Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Bankenverband zum Brexit
"Es herrscht jede Menge Unsicherheit"

Der "harte Brexit" ist aus Sicht der Banken die schlechteste Lösung. Der Bankenverband begrüßt daher die nun beschlossene Übergangsfrist: 21 Monate lang soll Großbritannien weiter im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben. Die Banken bereiten sich dennoch auf das Risiko eines harten Brexits vor.

Von Mischa Ehrhardt | 19.03.2018
    Im ersten Licht des Tages spiegeln sich am 26.08.2015 die Lichter der Skyline von Frankfurt am Main (Hessen) zur morgentlichen blauen Stunde im Fluss.
    Der Verband der Auslandsbanken prognostiziert im Verlauf des Brexit eine Verlegung von Arbeitsplätzen - insbesondere nach Frankfurt. (Christoph Schmidt, dpa picture-alliance)
    So oder so - der Brexit kommt näher - auch wenn die Verhandlungsfrist nun verlängert wurde. Und noch ist nicht klar, wie die Beziehung zwischen Großbritannien und dem Europa der übrigen 27 Staaten künftig aussehen soll. Die Fortschritte in Gesprächen zwischen Chefunterhändler Michel Barnier und der britischen Seite halten sich bislang in überschaubaren Grenzen. Noch immer droht ein "harter" Brexit - aus Sicht der Banken der schlechteste aller Fälle.
    "Wir brauchen alles, was geeignet ist, den harten Brexit zu vermeiden. Das wäre die schlechteste aller Lösungen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Andreas Krautscheid.
    Die Uhr ticke - und sie ticke zunehmend lauter: Die Zeit rennt aus Sicht der Banken davon. Deswegen hat der Verband sich für die nun beschlossene Übergangsfrist stark gemacht.
    Bei einem solchen weichen Übergang würde Großbritannien erst einmal wie andere EU-Mitglieder behandelt. Das Land hat in einem solchen Fall die gleichen Rechte und Pflichten in der EU, aber kein Stimmrecht mehr. Die Mitglieder des Bankenverbandes hatten sich in jüngster Vergangenheit bereits auf den schlimmsten Fall, also den harten Brexit, eingestellt.
    "Es herrscht jede Menge Unsicherheit. Denn wenn ich nicht weiß, welche Regeln am Tag X gelten, muss ich mich ja auf eine Situation vorbereiten, dass ich Geschäfte, die ich bis jetzt in London ausführen kann, dort nicht mehr werde ausführen können. Das heißt: Die Banken bereiten sich intern auf das Risiko eines harten Brexits vor."
    Personalaufstockungen in Frankfurt prognostiziert
    Der Verband der Auslandsbanken prognostiziert im Verlauf des Brexit eine Verlegung von Arbeitsplätzen von der Insel nach Kontinentaleuropa - und hier insbesondere nach Frankfurt.
    "Hier in Deutschland rechnen wir mit Personalaufstockungen von 200-300 Stellen für die größeren Häuser, sodass wir in Summe von 3000-5000 neuen Stellen in den nächsten zwei bis drei Jahren sprechen. Addieren wir noch die deutschen Häuser, die Geschäftsbereiche zurück verlagern, kommt sicher noch einmal eine vierstellige Zahl hinzu", sagte der Präsident des Verbandes der Auslandsbanken, der UBS-Manager Stefan Winter in der vergangenen Woche in Frankfurt.
    Unruhige Wochen erwartet
    Der Brexit allerdings ist nicht die einzige Sorge, die Banker in diesen Tagen umtreibt. Donald Trump steht mit seinen Handelszöllen und seiner Steuerreform ebenso im Fokus wie die US-Notenbank FED. Deren neuer Chef Jerome Powell wird in dieser Woche das erste Mal die Zinsentscheidung der US-Notenbank vertreten und erklären. Aus Furcht vor rasch steigenden Zinsen in den USA hatten die Aktienmärkte in den vergangenen Wochen nervös auf Nachrichten aus den USA reagiert.
    "Ich glaube, der Fed ist sehr klar, was das international bedeuten würde, welche Verwerfungen da unter Umständen drohen. Das wird sie einbeziehen. Aber umgekehrt ist es doch für uns alle ein nicht unwichtiger Verlauf, in welcher Geschwindigkeit was passiert. Man wird darauf Rückschlüsse ziehen können für die Finanzmärkte, man wird daraus aber auch Rückschlüsse ziehen können, wie sich der Warenverkehr in den nächsten Monaten weiter entwickeln wird. Das schlägt alles auf die Realwirtschaft durch. Insofern werden uns noch weitere sehr unruhige Wochen ins Haus stehen."