"Autorität muss sein, Autorität überall"

Von Hartmut Goege · 25.06.2008
Mit den Stars Zarah Leander und Heinrich George wurde der Film "Heimat" zu einer der erfolgreichsten Ufa-Produktionen - und zum Propagandaerfolg der Nationalsozialisten. Durch den scheinbar unpolitischen Inhalt gelang es, Führungstreue und den hohen Wert der Familien zu vermitteln. Vor 70 Jahren feierte "Heimat" in Danzig Premiere.
"Eine Frau wird erst schön durch die Liebe, ganz allein nur durch die Liebe, darum sehnt sie sich stets nach der Liebe, von Verlangen nach der Liebe."

Zarah Leander als Sängerin Maddalena dall'Orto. In Carl Froelichs melodramatischem Rührstück "Heimat", das am 25. Juni 1938 im Danziger Ufa-Palast erstmals aufgeführt wurde, spielte sie einmal mehr die Rolle des geheimnisumwitterten Bühnenstars. Die rothaarige Schwedin mit ihrer üppigen Garderobe und dem melancholischen Blick war seit 1936 in Nazi-Deutschland systematisch zum verruchten exotischen Frauentyp und zur Femme fatale aufgebaut worden. Filme mit ihr wurden generalstabsmäßig vorbereitet und waren nur auf sie zugeschnitten.

Als Ufa-Star unterm Hakenkreuz sollte sie vor allem den internationalen Diven Marlene Dietrich und Greta Garbo Konkurrenz machen, um Geld in Goebbels gleichgeschaltete Filmkassen zu spülen. Sie war quasi ein Vamp von Goebbels Gnaden. Denn nach den inoffiziellen Regeln der Reichsfilmkammer durften deutsche Künstlerinnen Erotik und Laszivität nicht zur Schau stellen.

"Erst beim Küssen beginnt sie zu blühen und zu glühen, wie ein Feuer beginnt sie zu sprühen bis sie ganz ihren Zauber enthüllt."

Die Jahre 1937 und 1938 markierten in der wirtschaftlichen Entwicklung des Reiches einen Einschnitt; erstmals war die Arbeitslosenzahl, zumindest auf dem Papier, auf unter eine Million gesunken. Und mit dem wirtschaftlichen Aufschwung hatten die Leute auch wieder mehr Geld in der Tasche, was sich unter anderem an den Kinokassen bemerkbar machte. Auch deshalb wurde "Heimat" eine der erfolgreichsten Ufa-Produktionen. Außerdem bot der Film mit Zarah Leander und Heinrich George zwei zugkräftige Publikumslieblinge, die bereitwillig die Aushängeschilder der NS-Filmindustrie spielten. Und wie viele dieser erfolgreichen Filme war seine Handlung nicht in der Gegenwart angesiedelt, sondern in der "guten alten wilhelminischen Zeit".

Der Film ist ein typisches Beispiel für den scheinbar unpolitischen NS-Unterhaltungsfilm, der sein Publikum anzog, weil es sich hier in eine Traumwelt zurückziehen konnte, die mit der nationalsozialistischen Wirklichkeit nichts zu tun hatte. Doch bei genauerer Betrachtung offenbarten sich häufig Bezüge zur NS-Ideologie - und wenn es nur um die beiläufige Bewunderung und damit versteckte Bestätigung von Führerpersönlichkeiten ging.

"Dieser Bismarck, toller Bursche, nimmt kein Blatt vor den Mund, ist aber auch nötig. Jetzt will jeder kommandieren, nur einmal. Autorität muss sein, Autorität überall. Sollteste mal lesen mein Kind."

Die Handlung ist aus heutiger Sicht so banal wie belanglos. Als Maddalena dall'Orto um die Jahrhundertwende als gefeierte Sängerin in das fiktive Fürstentum Ilmingen reist, wird sie als die verschollen geglaubte Tochter des Oberst von Schwartze erkannt. Jahre zuvor war sie von dem örtlichen Bankdirektor mit einem Kind sitzen gelassen worden. Nun verlangt ihr strenger Vater die Eheschließung mit dem Banker, um die Ehre der Familie wiederherzustellen, was Maddalena ablehnt. Nur der Selbstmord des in betrügerische Machenschaften verwickelten Heiratskandidaten verhindert das völlige Zerwürfnis von Vater und Tochter. Am Ende versöhnen sich beide, weil sie den Wert der Familie erkennen.

Grundlage dieses schwülstigen und an Rühreffekten nicht sparenden Machwerks bot ein Theaterstoff von Hermann Sudermann, der sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs unter anderem mit patriotischer Lyrik einen Namen gemacht hatte. Ursprünglich sollte "Heimat" von Detlef Sierck, einem ausgewiesenen Melodram-Spezialisten, gedreht werden. Er hatte zuvor mit zwei Filmen Zarah Leander zum Star gemacht. Doch Sierck setzte sich nach Hollywood ab, wo er als Douglas Sirk seine Karriere fortsetzte. So holte sich die Ufa schließlich Carl Froelich ins Boot, ein versierter Filmpionier und zuverlässiger Nationalsozialist.

Er hatte sich schon 1933 begeistert der braunen Idee angeschlossen und wurde einer ihrer fleißigsten Regisseure. 1939 belohnte Goebbels ihn mit dem Marionetten-Posten des Präsidenten der Reichsfilmkammer. Und Zarah Leander stieg zum höchstbezahlten Star des NS-Kinos auf, deren Karriere in dem Propagandastreifen und Durchhaltefilm "Die große Liebe" von 1942 gipfelte.

"Davon geht die Welt nicht unter, sieht man sie manchmal auch grau, einmal wird sie wieder bunter, einmal wird sie wieder himmelblau."