Freitag, 29. März 2024

Archiv

Basketball als Entwicklungshilfe
Harte Arbeit in Namibia

Lucas Gotzmann, Jugend-Basketballer von Bayer Leverkusen, ist mit dem Weltwärtsprogramm des Bundesentwicklungsministeriums nach Namibia gegangen. Um dort benachteiligten Kindern eine Perspektive zu bieten. Dabei lernt er aber selbst viel über sich und erkennt seine Grenzen.

Von Stephan Beuting | 14.07.2018
    Lucas Gotzmann hat in Namibia ein Jahr im Projekt "Education First - Basketball second" mitgearbeitet.
    Lucas Gotzmann trainiert in Namibia junge Basketballer - dadurch sollen sie auch in der Schule ihren Weg gehen (Lucas Gotzmann )
    Ein gepflasteter Basketballplatz, elf Spieler, und gerade kein Ball. Dafür harte Linienläufe, Skippings, mal mit, mal ohne Springseil.
    "Come on, my sister can do this better."
    Manchen gefällt das, anderen nicht, spielt aber keine Rolle.
    "Come on, ten seconds you count down."
    Der, der das Training gibt leitet, kommt eigentlich aus Leverkusen und hat noch vor kurzem gesagt, dass er eigentlich gar nicht so gut Englisch kann.
    Lucas ist 19 und hat, bevor er im Sommer 2017 nach Namibia kam, selbst ein Mädchen-Team trainiert. Also, jüngere motivieren, Basketball erklären, das kann er. Und eine Message hat er auch: Sie sollen verstehen, worauf es ankommt. Seiner Meinung nach auf's Team. Und auf harte Arbeit.
    "Hard Work."
    Angekommen in der harten namibischen Realität
    50 - 60 Kindern aus dem Township von Windhoek bietet die BAS, die Basketball-Artist-School, einen geschützten Raum. Ein paar Stunden am Nachmittag für Schule, für den Sport, für eine Perspektive. Und zumindest, was Basketball betrifft, war Lucas da voller Zuversicht.
    "Ich hatte halt selber gedacht, als ich ankam, hier im August, dass ich ein Team vorfinde, welches ausgebildet ist."
    War dann erst einmal nicht so. Manchmal ist es die fehlende Trainingsdisziplin, ein andermal hat jemand einem anderen eine rote Kappe geklaut. Bis die wieder auftaucht, helle Aufregung. Neben Basketball und Schule ist es nämlich vor allem das, worauf es den Machern der BAS ankommt: auf verbindliche Regeln, die hier gelten. Es geht um Values, um Werte, die hier gelebt und eingehalten werden sollen. Lucas bleibt jedenfalls dran.
    Lucas Gotzmann hat in Namibia ein Jahr im Projekt "Education First - Basketball second" mitgearbeitet.
    Lucas Gotzmann macht in Namibia erst einmal die Basisarbeit (Lucas Gotzmann )
    "Sie fangen an, da serious zu werden im Training, aber das überträgt sich auch auf jeden Fall auf ihre schulische Leistung, so wie ich es mitbekomme, wenn sie wirklich ihre Zeit haben, an der BAS, an der Organisation, sind von den zehn Leuten mindestens immer neun am Lernen."
    In der Zeit, in der Lucas den Schülern beim Lernen hilft, geht manchmal unter, was für ihn selbst alles neu war in Namibia: Welche Straßen kann ich abends noch entlanggehen? Wie setze ich Prioritäten zwischen Arbeit, Freizeit, Filmschneiden? Wie finde ich meine Rolle in dem Ganzen?
    "Zum Beispiel vergangenen Mittwoch kam ein Junior zu mir, der sagte, hey coach, ich finde das total gut, wie du mit mir umgehst, oder mit uns umgehst. Das gibt mir total das gute Gefühl, Du bist irgendwie gerade so der Vater, den ich nie hatte. Das ist sowas wo ich dachte, es ist schwierig mit so etwas umzugehen."
    Wertevermittlung durch Sport
    Meistens sind die vielen Aufgaben und Challenges und Spiele Thema genug, zwischendrin geht es aber auch immer um Lucas, die Frage, wie er mit diesen Unterschieden umgehen soll. Vor der Reise, beim Treffen in der Sporthalle, da war das ganz klar.
    "Mein Ziel ist einmal, dass die Kinder einschlafen und aufstehen können, mit einem Lächeln im Gesicht."
    Ein paar Monate und viele Erfahrungen später:
    "Das war sehr naiv gesagt, wenn ich als Deutscher nach Namibia komme, kann ich die Kinder zum Lachen bringen. Mein Ziel ist es, sie auf die gerade Bahn zu bringen, bedeutet, schulische Leistung muss gesteigert werden und im Basketball, dass da Werte vermittelt werden wie Verantwortung, Team-Work."
    Und in dem Fall eben vermittelt durch Basketball, durch Sport. Das an sich ist keine grundsätzlich neue Idee, aber es spricht sich mehr und mehr herum, dass es gut funktioniert.
    Lucas Gotzmann hat in Namibia ein Jahr im Projekt "Education First - Basketball second" mitgearbeitet.
    Ein bisschen Land und Leute kennen lernen, konnte Lucas Gotzmann neben seiner Arbeit aber auch noch. (Lucas Gotzmann )
    "Jeder mag Sport und auch Entwicklungszusammenarbeit ist positiv besetzt und wenn man diese zwei zusammenführt, dann gibt das zusammen eine sehr positive Geschichte."
    Wolff-Christian Peters, er arbeitet für die GIZ in Bonn, die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit und unterstützt seit 2012 Projekte wie die von der BAS. Eine Hürde bei der Entwicklungszusammenarbeit ist häufig auch wirklich an die Personen heranzukommen, die Hilfe am dringendsten brauchen. Mit Hilfe von Sport, in dem Fall Basketball, scheint das gut zu klappen.
    "Also diese Nachfrage die da ist, die ist für mich ein ganz starker Indikator dafür, dass das, was wir machen, als sinnvoll, als wirksam angesehen wird."
    Heimweh ist kein Angstgegner
    Den Erfahrungen der letzten Jahre nach zeigt sich, dass fast alle Schülerinnen und Schüler, die die BAS besuchen, auch ihren Abschluss schaffen und damit auch bessere Zukunftsaussichten haben. Zurück auf dem Basketballplatz sieht man in den Gesichtern, wie sehr sich alle in naher Zukunft eine Pause wünschen. Das Training ist halt an Lucas Lebensmotto ausgerichtet: Hard work pays off. Harte Arbeit zahlt sich aus.
    Lucas Gotzmann hat in Namibia ein Jahr im Projekt "Education First - Basketball second" mitgearbeitet.
    Lucas Gotzmann hat in Namibia ein Jahr im Projekt "Education First - Basketball second" mitgearbeitet. (Lucas Gotzmann )
    Trainer sein, das heißt vorangehen, Vorbild sein, immer stark sein. Gar nicht so leicht, wenn die eigene berufliche Zukunft noch geplant werden soll oder auch das Heimweh zuschlägt. Als ich ihm einmal eine Sprachnachricht schicke und ihn genau danach frage, gibt er mir diese Antwort.
    "Hi Stephan, ich hoffe Dir geht es auch gut und Grüße aus Namibia. Thema Heimweh, da bin ich ganz ehrlich, damit hab ich nicht zu kämpfen."
    Einigen wir uns darauf: Heimweh ist für Lucas in seiner Zeit in Namibia zumindest kein übermächtiger Angstgegner, der nicht doch irgendwo eine Lücke in der Defense hätte. Und etwas später, Mitte, Ende zweite Halbzeit könnte man sagen, kann Lucas das selbst in seinem Blog zugeben. Für Lucas scheint es gut zu funktionieren, sich die Zeit dort richtig voll zu packen.
    "Hard work pays off"
    "Hi Stephan, gar kein Problem, bin selber gerade total buisy. Weil ich ja jetzt drei Teams übernommen habe und es nicht einfach ist."
    Aber, es geht. Und auf einmal ist das Jahr fast rum. Lucas hat sich aus Namibia heraus den Platz bei einem dualen Studiengang in Deutschland gesichert, genau das, was er sich gewünscht hat und seine Teams machen mehr Fort- als Rückschritte. Und was das Thema Sport in der Entwicklungszusammenarbeit angeht, da muss sich wohl auch niemand Sorgen machen. Zumindest das BAS-Konzept macht Schule, bestätigt GIZ-Mitarbeiter Wolff-Christian Peters.
    "Davon gibt es mittlerweile Ableger, deren Basketballverband Namibias hat das aufgegriffen und in anderen Stadtteilen selbst angewendet und die Basketball-School durch weltwärts-Freiwillige unterstützt, hat im Norden des Landes, 600 Km entfernt von Windhoek, eine kleine Basketballschule aufzubauen."
    Und weil es so scheint, als ob die BAS und alle, die daran mitwirken, sich mächtig ins Zeug legen, kann das Ganze als Beleg gelten, für Lucas Motto, was ihn schon länger, aber besonders durch dieses besondere Jahr getragen hat:
    "Es ist zwar sehr viel zu tun. Aber die Arbeit macht mir Spaß, ich liebe die Arbeit. Hard work pays off."