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Autoindustrie im Wandel
Regierung will Branche durch längeres Kurzarbeitergeld stärken

Die Konjunktur flaut ab, gleichzeitig stehen viele Branchen vor tiefgreifenden Veränderungen. Die Große Koalition will darauf unter anderem mit Änderungen beim Kurzarbeitergeld reagieren. Besonders im Blick: Die angeschlagene Autoindustrie und auch die Autozulieferbetriebe.

Von Theo Geers | 30.01.2020
PKW-Produktion: Arbeiter montieren Autos.
Tausende Beschäftigte können hoffen - 24 Monate Kurzarbeitergeld soll kommen (picture alliance / dpa / Ulrich Baumgarten)
Tausende Beschäftigte – bei Autozulieferern ebenso wie im aktuell gebeutelten Werkzeug- oder Maschinenbau – können hoffen. Noch vor der Sommerpause will die Koalition für sie maßgeschneiderte Regeln für Zeiten von Kurzarbeit und für Qualifizierungsmaßnahmen beschließen.
"Es geht um neue Instrumente, aber es geht nicht darum, im Werkzeugkasten nur einen Schraubenschlüssel zu haben", sagt dazu Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Zu den neuen Schraubenschlüsseln im Werkzeugkasten gehört eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes auf 24 Monate.
Einige Regeln müssen geändert werden
Das ging bisher zwar auch schon, allerdings nur bei einer Störung auf dem gesamtdeutschen Arbeitsmarkt. Künftig reicht eine Störung in einzelnen besonders gebeutelten Branchen oder Regionen, in denen - so wie derzeit - die Arbeitslosenzahlen hochgehen.
"Baden-Württemberg: Plus 19.400, in Nordrhein-Westfalen plus 11.500 und auch im starken Bayern um 6.800. Auch die Kurzarbeit steigt an besonders im Bereich Metall und im Bereich des Maschinenbaus."
Und zwar auf aktuell 96.000 Beschäftigte. 24 Monate lang Kurzarbeitergeld fließen allerdings nur, wenn diese Zeit für weitere Qualifizierungen genutzt wird. Dann aber können auch die Sozialversicherungsbeiträge zur Hälfte übernommen werden.
Hoch im Kurs steht die Weiterbildung
Schraubenschlüssel Nr. 2 richtet sich an Beschäftigte, die entlassen werden und dann in eine Transfergesellschaft wechseln. Damit sie schneller eine neue Beschäftigung bekommen, sollen die Arbeitsagenturen bei Unternehmen bis 250 Beschäftigte drei Viertel der Weiterbildungskosten übernehmen. Als Drittes können die Arbeitsagenturen künftig einen höheren Anteil an Lehrgangskosten finanzieren, wenn mindestens 20 Prozent einer Belegschaft an einer Weiterbildung teilnehmen. Die Arbeitnehmer von heute sollen damit die Chance haben, die Arbeit von morgen zu machen - so sieht es nicht nur der Arbeitsminister von der SPD, so sieht es auch Alexander Dobrindt, CSU.
"Das heißt, jetzt schon dagegen zu wirken, Qualifizierungen zu gestalten, das zeigt, dass wir sehr frühzeitig reagieren und das ist für mich ein ausgesprochen gutes Zeichen, dass diese Große Koaliton in der Lage ist, auf diese wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche, die stattfinden, adäquat und angemessen zu reagieren."
Nicht alle sind rundum zufrieden
So sieht es auch IG-Metall Chef Jörg Hofmann. Auf diese Maßnahmen habe die Gewerkschaft lange gedrängt. Für FDP-Chef Christian Lindner ist das ganze dagegen nur "ein Trostpflaster. Wenn man einen guten Arbeitsplatz verloren hat, das kann da keine Lösung sein."
So sieht es auch Prof Stefan Kooths vom IfW in Kiel. Grundsätzlich sei es Aufgabe der Unternehmen, die Kosten der Weiterbildung zu tragen. "Dafür ist die Arbeitslosenversicherung eigentlich nicht gedacht!"
Außerdem sei fraglich, ob die nun geplanten Maßnahmen wirklich zu neuer Beschäftigung führen oder ob nicht Beschäftigte zu lange in alten Strukturen gehalten würden, Strukturen, die nicht mehr zukunftsfähig sind.
"Denn ob tatsächlich die Unternehmen, die bislang auf die bisherigen Produktionsprozesse ausgerichtet sind, tatsächlich diejenigen sein werden, die dann auch in Zukunft noch tragfähige Modell haben, das ist eben nicht ganz klar."