Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Barnier-Raab-Treffen
Brexit-Minister-Besuch in Brüssel

Noch 13 Wochen bis zum EU-Gipfel: Vorab fand das erste Treffen zwischen EU-Chefunterhändler Michel Barnier und dem neuen britischen Brexit-Minister Dominic Raab statt. Wie jedoch mit dem britischen Weißbuch, dem Konzept für die künftigen Beziehungen, umgegangen wird, war danach noch nicht erkennbar.

Von Peter Kapern | 20.07.2018
    Der EU-Chefunterhändler für die Brexit-Verhandlungen, Michel Barnier, am 20.12.2017 in Brüssel.
    Nun müsse man Gemeinsamkeiten ausloten, so Michel Barnier. (AFP / EMMANUEL DUNAND)
    Eigentlich war es so wie immer, wenn sich die beiden Chefunterhändler treffen. Zuallererst macht Michel Barnier mit strenger Mine auf den großen Zeitdruck aufmerksam, der auf den Brexit-Verhandlungen lastet:
    "Wie haben eine Menge Arbeit zu erledigen. Es bleiben nur noch 13 Wochen bis zum EU-Gipfel im Oktober. In dieser sehr kurzen Zeitspanne müssen wir zwei Dinge erledigen: Wir müssen den Austrittsvertrag fertigstellen, und wir müssen eine politische Erklärung über unsere künftigen Beziehungen vorbereiten."
    An seiner Seite stand Dominic Raab, der neue britische Brexit Minister, der den Job von David Davis übernommen hat. Es ist Raabs erster Auftritt in Brüssel. Seit Wochenbeginn laufen die Brexit-Verhandlungen hier auf Beamtenebene. Es ist die erste Verhandlungsrunde, seitdem die britische Regierung ihr sogenanntes Weißbuch vorgelegt hat: Ein Konzept für die künftigen Beziehungen zwischen der EU-27 und dem Vereinigten Königreich. Raab ist gekommen, um Barnier dieses Weißbuch schmackhaft zu machen. Und er verspricht, die Verhandlungen von nun an zu beschleunigen und sicherzustellen, dass der beste Abschluss erreicht wird
    Blaupause für ein Abkommen
    Auf dem Tisch liegen auch bei dieser Verhandlungsrunde wieder die altbekannten Probleme. Wie lässt sich sicherstellen, dass es zwischen Nordirland und der Republik Irland keine harte Grenze gibt? Ohne die Beantwortung dieser Frage wird es kein Austrittsabkommen geben. Und ohne Austrittvertrag auch keine Vereinbarung über die künftigen Beziehungen. Was Barnier vom britischen Weißbuch hält, deutete er bei dem kurzen Auftritt vor der Presse mit keiner einzigen Silbe an. Für London soll es die Blaupause für ein Abkommen sein. Unter den Mitgliedstaaten wird hingegen daran erinnert, dass die EU-27 ihre Richtlinien für ein Partnerschaftsabkommen bereits vor Monaten beschlossen haben. Und es werde nun definitiv nicht am britischen Weißbuch entlang verhandelt, heißt es in Brüssel.
    Das Konzept aus London stürzt die EU aber in ein Dilemma. Die letzten Tage haben gezeigt, dass sich Theresa May nur noch mit Mühe im Amt halten kann. Ihr Sturz würde einen harten Brexit, den niemand wollen kann, wahrscheinlicher machen. Also liegt es im Interesse der EU, May entgegenzukommen und sie zu stützen. Andererseits kommt in dem Weißbuch genau das zum Ausdruck, was die EU immer abgelehnt hat: Ein Rosinenpicken der Briten. Nun müsse man Gemeinsamkeiten ausloten, so Michel Barnier:
    "Unsere Herausforderung besteht darin, die fundamentalen Prinzipien, die die EU ausmachen und die Positionen des Vereinigten Königreichs in Einklang zu bringen."
    Auf Empfang bleiben
    Es gibt allerdings auch Stimmen in Brüssel, die Barnier vor allzu großer Nachgiebigkeit gegenüber London warnen. Der CSU-Europaabgeordnete Marcus Ferber zum Beispiel:
    "Das Weißbuch der Briten zum Brexit kommt mir wie eine Rosinenpickerei vor. Sie wollen das Beste von der EU behalten, ohne dass sie weitere Verpflichtungen eingehen. Das kann nicht das Verhandlungsergebnis am Ende sein!"
    Heute wird Michel Barnier die Europaminister der EU-27 über sein erstes Treffen mit Dominic Raab informieren. Und er wird ihnen seine Lesart des britischen Weißbuchs erläutern. Erst danach wird erkennbar sein, ob sich beide Seiten nun tatsächlich aufeinander zubewegen. Den Journalisten empfahl Barnier jedenfalls schon mal, auf jeden Fall auf Empfang zu bleiben.
    "Stay tuned! I will see you again tomorrow!"