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Autokaufprämien
In Deutschland umstritten, in Frankreich auf Probe

In Deutschland wird heftig über Kaufprämien für Neuwagen diskutiert. Zu wichtig ist die Automobilbranche für den Wirtschaftsstanddort Deutschland und zu viele Jobs sind betroffen. Doch was hat die Kaufprämie in der Finanzkrise wirklich gebracht? In Frankreich ist man schon einen Schritt weiter.

Von Günter Hetzke | 02.06.2020
Ein Autotransporter mit Neuwagen des deutschen Automobilherstellers Porsche.
Nach Angaben des Autoverbands VDA sollen in Deutschland ungefähr 400.000 Autos "auf Halde" liegen (dpa/Dittrich)
Am Dienstag will die Bundesregierung ein Konjunkturpaket verabschieden, um der Coronakrise entgegen zu wirken. Union und SPD setzen dabei auch auf Kaufprämien für Autos. Die Entscheidung, sich ein neues Auto zuzulegen, soll den Deutschen erleichtert werden. Während in Deutschland noch intensiv über Prämien für Autokäufe diskutiert wird, sind die Kaufprämien in Frankreich seit Montag (01.06.2020) in Kraft.

Wie sehen die Förderprogramme in Frankreich konkret aus?

Die Autoindustrie in Frankreich wird stark durch direkte staatliche Kaufanreize gestützt. Ein Schwerpunkt wird dabei aber auf Elektroautos gelegt. Der Zuschuss wurde hier für für Privatpersonen von 6.000 auf 7.000 Euro erhöht. Bei Unternehmen oder anderen Institutionen sind es mit bis zu 5.000 Euro etwas weniger. Beim Kauf von Hybridfahrzeugen wird ein Umweltbonus von 2.000 Euro gezahlt.

Es werden aber nicht nur Autos gefördert, die allgemein als umweltfreundlich bezeichnet werden. Auch für Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor gibt es einen Bonus in Höhe von 3.000 Euro. Auch für den Kauf von Elektrofahrrädern gibt es einen Zuschuss.
Fast fertige ID.3 laufen im Fahrzeugwerk in Zwickau durch die Endmontage
Nagelprobe für eine Branche im Umbruch
Die Autoindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands. Nun stürzt die Corona-Pandemie die Branche in ein Nachfrage-Tief – vor dem Hintergrund des Umbaus zu mehr Elektromobilität.

Wie wichtig ist die Staatshilfe für die Autoindustrie in Frankreich?

Die Autobranche in Frankreich ist deutlich angeschlagen und hat einen ähnlichen Stellenwert wie die Branche in Deutschland. In Deutschland sichert dieser Wirtschaftszweig etwa 850.000 Arbeitsplätze ab, in Frankreich sind es auch immer noch rund 400.000 Arbeitsplätze, allerdings bei auch nur rund 67 Millionen Einwohnern. Arbeitsplätze, die derzeit mit viel Geld gestützt werden.

Aber der Berg an Autos, die derzeit nicht gekauft oder verkauft werden, wächst. Bei den Absatzzahlen für Mai gingen die Neuwagenverkäufe um mehr als 50 Prozent zurück, nachdem sie im April im Jahresvergleich um fast 90 Prozent eingebrochen sind. Allerdings waren auch die Autohäuser bis zum 11. Mai geschlossen.

Inzwischen sollen nach Angaben des Autoverbands VDA ungefähr 400.000 Autos "auf Halde" liegen. Am vergangenden Freitag hatte der französische Autobauer Renault den Abbau Tausender Stellen angekündigt, allein 4.600 sollen im Stammland Frankreich wegfallen.

Wie sieht es mit den langfristigen Effekten von Autokaufprämien aus?

Eine neue Studie von Dresdner Wirtschaftswissenschaftlern des ifo-Instituts hat eine Überblicksstudie veröffentlicht, die zeigt, was die Abwrackprämie 2008/09 bewirkt hat, dabei wurde auch genau auf die Entwicklung in mehreren Ländern geschaut. Ergebnis: Viele Verbraucher haben den ohnehin geplanten Autokauf, einfach vorgezoge, weil es die Prämie gab. Der Autoabsatz wurde kurzfristig belebt, das Ganze erwies sich mittelfristig aber als Strohfeuer.
Autobahn A8, bei Stuttgart, Autotransport
Kaufprämien: Ein nachhaltiger ökonomischer Impuls sieht anders aus
Statt die Entscheidung über Kaufprämien für Neuwagen aufzuschieben, hätte die Regierung den Herstellern eine klare Absage erteilen müssen, kommentiert Silke Hahne. Prämien sind ökologischer und ökonomischer Unfug.
Die Forscher gaben noch zu bedenken, dass das kurzzeitige Plus der Autobranche schnell zu einem Minus in anderen Wirtschaftsbereichen werden kann. Denn wer den Autokauf vorzieht, hat in dem Moment dann natürlich weniger Geld für neue Möbel beispielsweise.
Unter Umweltgesichtspunkten hat der Einsatz von Steuergeldern für den Kauf neuer Autos wenig gebracht, es konnten in Deutschland und Europa keine Einsparungen bei Kraftstoff oder CO2 nachgewiesen werden.