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Banken in Deutschland
Mini-Zinsen bringen kleinere Kreditinstitute ins Schleudern

Besonders bei kleineren und mittleren Banken ist das Kreditgeschäft meist die Haupteinnahmequelle. Je niedriger die Zinsen, desto größer die Belastung für die Kreditinstitute - und desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Bankdienstleistungen wie Überweisungen oder Kontoservices bald teurer werden.

Von Stefan Wolff | 18.09.2015
    Die Bankentürme von Frankfurt am Main scheinen kurz nach Sonnenuntergang aus vielen kleinen Eurozeichen zu bestehen.
    Der von Bundesbank und Bafin durchgeführte Stresstest hat beim harmlosesten Szenario 30 Kredithäuser ins Schleudern gebracht - käme es hart auf hart, bräuchten 300 Banken schnelle Hilfe. (picture alliance / Daniel Reinhardt)
    Kostenlose Bankdienstleistungen können bald der Vergangenheit angehören. Die niedrigen Zinsen drücken so stark auf die Erträge kleinerer und mittlerer Kreditinstitute, dass für Kontoauszüge, Überweisungen und andere Services höhere Gebühren fällig werden könnten. Vertreter der Bankenaufsicht formulieren eine solche Einschätzung naturgemäß etwas zurückhaltender:
    "Wir mischen uns nicht in die Preispolitik von Kreditinstituten ein, das maßen wir uns überhaupt nicht an. Aber wir beobachten den Trend, dass Dienstleistungen, die in der Vergangenheit gratis waren, dass die Preispolitik für diese Dienstleistungen auf dem Prüfstand steht. Das kann man beobachten", sagt Bafin-Direktor Raimund Röseler.
    Bafin und Bundesbank nahmen 1.500 Banken unter die Lupe
    Gemeinsam mit der Bundesbank hat die Finanzaufsichtsbehörde Bafin 1.500 kleinere und mittelgroße Kreditinstitute unter die Lupe genommen. Um herauszufinden, wie diese mit den niedrigen Zinsen zurechtkommen, wurden mehrere Szenarien durchgespielt, von weiter sinkenden Zinsen über mögliche Schuldenschnitte bis hin zu steigenden Zinsen.
    Das Ergebnis fällt erst einmal ernüchternd aus. Die Gewinne kleiner und mittelgroßer Banken werden schrumpfen, bis zum Jahr 2019 um mindestens 25 Prozent. Daran würde auch eine Zinswende nichts oder wenig ändern, erklärt der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret:
    "Sogar bei einem Zinsanstieg würden die Banken zehn Prozent bis 2019 von ihrem Zinsergebnis verlieren. Ein niedrig verzinster zehnjähriger Kredit für eine Wohnungsfinanzierung zum Beispiel, der wirft auch in zehn Jahren noch niedrige Zinsen ab. Diese langfristig niedrige Profitabilität kann die Widerstandsfähigkeit der Banken schon gefährden und bedrohen."
    Deutsche Bankenlandschaft trotz Niedrigzins solide
    Kleine und mittelgroße Banken sind meistens in ihrer Region tief verankert. Anders als bei den Großbanken bietet das Zinsgeschäft die Haupteinnahmequelle, weshalb die niedrigen Zinsen eine besonders starke Belastung darstellen.
    Der von Bundesbank und Bafin durchgeführte Stresstest hat beim harmlosesten Szenario 30 Kredithäuser ins Schleudern gebracht, käme es hart auf hart, bräuchten 300 Banken schnelle Hilfe. Existenzbedrohend würde es aber nur für einzelne Häuser werden, betont Bafin-Direktor Raimund Röseler, der grundsätzlich die deutsche Bankenlandschaft als solide bezeichnet:
    "Die Banken haben sich in den vergangenen Jahren gut Speck anlegen können von dem sie nun zehren können. Man muss aber auch berücksichtigen: Diese Annahme, dass die Widerstandsfähigkeit länger gegeben ist, basiert auch auf positiven Annahmen. Ich erwarte, dass die Institute die erforderlichen Maßnahmen zur Stärkung ihrer Erträge und zur Reduktion der Kosten ergreifen."
    Im Krisenfall gibt sich die Bafin handlungsbereit. Sie werde jederzeit Reserven bereitstellen, sagte Röseler, und jetzt schon betroffenen Instituten genau auf die Finger schauen, zur Not auch Dividenden streichen und Bonuszahlungen verbieten. Nur eines wollte niemand machen: der EZB raten, die Zinsen zu erhöhen.