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Ausweis des Sparens

Der einfachste Beitrag zum Klimaschutz ist Energiesparen. Bereits 2002 hat die EU-Kommission eine Richtlinie erlassen, die verlangt, dass der Energiebedarf eines Hauses oder einer Wohnung explizit ausgewiesen werden muss. Ab 2008 soll dieser Personalausweis für das Haus in Deutschland zur Pflicht werden.

Von Eva Bahner | 05.03.2007
    "Auffallend ist, wenn Sie ins Treppenhaus gehen, dieser ganz deutlich fühlbare Wärmeabfall vom Erdgeschoss zur ersten Etage, wo auch die Schlafzimmer sind. Teilweise, wenn es sehr kalt ist draußen, dass die Wärme durch das offene Treppenhaus nach unten fällt."

    Seit fünf Jahren wohnt Harald Molitor mit seiner Frau Gabi und seinen beiden Kindern in Erftstadt bei Köln. 140 Quadratmeter Wohnfläche hat ihr Einfamilienhaus. Unten befinden sich Wohnzimmer und Küche, im ersten Stock Kinderzimmer, Schlafzimmer und Bad - und eine Luke zum Dachboden:

    "Hier vom Dachboden kommt eben auch die Kälte runter, weil die Isolierung der Decke nicht ausreichend ist. Und dazu kommt noch rundum eine Ritze, wo es durch zieht. Das macht im Treppenhaus sehr viel aus. Deshalb haben Sie auch das Gefühl, die kalte Luft fällt die Treppe runter."

    Die Quelle des Übels hat Energieberaterin Gudrun Langmack schnell ausgemacht. Nicht nur der Dachboden muss gedämmt werden, auch die Außenwand braucht eine neue Hülle, um den ständigen Luftzug im ersten Stock zu beenden. 100.000 Euro veranschlagt die Architektin für die Umbaumaßnahmen. Trotz zinsverbilligtem Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau eine Investition, die wohl überlegt sein will, sagt Gabi Molitor:

    ""Bei so einem Batzen Geld denkt man schon, sollte man noch mal völlig neu bauen, weil: Wir werden das ganze Haus im Obergeschoss umkrempeln. Dann denkt man schon darüber nach, ist vielleicht ein Neubau besser? Aber wir haben uns nun mal für diesen Standort entschieden, und wir fühlen uns hier wohl und wollen hier das Optimum herausholen."

    Derart unliebsame Überraschungen nach dem Kauf einer Immobilie sollen in Zukunft ausbleiben. Dafür wird voraussichtlich ab 2008 der Energiepass für Gebäude sorgen, der in Deutschland zur Pflicht werden wird für Hausbesitzer, die verkaufen oder vermieten wollen. Er gibt den energetischen Zustand des Gebäudes an auf einer Farbskala vom Optimalwert Grün bis zum mangelhaften Rot:

    "Die Idee, die hinter dem Energiepass steht, ist, wenn der Käufer oder Mieter, schon bei der Kauf- oder Mietentscheidung weiß, mit was er zu rechnen hat, wird er sich eher für eine energieeffiziente Immobilie entscheiden. Und das hat über den Markt die Auswirkung, dass sich Investitionen in gute Gebäude besser rechnen."

    Auf regionaler Ebene gibt es diese Art Personalausweis fürs Haus schon seit Jahren, sagt Felicitas Kraus von der Deutschen Energieagentur in Berlin. Durch die EU-Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2002, die bestimmte Mindestanforderungen an Gebäude stellt, wird der Energiepass nun flächendeckend eingeführt. Die Deutsche Energieagentur hat ausgerechnet, dass bis zum Jahr 2020 allein 20 Prozent des Wärmebedarfs in Gebäuden eingespart werden können, bei älteren Häusern vereinzelt sogar 70 bis 80 Prozent:

    "Um dieses große Einsparpotenzial zu erschließen, braucht man sicherlich nicht nur staatliche Vorschriften, sondern auch Kunden, Mieter und Wohnungseigentümer, die sagen, weil ich in eine Immobilie langfristig investiere, möchte ich nicht nur niedrige Preise zahlen, sondern möchte auch für die nächsten 20, 25 Jahre niedrige Energiekosten haben. Insofern glaube ich, ist der Energiepass ein ganz wichtiges Instrument, um insbesondere im Gebäudebestand die großen brachliegenden Einsparpotenziale zu erschließen."

    Und dennoch ließ der Energiepass lange auf sich warten, so lange, dass bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet wurde. Besonders die Ausgestaltung sorgte für heftige Diskussionen zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium, zwischen Mieter- und Immobilienverbänden. Während Bauunternehmen und Verbraucherschützer die Transparenz auf dem Immobilienmarkt begrüßten, waren die Widerstände in der Wohnungswirtschaft groß. Zum einen wegen der Furcht vor einem zu hohen Kostenaufwand und einer verschärften Konkurrenzsituation, zum anderen wurde aber auch die Objektivität der Gebäudeanalyse immer wieder in Frage gestellt.

    Der Referentenentwurf, der nun im Kabinett diskutiert wird und noch im Bundesrat verabschiedet werden muss, ist ein Kompromiss: Für Wohnhäuser, die älter als 30 Jahre sind, muss, wenn der Nutzer wechselt, der Bedarfsausweis erstellt werden, der den energetischen Zustand auf der Grundlage des Dämmstandards oder Heizungstyps dokumentiert. Bei allen anderen Gebäuden reicht auch der so genannte Verbrauchsausweis, der lediglich den Energieverbrauch der Bewohner angibt und dementsprechend günstiger ist. Für viele Energieexperten eine Verwässerung der ursprünglichen Idee, auch Energieberaterin Gudrun Langmack ist enttäuscht:

    "Wenn man ein Haus verkaufen möchte und den verbrauchsorientierten Pass vorlegen muss, dann verbringt man am besten drei Monate, vier Monate in Spanien, kommt dann wieder und hat natürlich ganz tolle Heizergebnisse für sein Haus, wenn man auf Sparflamme geheizt hat."

    Ob Verbrauchsausweis oder Bedarfsausweis ,der Energiepass wird für mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt sorgen, den Marktwert von Häusern und Wohnungen verändern und auch die Miete, die ein Eigentümer verlangen kann, das hofft zumindest Felicitas Kraus von der Deutschen Energieagentur. Und er wird Anreize schaffen zum Energiesparen in den eigenen vier Wänden und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten:

    "Es ist ja heute nicht mehr so, dass sozusagen Markt gegen Ökologie ist und damit auch wichtiges Marktinstrument geschaffen werden sollte, weil man dachte, in diesem Fall spielt der Markt für die Umwelt und nicht gegen. und das ist sozusagen der Leitgedanke vom Energieausweis."