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Bad Bank für Dexia-Schrott

Die Dexia Bank droht als erste große europäische Bank Opfer der Schuldenkrise zu werden. Weil sie besonders viele Griechenlandanleihen im Bestand hat, wollen Frankreich und Belgien sie stützen. In einer sogenannten Bad Bank sollen die wertlosen Altlasten des französisch-belgischen Geldinstituts gelagert werden.

Von Michael Braun | 05.10.2011
    Dass die französischen Großbanken und die belgisch-französische Dexia-Bank besonders hohe Bestände von Griechenland- und Anleihen aus anderen südeuropäischen Ländern haben, wusste man durch die Stresstests. Nun schien der Stress zu groß zu werden. Um die Bank vor der Insolvenz zu schützen, griff der Staat ein. Belgiens Finanzminister Didier Reynders:

    "Wir wollen die Aktivitäten der Bank in Belgien und Frankreich konsolidieren. Dazu gibt es eine Staatsgarantie für die in eine Bad Bank einzubringenden schlechten Risiken, die Abspaltung nicht unbedingt notweniger Geschäftsbereiche und dann die Konzentration auf das normale Bankgeschäft in Belgien und Frankreich."

    45 Prozent der Bank gehören schon dem belgischen Staat, 25 Prozent dem französischen. Denn im Herbst 2008, nach der Lehman-Pleite, war die Bank schon einmal mit einer Kapitalspritze von 6,4 Milliarden Euro von Belgien, Frankreich und Luxemburg gerettet worden. Die Schuldenkrise hat nun ein zweites Mal binnen kurzer Zeit zu Engpässen geführt. Offenbar drohte die Bank illiquide zu werden, berichtete Jos Clijsters, der Präsident des Verwaltungsrates der Dexia, im belgischen Fernsehen:

    "In den vergangenen zwei Monaten war der Finanzmarkt sehr schwierig. Das begann mit der Griechenlandgeschichte und setzte sich bei anderen Staatsanleihen fort. Deshalb hat sich der Finanzmarkt geschlossen. Das heißt: Die Kapitalbeschaffung für Dexia wurde immer schwieriger."

    Die Dexia hatte im zweiten Quartal vier Milliarden Euro Verlust ausgewiesen. Ende Juni hatte sie griechische Staatsanleihen von 1,9 Milliarden Euro in den Büchern. Der Marktwert liegt bei rund der Hälfte. Der Präsident der französischen Notenbank, Christian Noyer, versicherte, die Dexia werde genügend Liquidität bekommen. Belgiens Ministerpräsident Yves Leterme sagte, die Verstaatlichung von Dexia Belgien müsse als Möglichkeit in Betracht gezogen werden. Die Auswirkungen auf den belgischen Haushalt seien "relativ begrenzt".

    In die Bad Bank der Dexia sollen dem Vernehmen nach Papiere im Wert von rund 95 Milliarden Euro ausgelagert werden. Nicht alle Kunden der Bank vertrauten den angekündigten Rettungsmaßnahmen und zogen Spargelder ab. Nach Zeitungsberichten sollen es gestern 300 Millionen Euro gewesen sein. Mit den Schwierigkeiten der Dexia ist die Staatsschuldenkrise nun endgültig im Bankensektor angekommen. Das vertrage sich durchaus mit zeitweise steigenden Kursen. Sebastian Sachse vom Bankhaus Metzler:

    "Es gibt eine große Unsicherheit hinsichtlich der Stabilität des Finanzsystems. Aber: Der Markt spekuliert auch drauf, aktuell zumindest noch, dass von Staatenseite alles getan wird, um die Banken zu retten. Das gibt dem Markt dann zumindest ganz kurzfristig wieder eine gewisse Sicherheit. Und wir müssen einfach abwarten, wie lange dieses Spiel, dieses Sich-von-Tag-zu-Tag-Hangeln noch trägt."

    Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte gestern vor einer Bankenkrise in Europa gewarnt. Die EU-Finanzminister wollen beim nächsten Treffen über die Verfassung ihrer Banken beraten. Um eine Bankenkrise abzuwenden, sei auch eine Verstaatlichung denkbar, hatte Schäuble gesagt, was am Kapitalmarkt mit zwiespältigen Gefühlen aufgenommen wird. Sebastian Sachs über Schäubles Worte:

    "Er hat natürlich in gewisser Weise die Märkte damit beruhigt, weil auch wieder gezeigt wird: Der Staat wird alles tun, und er wird es auch tun, wenn die Banken nicht unbedingt damit einverstanden sind. Aber letztendlich ist es ja nicht ein unbedingt beruhigendes Zeichen, sondern ein Zeichen dafür, dass wir mit der Krise jetzt auch im Bankensektor schon sehr weit gelaufen sind."