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Bafög-Reform
"Schritte in die richtige Richtung"

Der Bafög-Experte Bernhard Börsel lobt die Bafög-Novelle der Bundesregierung. Viele Forderungen des Deutschen Studentenwerks seien damit erfüllt worden, sagte Börsel im Deutschlandfunk. Die Bundesregierung sende damit ein Signal für mehr Chancengleichheit. In einem Punkt gehe die Reform allerdings nicht weit genug.

Bernhard Börsel im Gespräch mit Gerd Breker | 22.07.2014
    Formular für den Antrag auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)
    BAföG wird auf Antrag für die Ausbildungsförderung gewährt. (dpa/picture alliance/Jan-Peter Kasper)
    Es sei gut, dass es nun eine Grundlage für die Reform gebe, sagte der Bafög-Experte und Referatsleiter Studienfinanzierung beim Deutschen Studentenwerk Bernhard Börsel im DLF-Interview. "Wenn ich mir den Inhalt anschaue, sind das schon Schritte in die richtige Richtung. Wir sehen auch, dass viele unserer Forderungen, die wir schon ganz lange Zeit erhoben haben, erfüllt sind.". Seit Herbst 2010 seien die Bafög-Freibeträge und -Bedarfssätze nicht mehr angepasst worden. Die Einkommen und Preise seien jedoch gestiegen. An diese Steigerung müsse das Bafög angepasst werden, damit nicht zunehmend Studenten aus der Ausbildungsförderung herausfielen, so Börsel.
    Die Tatsache, dass die Bundesregierung davon ausgehe, dass in Zukunft 110.000 weitere Studenten Bafög beziehen könnten, sei ein positives Signal - ein Signal für mehr Chancengleichheit. Kritikwürdig sei jedoch die Erhöhung des Wohngeldes um lediglich 26 Euro ab 2016. Diese Erhöhung werde vermutlich sofort vom Mietmarkt geschluckt, so Börsel im DLF. Sinnvoller wäre dagegen ein Bund-Länder-Förderprogramm für mehr studentischen Wohnraum. Schließlich sei die Miete in Studentenwohnheimen besonders preiswert.

    Das Gespräch in voller Länge:
    Tobias Armbrüster: Die Bundesregierung hat sich gestern auf eine Bafög-Reform geeinigt. Die Fördersätze für Studenten sollen demnach um sieben Prozent steigen. Auch weitere Bafög-Unterstützungen werden deutlich angehoben, allerdings erst ab Herbst 2016. Mein Kollege Gerd Breker hat darüber gestern Abend mit Bernhard Börsel gesprochen, er ist Referatsleiter für Studienfinanzierung beim Deutschen Studentenwerk.
    Gerd Breker: Die Große Koalition will nun mit einer umfangreichen substanziellen Reform das Bafög an die gewandelten Lebens- und Ausbildungswirklichkeiten anpassen. Ist das ein Grund, jetzt schon zu feiern, oder empfehlen Sie den Studenten, noch zwei Jahre zu warten?
    Bernhard Börsel: Na ja, wir warten ja auf eine Bafög-Novelle seit vier Jahren. Jetzt sind Eckpunkte vorgelegt und die müssen jetzt durch das Gesetzgebungsverfahren. Das ist erst mal gut, dass wir erst mal eine Grundlage haben, dass überhaupt irgendwas vorgelegt wurde.
    Wenn ich mir den Inhalt anschaue, dann sind das schon Schritte in die richtige Richtung, und wir sehen auch, dass ganz viele unserer Forderungen, die wir schon ganz lange Zeit erhoben haben, erfüllt sind.
    Breker: Herr Börsel, wenn die Förderung an die Lebens- und Ausbildungswirklichkeit angepasst werden soll, dann heißt das ja umgekehrt, dass es im Moment nicht so ist.
    Börsel: Nein! Seit Herbst 2010 gab es keine Anpassung der Bafög-Freibeträge und Bedarfssätze mehr. Inzwischen sind aber die Einkommen und die Preise gestiegen und an diese Steigerung muss man die Bafög-Freibeträge und Bedarfssätze anpassen, damit nicht immer mehr Studierende aus dem Bafög herausfallen und dass auch der Bafög-Bedarfssatz auskömmlich ist.
    Breker: 440.000 Studierende, Herr Börsel, beziehen derzeit Bafög. Haben Sie eigentlich mal ausgerechnet, wie viele von denen überhaupt noch tatsächlich von dieser Erhöhung profitieren werden?
    Börsel: Die Bundesregierung selbst geht davon aus, dass 110 weitere Geförderte in die Bafög-Förderungen hineinkommen, und das ist für uns eigentlich ein positives Signal, ein Signal, was darauf hindeutet, dass es dann mehr Chancengleichheit geben müsste, wenn mehr Leute in die Bafög-Förderungen hineinkommen.
    Breker: Herr Börsel, auch das Wohngeld soll ja in zwei Jahren erhöht werden. Nun sind derzeit schon die Wohnungsmärkte vor allen in den Metropolen und Universitätsstädten äußerst angespannt. Da weiß die Bundesbildungsministerin jetzt schon, dass 26 Euro mehr für das Wintersemester 2016/2017 ausreichen?
    Börsel: Das ist ein gesetzter Betrag. Das sind mehr als diese sieben Prozent normale Bedarfssteigerung. Aber wir üben Kritik an dieser Erhöhung des Bafög-Wohnbedarfs um 26 Euro, weil dieser wahrscheinlich vom Mietmarkt direkt geschluckt wird. Das wären dann für die Studierenden durchlaufende Posten.
    Wir plädieren dafür, dass es ein Bund-Länder-Förderprogramm gibt zur Studentenwohnraumförderung und dass mehr studentischer Wohnraum in Form von Studentenwohnheimen geschaffen wird, also mehr Studentenwohnheime gebaut werden, denn dort sind die Mieten sehr preiswert, sind am unteren Ende, was man überhaupt an Miete bezahlt.
    Armbrüster: Die Einschätzungen von Bernhard Börsel waren das, Referatsleiter ist er für Studienfinanzierung beim Deutschen Studentenwerk, und das war ein Interview, das er gestern mit meinem Kollegen Gerd Breker geführt hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.