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Basler Zeitung wird rechtskonservativ umgekrempelt

Allein die Nennung seines Namens ruft starke Emotionen in der Schweiz hervor: Der Milliardär Christoph Blocher ist der bekannteste Politiker der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei SVP. Nun hat er augenscheinlich die Mehrheitsanteile an der Basler Zeitung übernommen - und trimmt sie von linksliberal auf rechtskonservativ. Dagegen formiert sich Widerstand.

Von Thomas Wagner | 03.11.2012
    Ein Zeitungskiosk mitten in der Innenstadt von Basel: Ein älterer Herr kommt in den kleinen Verkaufsraum, nimmt ein Exemplar der "Basler Zeitung" vom Stapel, legt sie aber schnell wieder zurück.

    "Die ist natürlich furchtbar rechtslastig geworden. Der Chefredaktor Somm ist SVP–Geselle. Das gefällt mir gar nicht, nein. Aber man lebt damit, oder nicht?"

    Der angesprochene Chefredakteur residiert gleich gegenüber vom Kiosk, in einem großen, traditionsreichen Gebäude am Aeschenplatz, dem Stammsitz der "Basler Zeitung". Und aus seiner Nähe zur rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei SVP macht er keinen Hehl:

    "Wir wollen eine Zeitung sein, die nicht nur EU-freundliche Artikel bringt, sondern auch EU-skeptische. Und das ist in der Schweiz eine Rarität. Das ist ein ganz wichtiges Anliegen, das wir haben."

    Pluralität sei für ihn ein wichtiges Stichwort, sagt Markus Somm, Chefredakteur der 'Basler Zeitung'. Für ihn ist das ein Unterscheidungsmerkmal zu den zahlreichen, wie er es selber formuliert, eher linkslastigen Schweizer Medien aus dem Großraum Zürich. In dem von ihm verantworteten Blatt hätten Positionen aller politischen Richtungen ihren Platz, aber eben auch wertkonservative. Wie so etwas im konkreten Fall aussehen kann, erläutert Somm am Beispiel der umstrittenen Volksabstimmungen zur Anti-Minarett-Initiative:

    "70 Prozent der Schweizer Bevölkerung hat die Anti-Minarett-Initiative angenommen – 70 Prozent plus alle Mehrheiten der Kantone. Dann kann es ja nicht sein, dass wir Medien nur den einen Standpunkt ausdrücken, nämlich den Standpunkt der Gegner, die gegen diese Initiative waren."

    Deshalb hält es der Chefredakteur für notwendig, in einem solchen Fall auch die Argumente derjenigen zu veröffentlichen, die sich für ein überaus umstrittenes Minarett-Verbot auf Schweizer Moscheen aussprechen. Das wäre vor dem Februar 2010 unvorstellbar gewesen. Dann der Verkauf des Verlages durch die Altgesellschafter an diverse Schweizer Investoren; Eigentümerwechsel folgte auf Eigentümerwechsel. Von Anfang an bestand der Verdacht, dass hinter all dem einer der reichsten Männer der Schweiz stecken könnte, der, so sagt es Chefredakteur Markus Somm, nun erst zugegeben hat, die Anteile in großem Umfang an der "Basler Zeitung" zu halten.

    "Gleichzeitig hat sich, soweit ich weiß, Christoph Blocher jetzt finanziell engagiert, in welchem Ausmaße, weiß ich auch nicht."

    Christoph Blocher, Geschäftsmann, rechtskonservativer Politiker, zuweilen auch als Populist charakterisiert - der mehrfache Milliardär war viele Jahre Vizepräsident und Nationalrat der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei, macht immer wieder durch markige Sprüche mal gegen die Integration der Schweiz in die Europäische Union, mal gegen den hohen Ausländeranteil von sich reden. Seine Kritiker bezeichnen ihn gerne auch als 'Rechtspopulisten'. Dass ausgerechnet so ein Mann die umfangreichen Anteile an der einst linksliberalen Zeitung gekauft hat, verbittert nicht nur seine politischen Gegner:

    "Abo-Kündigungen waren sehr stark. Die 'Basler Zeitung' hatte damals bei der Übernahme, als Blocher sie gekauft hatte, hatte ungefähr 87 000 Leser. Heute ist sie bei 68 000. Das sind die neuen beglaubigten Zahlen."

    Der Schweizer Schriftsteller Guy Krneta ist Sprecher der Bürgerinitiative "Rettet Basel". Guy Krenata wirft Chefredakteur Markus Somm vor, nicht mehr als eine Marionette des rechtskonservativen SVP-Politikers Christoph Blocher zu sein. Der Chefredakteur selbst zu diesem Vorwurf:

    "Es ist kein Geheimnis. Ich teile viele Ansichten von Christoph Blocher. Deshalb ist es gar nicht nötig, dass er da Einfluss nimmt, weil in sehr vielen Dingen denke ich gleich wie er."

    Blocher denkt vor allem daran, das Unternehmen 'Basler Zeitung' zu verschlanken oder, wie er es selbst formulierte, von 'überflüssigem Ballast" zu befreien. Das klingt nach Personalabbau. Viele Redakteure, die dem ursprünglichen linksliberalen Kurs des Blattes verpflichtet waren, haben die 'Basler Zeitung' ohnehin verlassen. Untätig bleiben sie nicht, weiß Guy Krneta von 'Rettet Basel':

    "Diese Aktion hat jetzt dazu geführt, dass es eine neue Wochenzeitung gibt, die 'Tageswoche.' Diese Wochenzeitung hat heute bereits 20.000 Abonnenten."

    Daneben plant die Initiative Proteste gegen den Wandel, aber auch gegen die Sparmaßnahmen bei der "Basler Zeitung":

    "Es ist angekündigt, dass im Frühjahr die Druckerei geschlossen wird. Und da müsste man etwas bauen, dass die Bevölkerung sich das nicht bieten wird, dass das einzige größere Medienunternehmen von Basel total zerschlagen wird."