Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Austrian Superheroes
Superhelden stürmen die Comicszene

Sie kämpfen hinter dem Wiener Stephansdom oder auf der Grazer Murinsel, sagen "urspät" oder "servas" und heißen "Lady Heumarkt" oder "Captain Austria": Die Austrian Superheroes haben eine Nische in der deutschsprachigen Comicszene gestürmt. Jetzt ist Heft vier der Debütserie erschienen.

Von Judith Dauwalter | 11.10.2016
    Cover der ersten Ausgabe der "Austrian Superheroes" mit den Helden Donauweibchen, Captain Austria, Lady Heumarkt und Bürokrat.
    Cover der ersten Ausgabe der "Austrian Superheroes" mit den Helden Donauweibchen, Captain Austria, Lady Heumarkt und Bürokrat. (Austrian Superheroes)
    Donauweibchen, Captain Austria, Lady Heumarkt und der Bürokrat: Das sind die neuen Comic-Superhelden aus Österreich – oder in Kurzform: ASH – das steht für Austrian Superheroes. Ihre Mission ist es, die Österreicher vor Bösewichten und Ungeheuern zu schützen. Ihre Ausrüstung, das sind Superkräfte, Armbänder, die Schocks verpassen und ein Gürtel, mit dem man fliegen kann. Das unerschrockene, hübsche Donauweibchen und der junge Captain Austria mit wehendem Umhang sind klassische Superheldenfiguren. Ganz im Gegenteil zu ihren zwei Mitstreitern: Lady Heumarkt ist superstark, aber auch superhelden-untypisch dick. Sie war Wrestling-Königin am Wiener Prater. Und der pingelig-spießige Bürokrat mit Brille und Aktenkoffer analysiert vor jeder Aktion erst mal, welches Gesetz der Gegner gebrochen hat.
    Captain Austria: "Bürokrat, Lady Heumarkt, Donauweibchen! Verteilt euch! Wir attackieren ihn von mehreren Seiten!"
    Lady Heumarkt: "Nur die Ruhe, Junior! Aus dem Hendl mach ich Chicken Nuggets!"
    Bürokrat: "Mehrfache Übertretungen. Ordnungsvergehen. Öffentliches Ärgernis. Unverhältnismäßige Gewaltanwendung. Gegenmaßnahme: Festsetzung und Verwahrung."
    Fulminanter Einstieg in die Comicszene
    In ihrem ersten Abenteuer haben es die vier Superhelden mit dem "Handyschlitzer" zu tun: Dieser Bösewicht ist eine Mischung aus überdimensioniertem Hahn und Dinosaurier. Eine Art Basilisk, der junge Frauen brutal überfällt und ihre Handys zerstört. Das österreichische Superhelden-Quartett hat einen fulminanten Einstieg in die Comicszene geschafft. Erfinder Harald Havas ist selbst noch erstaunt:
    "Bei den ersten Comicbörsen hab ich immer wieder damit gerechnet, dass die Leute die Probehefte sehen und sagen: 'Seid ihr bisschen komisch im Kopf? Was ist los mit euch?' Tatsächlich war das Gegenteil der Fall, sie haben es sich angeschaut und gesagt: 'Cool, genau auf sowas haben wir gewartet!'. Da war ich echt überrascht. Ich dachte ja, wir würden nur Leute ansprechen, die auf Absurdes stehen oder ein paar Kids, aber tatsächlich haben wir auch die "normalen" Superhelden Fans angesprochen."
    Das aktuelle Heft "Das letzte Aufgebot – Entscheidung im Wiener Prater" schließt die erste Serie ab. Über Crowdfunding konnten sich die Macher ihren Traum verwirklichen - und ein Indie-Comicprojekt mit Helden aus dem Umfeld ihrer Fans erschaffen: Im echten Leben sind sie Studenten oder Steuerberater. Und die Abenteuer spielen vor ihrer Haustür - am Wiener Karlsplatz oder auch mal auf der Grazer Murinsel. Das schafft Identifikation, so Havas:
    "So wie amerikanische Helden sehr oft einen Bezug zu amerikanischen Mythen und amerikanischen Gegebenheiten haben, wie z.B. Captain America. Bei den Helden, die wir momentan haben, ist "Donauweibchen" tatsächlich eine mythische Figur. "Captain Austria" ist natürlich ein Verweis auf die Superheldentradition. Und "Der Bürokrat" ist eine Neuerfindung von uns. Der bezieht sich auf gar nichts, außer auf die sehr bürokratischen Verhältnisse in Österreich."
    Erweiterung der Serie geplant
    2017 soll der Heldenkosmos um Akteure aus der "Liga Deutscher Superhelden" erweitert werden. Ein Novum: Denn in der Szene, die immer noch von den amerikanischen Verlagen DC und Marvel bestimmt wird, gab es bisher noch keine namhaften, deutschen Superhelden. Als "Comic-Entwicklungsland" haben Experten aus Comicverlagen die Bundesrepublik schon bezeichnet. Mit ihren Helden von nebenan besetzen die ASH-Erfinder also, wie sie vermuten, eine Nische, die bisher noch niemand gefüllt hat.
    Dazu kommt: Die Geschichten sind nicht platt und einfallslos – sondern kreativ und mit viel Tiefgang und Liebe geschrieben und gezeichnet: Heldentypisch geizen die Zeichner nicht mit knalligen Farben und Geräusch-Effekten. Aber sie statten ihre Helden auch mit feiner Mimik aus - die lachen und weinen, entschlossen und verunsichert sind. Das steckt an, auch durch die Story selbst. Lachen kann man zum Beispiel über den derben Wiener Humor von Lady Heumarkt, die dem Basilisk im Kampf entgegen plärrt: "Es ist erst aus, wenn die fette Lady sagt, dass es aus ist." Zum Weinen ist, wenn klar wird, wie wenig Wertschätzung Captain Austria Junior vom eigenen Heldenvater erfährt. Die Hefte beinhalten viele Extra-Geschichten, die rund um das Hauptabenteuer etwa von Familiendramen der Helden und Mobbing in der Kindheit erzählen. Das gibt den Charakteren Farbe, weckt Spannung - und lässt noch einiges offen.
    Erzählerin: "Heft 4, Epilog. Ein verwahrlostes Haus. Im Dachboden sitzt ein Mann an einem Schreibtisch. Er ist nur von hinten zu sehen und spricht."
    Männerstimme: "Im Großen und Ganzen bin ich recht zufrieden. Es ist zwar nicht alles ganz genau nach Plan gelaufen, aber das tut es ja nie. Egal. Hauptsache, unser Ziel ist erreicht: Das Team ist zusammen. Wir sind also bereit für Phase zwei."
    Erzählerin: "Auf einem Computer-Bildschirm sind Symbole zu sehen, die an den Basilisk erinnern. Der Mann ist nun im Seitenprofil sichtbar, aber nicht erkennbar. Fortsetzung folgt."