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Ballermann im All

Raumfahrt. - Alles, was ins All will, trifft sich in dieser Woche im US-Bundesstaat New Mexiko, mitten in der Wüste, unweit der texanischen Grenze, auf dem Spaceport America. Schon bald sollen von diesem privaten Weltraumflughafen aus Tourismusflüge ins All starten. Bevor am Wochenende dort der X Prize Cup stattfinden wird, habe einige Unternehmen ihre Pläne für private Trips in die Schwerelosigkeit vorgestellt, auf dem International Symposium on Personal Spaceflight.

Von Guido Meyer |
    Und wieder ist ein Wettrennen in den Weltraum ausgebrochen. Diesmal allerdings nicht zwischen Amerikanern und Sowjets. Es ist eine reine Privatfehde, die ausgetragen wird. Verschiedene Unternehmen in den USA, Kanada und Europa entwickeln derzeit kleine Raumschiffe, die einen suborbitalen Flug durchführen können, zahlende Passagiere also bis auf 100 Kilometer Höhe und damit so gerade in den Weltraum tragen können. Seit Juli umkreist das private Test-Modul Genesis-1 von Bigelow Aerospace die Erde. Weitere, größere Habitate sollen in den kommenden Jahren folgen, bis daraus das erste Hotel in der Umlaufbahn geworden ist. Was noch fehlt, ist ein Transportmittel für Touristen, denn bekanntlich soll der Urlaub mit der Anreise beginnen. Hier könnte die Falcon-Rakete ins Spiel kommen.

    "Die Falcon 1 ist eine Trägerrakete für leichte Nutzlasten. Sie kann etwa eine halbe Tonne in eine Erdumlaufbahn schießen. Für unser Unternehmen ist es wirtschaftlich wichtig zu beweisen, dass wir die Technik mit einem kleineren System beherrschen. Wenn sichergestellt ist, dass wir mit der Falcon 1 einen Orbit erreichen können, werden wir uns der Falcon 9 zuwenden. Das wird die Rakete werden, die Menschen ins All tragen kann, und zwar nach unseren derzeitigen Planungen sieben Passagiere."

    Gwynne Shotwell, Vize-Präsidentin der Abteilung für Geschäftsentwicklung der Space Exploration Technologies Corporation in Kalifornien, kurz SpaceX. Der Jungfernflug der Falcon 1 im März war in Flammen aufgegangen. Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres will SpaceX es wieder versuchen, Mitte 2008 dann mit der schubstärkeren Falcon 9 an den Start gehen. Shotwell:

    "”Damit könnten wir an die Internationale Raumstation andocken oder an Bigelows Weltraumhotel. Unsere Nutzlastkapsel wird auch einfach nur starten, die Erde umrunden und zurückkehren können, da sie wiederverwendbar ist.""

    Auch Rocketplane Kistler will künftig mit Touristen Geld verdienen. Dazu will das Unternehmen aus Oklahoma seinem Namen Ehre machen und entwickelt derzeit das Rocketplane XP, ein Raketenflugzeug. Es soll gänzlich ohne Trägerrakete auskommen und aus eigener Kraft das All erreichen. Chuck Lauer, Direktor der Abteilung für Geschäftsentwicklung:

    "Es wird bei uns auch kein Trägerflugzeug geben, kein Mutterschiff. Unser Rocketplane hebt wie ein Flugzeug von einer Startbahn ab und zündet auf einer Höhe von etwa acht Kilometern seine Raketentriebwerke. Diese tragen es dann bis auf rund 50 Kilometer. Dann stellen wir die Motoren ab und haben für etwa vier Minuten Schwerelosigkeit, während das Schiff auf einer Parabel die 100-Kilometer-Grenze überschreitet."

    Finanziell unterstützt wird Rocketplane vom Bundesstaat Oklahoma, der mit dem Spaceport Oklahoma auch ein Gegenstück zum Spaceport America in New Mexiko aufbauen will. Der Preis für das kurze Vergnügen soll bei 200.000 Dollar liegen und damit genauso viel kosten wie ein Trip mit SpaceShipTwo von Virgin Galactic. Beide Firmen peilen auf Dauer geringere Tarife an, doch zunächst sollen zahlungskräftige Einzelkunden das Geschäft ankurbeln. Lauer:

    "”Nach dem Ende des Parabelfluges kehrt das Raumschiff zurück und landet, so ähnlich wie ein Space Shuttle. Durch die unteren Schichten der Atmosphären wird es leicht abgebremst und verliert somit an Tempo. Dann gleitet das Rocketplane antriebslos, bis es sich dem Flughafen auf etwa 15 Kilometer genähert hat. Dann starten wir noch einmal den Jet-Antrieb und können kontrolliert auf einer Landebahn aufsetzen, im Gegensatz zu den Raumfähren, die bis zum Ende gleiten. Flugzeug- und Raketenantrieb zu vereinen gibt uns ein hohes Maß an Sicherheit und Flexibilität und erlaubt uns, von jedem konventionellen Flughafen zu starten.""

    Ein Prototyp des Rocketplanes wird derzeit in Oklahoma zusammengebaut und soll 2008 erstmals starten.