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Auto als Datenquelle

CeBIT. - In Halle 26, in der Forschungshalle wimmelt es nur so von Elektro-Autos. Zahlreiche Informatikinstitute haben am Thema E-Mobility und den Herausforderungen einer intelligenten und ressourcensparenden Verkehrssteuerung richtig Spaß gefunden. Denn schließlich können sie hier beweisen, dass man mit vernetzten Systemen und intelligenten Algorithmen einer Technologie wie dem Elektroauto zu Durchbruch verhelfen kann. Es geht um Flottensteuerung, Lademanagement und cleveres Car-Sharing.

Von Manfred Kloiber | 08.03.2012
    Britta Griesbach steht vor dem EO 1 – ein stahlblauer, ziemlich verrückt umgebauter Kleinwagen mit Elektroantrieb. Der EO 1 sieht ein bisschen aus wie eine Mischung aus Hubschrauber und Kabinenroller. Ein Eye-Catcher, um das Publikum für das Projekt "Mobilität im ländlichen Raum" zu begeistern. Über 100 Elektroautos - PKW und Kleinlaster - sind im Raum Bremen Oldenburg unterwegs. Ein Teil davon sendet jede Woche bis zu 4 Millionen Datensätze an die Informatiker des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz in Bremen, wo Britta Griesbach arbeitet:

    "Wir haben eine Flotte von insgesamt 44 Fahrzeugen, die ausgestattet sind mit sogenannten Datenloggern. Und da werden zum Beispiel Daten erhoben wie Spannungs- und Stromverläufe, der aktuelle Zustand der Batterie. Dann natürlich auch noch die aktuelle Position des Fahrzeugs, Geschwindigkeitswerte, so dass man ein Bewegungsprofil erzeugen kann."

    In diesem Meer von Daten versuchen die KI-Forscher typische Muster zu erkennen. Muster, die ihnen Aufschluss darüber geben, wie Elektroautos benutzt werden und wie sie noch besser eingesetzt werden könnten, zum Beispiel wenn die Batterietechnologie künftig noch besser wird. Data-Mining nennt man diese Technologie, aus gewaltigen Mengen an Datensätzen, relevante Informationen zu erschließen. Doch die für Forschungszwecke erhobenen Daten können auch ganz praktisch genutzt werden. Zum Beispiel für den bislang schwierigen Einsatz von E-Autos im Car-Sharing:

    ""Dafür brauche ich eben solche Informationen, wie viel Restreichweite habe ich mit dem Fahrzeug noch, damit ich es einplanen kann für eine Folgefahrt, wenn ich weiß, da sind eben noch zehn Kilometer zu absolvieren, die verbleibende Reichweite sind 20 Kilometer – da kann ich das Fahrzeug wieder vergeben."

    Vor allem mit dem Energiemanagement beschäftigt sich Dr. Jan Keiser vom DAI-Labor der TU-Berlin. Keiser steht vor einem kleinem Elektroauto für Kinder – sein Demonstrator. Hinter der Fahrersitz klemmt ein kleiner Bordcomputer, der vor allem den Ladezustand überwacht. Beim Projekt "Gesteuertes Laden 2.0" geht es um mehr, als allzeit gut geladene Batterien.

    "Dort haben wir erforscht, wie wir Elektrofahrzeuge als Energiespeicher nutzen können. So dass wir die nicht nur zum Fahren benutzen. Sondern, wenn das Fahrzeug steht, dass wir diese Batterie nutzen, um zum Beispiel Windstrom zwischenzuspeichern und dem Netz wieder zur Verfügung zu stellen, wenn zum Beispiel kein Wind geht und wir die Energie zum Fahren nicht brauchen."

    Drei Kleinwagen mit be- und entladbarer Batterie fuhren während einer dreiwöchigen Simulation bereits herum. Das Ergebnis: Die Forscher konnten durch gezieltes Laden und Entladen ihrer Akkus den Anteil tatsächlich genutzter Windenergie von 13 auf über 20 Prozent anheben. Das funktioniert aber nur, wenn die Datenbasis stimmt:

    "Dafür haben wir ein verteiltes Softwaresystem entwickelt, was sich die verschiedenen Informationen holt. Vom Energieanbieter, wie gerade die Windprognose ist. Informationen vom Auto einholt, wie ist gerade der Ladestand und natürlich auch Informationen über den Benutzer einholt. Wie wird er in Zukunft das Auto benutzen und wann nicht."

    Diese Informationen nutzt auch das Forschungsprojekt Smart Mobility des Fraunhofer Institutes Fokus in Berlin. Forscher Oliver Sawade steht vor einem ganz kleinen Auto – ein Modellauto fährt autonom auf einem großen Tisch entlang einer Fahrbahn. Autonome Autos dürfen derzeit noch nicht im Straßenverkehr unterwegs sein. Aber wenn es in fünf, zehn oder 15 Jahren einmal erlaubt sein wird, dann, so die Vision der Forscher, dann wird das Car Sharing mit E-Autos boomen.

    "Also ich kann mir einfach ein Auto dahinbestellen, wo ich abgeholt werden möchte. Die Fahrzeuge müssten nicht mehr in der Innenstadt herumstehen. Sondern das Fahrzeug steht außerhalb der Stadt auf einem großen Parkplatz, wird dort aufgeladen. Und wann immer ich ein Auto brauche, rufe ich mir einfach eins über mein Smartphone. Das Auto kommt dann zu mir gefahren ohne Fahrer, holt mich ab. Ich fahr dann zu meinem Zielort. Und das Fahrzeug fährt dann alleine zurück zu seinem Parkplatz und ist bereit für den nächsten Kunden."