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Bahnfahren oder fliegen?
Für Unternehmen geht es vor allem um Zeitersparnis

Die Debatte über Klimawandel und Verkehrswende läuft auch in der Wirtschaft. Immer mehr Unternehmen prüfen, ob Beschäftigte besser fliegen oder die Bahn nehmen sollen. Manchmal geht es auch ums Klima - meist aber eher um die Zeit.

Von Mischa Ehrhardt | 23.07.2019
Modernistisch gehaltene Illustration von Menschen in der Wartehalle eines Flughafens, durch dessen Fensterfront man Flugzeuge landen und starten sieht.
Am Flughafen Frankfurt am Main machen Geschäftsreisen mehr als ein Drittel am Passagierflugverkehr aus (imago / fStop Images / Malte Müller)
Weil zu viele Kunden auf die Bahn umgestiegen sind, hat Eurowings im Juni die Strecke zwischen Nürnberg und Berlin eingestellt. In der Tat macht eine einfache Reiseanfrage bei der Bahn deutlich, dass Kunden diese Strecke mehrmals täglich bequem unter dreieinhalb Stunden zurücklegen können.
Dies ist nach Meinung des Luftfahrtexperten Cord Schellenberg ein guter Grund für Unternehmen, auf Flugreisen zu verzichten. Allerdings auch nur dann, meint Schellenberg. Denn Zeitersparnis sei für Unternehmen, noch vor dem Klimaschutz, bei ihrer Entscheidung zwischen Flug und Bahn noch immer der entscheidende Faktor.
"Ich sehe bei den Unternehmen das, was immer passiert: Dass man eine Gelegenheit nutzt und sagt, wir können etwas einsparen. Aber eine Zurückhaltung, was das Reisemittel angeht oder eine Präferenz, sehe ich nicht. Videokonferenzen hat es immer gegeben, die sind nicht neu, Flüge sind dann notwendig, wenn man morgens hin und abends zurück möchte und die Bahn hat sicherlich auch ihre Vorteile – besonders, wenn man vom Zentrum ins Zentrum möchte".
Nicht auf allen Strecken ist die Bahn attraktiv
Das sieht man offensichtlich auch beim Autozulieferer Continental so. In dem Dax-Konzern gilt die Regel, dass auf innerdeutschen Reisen Flugreisen grundsätzlich nicht zugelassen sind. Es gebe aber Ausnahmen wie etwa die Strecke Hamburg-Friedrichshafen, bei denen die Reisezeit mit Bahn oder Auto deutlich über der eines Fluges liege, sagt ein Konzernsprecher. Das wiederum ist für Thorsten Grantner von den Umweltgutachtern bei OmniCert Grund genug, die richtigen Weichenstellungen auf politischer Ebene zu fordern. Grantner sitzt auch in Ausschüssen des Bundesumweltministeriums zu diesem Thema.
"Die Deutsche Bahn muss einfach langfristig richtig gefördert werden. Ansonsten ist es für Leute im Geschäftsleben nicht attraktiv mit der Bahn zu fahren. Auf manchen Strecken ist das sehr attraktiv. Wir fahren viel mit der Bahn, unsere Kunden fahren viel mit der Bahn. Aber wenn sie von Freiburg nach Berlin wollen mit der Bahn, wird das tatsächlich sehr schwierig".
Unternehmen kompensieren Flugreisen von Beschäftigten
Darüber hinaus fordert Grantner Gesetze, die gleiche Regeln für alle Unternehmen festlegen – wie das beispielsweise in Form eines allgemeinen CO2-Preises oder einer CO2-Steuer angedacht ist. Einige Unternehmen wie BASF rechnen intern bereits mit einem CO2-Preis, um im Konzern etwa Produktionskosten besser analysieren zu können.
Der Bosch-Konzern will ab 2020 keinen CO2-Fußabdruck mehr hinterlassen und klimaneutral sein. Alle Flugreisen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter will Bosch kompensieren, also durch den Kauf von Emissionszertifikaten ausgleichen. Firmen, die sich über solche Dinge Gedanken machen, sind nach Ansicht von Grantner jedenfalls klar im Vorteil.
"Ich beobachte das vor allem an unseren Kunden, die Umwelt- beziehungsweise Nachhaltigkeitsmanagement-Systeme betreiben. Vor allem die, die dies schon länger betreiben, die sind schneller in der Lage, auf neue Anforderungen der Gesellschaft zu reagieren".
Das gilt natürlich auch und gerade für Fluggesellschaften. Denn sollte die Bahn vermehrt zum Konkurrenten auf den Kurzstrecken aufsteigen, sind Einbußen programmiert. Am größten Flughafen Deutschlands in Frankfurt am Main beispielsweise machten Geschäftsreisen im vergangenen Jahr einen Anteil von gut 36 Prozent im Passagierflugverkehr aus.