Donnerstag, 28. März 2024

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Autonomie des Sports
"Staatliche Einflüsse sind eigentlich immer gegeben"

Der Sport muss um seine Autonomie fürchten. Regierungen wollen Einfluss nehmen auf die Nationalen Olympischen Komitees. Auch für das IOC sei diese Entwicklung gefährlich, sagte der Sportwissenschaftler Lutz Thieme im Dlf. Es müsse aufpassen, dass dadurch nicht die eigene Unabhängigkeit gefährdet werde.

Lutz Thieme im Gespräch mit Marina Schweizer | 11.08.2019
Blick von der Tribüne auf Frenzel mit der Fahne und einen Teil der deutschen Mannschaft. Daneben eine Reihe tanzender Frauen.
Sport und Politik hätten sich schon immer gegenseitig bedingt, sagte der Sportwissenschaftler Lutz Thieme im Dlf. (Daniel Karmann / dpa)
In Italien will der Gesetzgeber die Autorität des Nationalen Olympischen Komitees CONI untergraben. Das IOC fürchtet um die Autonomie des Sports und verlangt eine Änderung des Gesetzentwurfs. In Ländern wie Deutschland gebe es jedoch einen Autonomieanspruch, der auch durch die Verfassung festgelegt sei, sagte der Sportwissenschaftler Lutz Thieme. Staatliche Einflüsse habe es trotzdem immer gegeben - "auch wenn man sich anschaut, wie Olympischer Sport finanziert wird. Letzten Endes geht es immer um die Aushandlung, wie viel Freiheit und wie viel Einfluss denn ein Staat auf die Sportentwicklung nimmt."
IOC-Präsident Thomas Bach und CONI-Präsident Giovanni Malagò
Italienisches NOK - Unabhängigkeit bedroht
Der Status des Nationalen Olympischen Komitees Italiens ist gefährdet. Der italienische Senat stimmte für einen Gesetzentwurf, der der Regierung die Befugnis für Eingriffe im NOK geben würde. Ein echtes Problem für das IOC, besonders da in Italien 2026 Winterspiele stattfinden sollen.
IOC in Sorge
Für das Internationale Olympische Komitee seien Entwicklungen wie die in Italien jedoch gefährlich, meint Thieme, "weil das IOC ja tendenziell eine Organisation ist, die eben nicht demokratisch legitimiert ist und so aufpassen muss, dass dann demokratisch legitimierte Staaten nicht über die jeweiligen Nationalen Olympischen Komitees auch an der Unabhängigkeit des IOCs von staatlicher Aufsicht knabbern. Das ist die wesentliche Sorge des IOC."
Überführung in "staatliche Hoheit" ist wenig sinnvoll
Die Autonomie des Sports vollständig aufzugeben und in staatliche Hände zu überführen, hält Thieme allerdings nicht für sinnvoll. "Dann müssten sich staatliche Institutionen Dinge aus dem Sport aneignen, die in den Fachverbänden einfach besser aufgehoben sind."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.