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Band Apart
Auf Wiedervorlage

In New York entstand Ende der 70er-Jahre eine kurzlebige, aber einflussreiche Kunst- und Musikszene namens No Wave. Eine dieser Bands war das französisch-amerikanische Duo Band Apart. Deren Musik wird jetzt neu veröffentlicht.

Von Anke Behlert | 02.06.2019
    Ein Mann in einem hellen Anzug blickt in die Kamera.
    Musiker und Produzent M. Mader (Band Apart )
    Grobkörnige Schwarzweiß-Bilder mit starken Kontrasten, mit Mühe kann man einen Mann erkennen der Bass spielt, Scheinwerfer flackern herum. Dazu erklingen monotone Synthiegeräusche und jemand schreit sich die Seele aus dem Leib, Leute jubeln vereinzelt. So hat ein Auftritt der No Wave-Band DNA im Jahr 1978 geklungen, festgehalten in dem Kurzfilm "X Magazine Benefit", den man sich bei Youtube anschauen kann. Aggressive, atonale Musik, nihilistische Texte - No Wave hatte einiges mit Punkrock gemeinsam, die Musik war ein Spiegel ihrer Zeit. Punkrock war aber nur ein Genre, aus dem sich die New Yorker No Wave-Bands bedienten. Andere waren Blues, Jazz, Funk und auch klassische Musik. Es ging darum, anders zu sein, sagt der französische Filmmusik-Komponist Thierry Schollhammer alias Mader. Er war ein Teil des No Wave-Duos Band Apart und kam 1979 nach New York.
    Mader: "Der Hippietraum war vorbei und Punk hatte übernommen. Als ich ankam, gab es schon eine aktive No Wave-Szene und ich habe mich gleich zu Hause gefühlt. Ich hatte kein Geld, aber New York war damals superbillig. Zwei Tage in der Woche hab ich in einem Restaurant gearbeitet und das hat gereicht, um die Miete zu bezahlen und abends auszugehen. Viele Künstler lebten in den heruntergekommenen Häusern, es gab viel Austausch und auch viele Partys und natürlich Drogen."
    Musik: "Jaguar"
    Mader und Jayne Bliss – die andere Hälfte des Duos - hatten sich ein paar Monate vorher in Frankreich getroffen. Bliss schrieb Gedichte, trat mit einer E-Gitarre und zusammengewürfeltem Equipment auf. Mader lebte in der Nähe von Marseille in einer Art Musikerkommune. Ihr gemeinsamer Freund, der Komponist Hector Zazou stellte sie einander vor und die Chemie stimmte gleich, erinnert sich Mader.
    Ideen für Band Apart
    Jayne war auf dem Weg nach Mallorca, wollte dort den Sommer verbringen. Wir haben uns gleich super verstanden, haben über Musik gesprochen und sie hat mich eingeladen, mitzukommen. Dort haben wir dann angefangen, zu schreiben und Ideen zu entwickeln für Band Apart.
    Musik: "O my beautiful song"
    In New York quartierten sie sich in Jaynes großem Loft im East Village ein, das als Wohnung diente, aber auch als Studio, Kunstgalerie und Künstler-Treffpunkt. Im Noise NY Studio nahmen sie schließlich vier Songs für eine EP auf. Dort gab es einen selbstgebauten modularen Synthesizer, mit dem sie Bass und Gitarrensounds verfremdeten. Sie experimentierten viel herum, um etwas Neues, Einzigartiges zu finden. Der Anfang des Songs "Strainer" sollte zum Beispiel klingen, wie ein Berg, der zusammenfällt.
    Eine Frau blickt in die Kamera.
    Performance-Künstlerin Jayne Bliss (Band Apart )
    Musik "Strainer"
    Mader kontaktierte Marc Hollander vom belgischen Label Crammed Discs, der war von den Aufnahmen so beeindruckt, dass er sie im September 1981 veröffentlichte. Im Sommer 82 nahmen Band Apart in Paris noch ein Album auf, das im darauffolgenden Jahr erschien. Zu diesem Zeitpunkt gingen Jayne Bliss und Mader aber schon wieder getrennte Wege. Bliss arbeitete erst bei einer Plattenfirma, später als Ärztin, Mader machte weiter Musik.
    Jeder Song anders
    Der Filmregisseur Alex Rockwell hat direkt neben mir gewohnt. Ich hab Musik für ihn geschrieben und dadurch auch den Regisseur Ang Lee kennengelernt. Sein Film "Das Hochzeitsbankett" hat den Goldenen Bären gewonnen und ich habe die Musik dafür gemacht. Dadurch wurde ich in der Filmszene bekannt und bekam immer mehr Aufträge. Deshalb bin ich schließlich auch nach Los Angeles gezogen und dort lebe ich heute immer noch.
    Musik: "Ham Sandwich"
    Bislang gab es Band Apart-Songs nur vereinzelt auf youtube, die physischen Tonträger hin und wieder auf Online-Plattformen. Jetzt werden EP und Album unter dem Titel "Band Apart" wiederveröffentlicht. Auf der Platte ist kein Song wie der andere, mal klingen düstere Gitarren-Schleifen und elektronisches Brummen zu flüsternd herausgebellten Versen von Jayne Bliss. Dann wieder beunruhigende Synthieflächen, die den leicht leiernden Gesang von Mader untermalen.
    Musik: "Lover"
    Die Songs von Band Apart zählen im No Wave-Kontext zu den melodiöseren: kein ohrenzerreißender Gitarrenlärm wie bei DNA oder schräge Saxophonimprovisationen wie bei James Chance and The Contortions. Die Musik ist zwar in ihrer Zeit verortet, nimmt aber spätere Stile wie Shoegaze oder Dream Pop vorweg. Mader hatte schon länger darüber nachgedacht, das Material seiner Band neu zu veröffentlichen.
    "Mir ist aufgefallen, dass sich die jüngeren Leute wieder für ältere Musik interessieren, die ein bisschen anders ist, exzentrisch, originell. Nicht immer das gleiche eben. Und ich finde da passen wir sehr gut rein."
    Musik: "Marseille"
    Die No Wave-Welle war schon Anfang der 80er-Jahre wieder vorbei. An der Lower East Side setzte die Gentrifizierung ein, experimentelle Künstler zogen in andere Stadtteile. Das "Band Apart"-Album erweitert nun den Einblick in den Sound dieser kurzlebigen, aber nachhaltig prägenden Musikszene.