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AWO-Skandal in Frankfurt am Main
Vorwürfe gegen Oberbürgermeister Feldmann und seine Frau

Er setzte sich für die Bekämpfung der Wohnungsnot ein, gab Schulneubauten den Vorrang - nun gibt es massive Vorwürfe gegen Peter Feldmann und seine Frau. Beide sollen vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister von Frankfurt am Main gut bezahlte Jobs bei der Arbeiterwohlfahrt gehabt haben.

Von Ludger Fittkau | 28.11.2019
Peter Feldmann (SPD) steht mit seiner Frau Zübeyde Temizel nach seiner erneuten Wahl zum Oberbürgermeister von Frankfurt am Main im Römer
Frankfurts OB Peter Feldmann, hier mit seiner Frau Zübeyde Temizel: Vor allem wegen seines sozialen Engagements war Feldmann sehr beliebt. (picture alliance / dpa/ Andreas Arnold )
Der Sozialdemokrat Peter Feldmann war jahrelang so etwas wie der Jeremy Corbyn der SPD in Frankfurt am Main. Er setzte auf linke Themen – so die Bekämpfung der extremen Wohnungsnot für einkommensschwächere Schichten in der Mainmetropole. Oder den Vorrang für Schulneubau und mehr Kitaplätze in der rasant wachsenden Stadt – vor Theaterneubauten. Peter Feldmann besuchte lieber Jugendzentren in Problemvierteln statt Sektempfänge des Establishments. Dafür liebten in die kleinen Leute und wählen ihn mit großem Abstand 2018 erneut zum Oberbürgermeister.
Doch in knapp zwei Wochen hat Peter Feldmann seine soziale Reputation vollkommen verspielt. Der Grund: Seine Frau und er scheinen tief in den sogenannten AWO-Skandal im Rhein-Main-Gebiet verstrickt zu sein. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt seit längerem gegen mehrere Führungskräfte der Arbeiterwohlfahrt in der Region wegen Betrugsverdachts. Es geht um Gelder, die möglicherweise aus der Flüchtlingsbetreuung der AWO zweckentfremdet und in andere Bereiche umverteilt wurden. Und es geht um möglicherweise besondere materielle Vorteile für hauptamtlich Beschäftigte des Wohlfahrtsverbandes.
Auffällig hohe Einkommen und Dienstwagen für die Ehefrau
Die Rede ist von auffällig hohen Einkommen und Dienstwagen etwa für die Frau des Oberbürgermeisters, die bei der AWO beschäftigt ist. Auch über einem privilegierten AWO-Job für Peter Feldmann selbst wurde berichtet, in dem er vor seiner ersten Wahl 2012 ungestört seinen Wahlkampf vorbereiten konnte. Nachdem Peter Feldmann mehr als eine Woche zu den Vorwürfen geschwiegen hatte, kündigte er zunächst im Hessischen Rundfunk an, die gesamte Presse gleichzeitig informieren zu wollen:
"Ich mag das nicht, so, das eine Medium – wir haben was exklusiv, die anderen haben was. Und deshalb hab ich beschlossen, dass ich am Mittwoch alle informieren werde".
Doch dann kam es ganz anders. Peter Feldmann gab zunächst lediglich der Bildzeitung ein Interview und lud dann ausgewählte Pressevertreter zum Hintergrundgespräch ein, aus dem sie aber nicht berichten sollten. Viele Journalisten – auch Kamerateams, wurden nicht ins Rathaus eingelassen und konnten somit nicht ihrer Arbeit nachgehen. Nicht nur die Medien sind empört, sondern auch Nils Kößler von Feldmanns Koalitionspartner CDU:
"Im Grunde genommen auch eine Unverschämtheit gegenüber denjenigen, die nicht zu den Auserwählten gehören, nicht zu den auserwählten Medien, nicht zu den auserwählten Bürgern. Scheinbar hat der gestern dann doch auch schon einer Zeitung ein Interview gegeben. Diese Vorgehensweise ist eine Unverschämtheit."
Umgang der Stadt Frankfurt mit Steuergeldern
Ebenso im Hessischen Rundfunk Yanki Pürsun von der FPD-Fraktion im Römer:
"Es ist eine Missachtung des Parlamentes, die Öffentlichkeit wird nicht informiert, die Presse kriegt keine Antworten auf die Fragen. Das Parlament möchte wissen, was hier passiert ist, wie in der Stadt Frankfurt auch mit Steuergeldern umgegangen wird, wie die Beziehungen sind zwischen einem wichtigen Sozialverband zwischen Parteien und der Stadt Frankfurt. Und darauf gibt es keine zufriedenstellenden Antworten."
Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt hatte schon vor Tagen seinen Frankfurter Kreisverband aufgefordert, ab sofort größtmögliche Aufklärungsbereitschaft in dieser Affäre zu zeigen. Seitdem versucht die AWO-Geschäftsstelle in Frankfurt am Main mit einer sogenannten "Transparenzoffensive", in Pressestatements hohe Gehälter und Dienstwagen zu erklären, von denen aber nur einige profitieren – wie die Frau des OB. Andere aber eben nicht. Die ehrenamtlichen Helfer an der Basis zeigen sich im Hessischen Rundfunk entsetzt:
"Wir reißen uns auf Deutsch gesagt den Hintern auf und die da oben verteilen das Geld, wie sie gerade wollen. Das kann es nicht sein."