipliniert, sicherlich erfolgsorientiert, aber eben nicht nur der gestrenge Zuchtmeister, als der er bisher gesehen wurde, sondern als ein liebender Familienmensch, ein vorausschauender Planer und Manager und ein sozial engagierter Musiker und Bürger