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Bakterielle Infektionen
Lage bei Antibiotika-Resistenzen trotz Besserungen noch gefährlich

Antibiotika sind wichtig - durch Bakterien verursachte Infektionskrankheiten lassen sich oft heilen. Doch der massive Gebrauch hinterlässt gefährliche Spuren in der Umwelt. Resistente Erreger gibt es längst nicht mehr nur im Krankenhaus, sondern auch in der Natur, vielleicht auch am Strand von Badeseen.

Von Philip Banse | 04.06.2019
Staphylococcus aureus-Bakterien (grün) werden von einer großen menschlichen Blutzelle (grau) umschlossen.
Staphylococcus aureus-Bakterien (grün) werden von einer großen menschlichen Blutzelle (grau) umschlossen. (National Institute of Allergy and Infectious Diseases/dpa)
Das Umweltbundesamt hat über die Spuren des Einsatzes von Antibiotika in der Umwelt informiert, die ganz erheblich sind. Denn zumindest in Industriestaaten gilt: Je mehr Antibiotika verschrieben werden, desto höher das Risiko von Resistenzen. Also das Keime nicht mehr durch Antibiotika bekämpft werden können. Besonders gefährlich sind multiresistente Keime, das sind Keime, die gleich gegen mehrere Antibiotika resistent sind und durch diese nicht mehr bekämpft werden können.
Das ist besonders in Krankenhäusern ein Problem, wo viele Keime und viele geschwächte Menschen eng beisammen leben, sagt Sebastian Haller, der beim Berliner Robert-Koch-Institut Antibiotikaresistenzen erforscht. Gegen Antibiotika resistente Keime töten viele Menschen, sagt er: "Wir schätzen, dass wir 56.000 Patienten haben mit antibiotikaresistente Infektionen und dass 2.000 Patienten daran versterben auch. Und europaweit sieht es so aus, dass wir 33.000 Todesfälle pro Jahr haben durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern."
Niederlande führend, Griechenland und Italien am schlechtesten
Medizinforscher zählen jedoch weniger verstorbene Menschen. Sondern um die Last zu messen, die eine Krankheit auf eine Gesellschaft ausübt, schauen die Forscher auch auf das Alter der Toten und zählen die verpassten Lebensjahre: "Die Krankheitslast ist bereits jetzt hoch. Sie ist vergleichbar mit der Krankheitslast, die durch Influenza, also Grippe, Tuberkulose und HIV/Aids zusammen entsteht. Wir müssen aber sehen, dass wir im EU-Vergleich unter dem Durchschnitt stehen, also eigentlich ganz gut dastehen", sagt Haller.
EU-weit am schlechtesten stehen Griechenland und Italien da, am besten sind europaweit die Niederlande. Auch Deutschland hat in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen erlassen. Viele dieser Maßnahmen richteten sich vor allem gegen die aktuell gefährlichsten multiresistente Keime, die MRSA. Sebastian Haller vom Berliner Robert-Koch-Institut verweist auf Aufklärungskampagnen, eine Meldepflicht für MRSA-Keime, und Messungen wie viele Antibiotika verschrieben werden:
"Da sehen wir tatsächlich eine Wirkung. Wir sehen eine Abnahme der Häufigkeit von MRSA in Deutschland in den letzten vier Jahren. Kontinuierlich geht das runter. Es ist immer noch ein Problem, aber wir sehen, dass durch Aktionen wie "Saubere Hände" im Krankenhausbereich und Gesundheitsbereich und durch Aktionen, die kontinuierliche Überwachung solcher Erreger und das Informieren von Ärztinnen und Ärzten, dass die tatsächlich zu einem Rückgang geführt haben.
Bei Badeseen aufpassen
Diese Erfolge seien jedoch allenfalls ein erster Schritt. Denn die MRSA-Keime sind nur einer von insgesamt sechs Erregern, die – einmal resistent - eine Gefahr für den Menschen darstellen. Einige von ihnen leben im menschlichen Darm und sind da bisher kaum zu bekämpfen. In Versuchen wurden Keime auch schon auf Tomaten gefunden. Doch von solchen Nachrichten sollten sich Verbraucher nicht beunruhigen lassen, sagt Jutta Klasen vom Umweltbundesamt:
"Ich glaube, das sollte man nicht überbewerten, dass es in Versuchen zu solchen Nachweisen schon gekommen ist. Zu einer tatsächlichen Infektion gehören ja mehrere Faktoren. Nicht jeder, der einen resistenten Keim aufnimmt, wird direkt krank. Da sollte man jetzt keine Panik schüren."
Sehr wohl aufpassen sollten wir alle jedoch, wo wir baden, sagt die Expertin vom Umweltbundesamt. Denn antibiotikaresistente Keime kommen über Abwässer und Dünger in Seen und Flüsse, wo sie bei Sonne schön gedeihen können. Badende könnten jedoch gut vorbeugen:
"Indem sie sich informieren über die Wasserqualität der Gewässer, in denen sie baden, und das auch wirklich ernstnehmen; wenn irgendwo Wasserstellen geschlossen werden, dass man sich auch wirklich daran hält."