Freitag, 29. März 2024

Archiv

Baukindergeld
Umstrittene Steuersubvention von Wohneigentum

Mit dem Baukindergeld will die Bundesregierung Familien mit Kindern zu mehr Wohneigentum verhelfen. Das Programm kostet Staat und Steuerzahler etwa 10 Milliarden Euro. Eine Fehlinvestition, so Kritiker. Denn das Problem des angespannten Immobilienmarkts werde dadurch nicht gelöst.

Von Panajotis Gavrilis | 18.09.2018
    Symbolbild Wohneigentum und Eigenheimzulage mit einem Taschenrechner auf Bauplänen.
    In das Baukindergeld wird der Staat fast doppelt so viel Geld investieren wie in den sozialen Wohnungsbau - der falsche Weg? (picture alliance / Bildagentur online)
    Familien und Alleinerziehende, die erstmals eine Wohnung kaufen oder ein Haus bauen, können ab heute den staatlichen Zuschuss beantragen. Über zehn Jahre gibt es pro Kind und Jahr 1.200 Euro.
    "12.000 Euro pro Kind, rückwirkend auf zehn Jahre verteilt, rückwirkend ab 1. Januar dieses Jahres."
    So Bundesbauminister Horst Seehofer im Bundestag.
    Ein Projekt der Union
    Geld bekommt demnach nur, wer die Grenze des zu versteuernden Haushaltseinkommens von 90.000 Euro für ein Kind nicht überschreitet. Dabei erhöht sich die Einkommensgrenze je Kind um 15.000 Euro.
    Eine Familie mit drei Kindern beispielsweise dürfte nicht mehr als 120.000 Euro zu versteuerndes Haushaltseinkommen aufweisen und bekäme 36.000 Euro vom Staat für ihr neues Zuhause. Vorausgesetzt, die Kinder sind jünger als 18 Jahre alt und leben mit ihren Eltern unter einem Dach.
    Aller Kritik zum Trotz verteidigt CSU-Chef Horst Seehofer das Baukindergeld. Ein Programm, auf das vor allem die Union innerhalb der Großen Koalition gedrängt hatte:
    "Ein Programm, das den Familien die Tür zu ihren eigenen vier Wänden öffnet."
    Tatsächlich ist die Wohneigentumsquote mit knapp 45 Prozent in Deutschland niedrig. Im europäischen Vergleich wohnen nur in der Schweiz noch weniger Menschen in ihren eigenen vier Wänden.
    Das Baukindergeld soll das ändern und kann flächendeckend über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW, beantragt werden. Ausschlaggebend für eine Förderung sind die bis 2020 geschlossenen Kaufverträge oder erteilten Baugenehmigungen.
    Zehn Milliarden Euro
    Das Bundesbauministerium rechnet mit rund 180.000 Anträgen im Jahr. Die Bundesregierung lässt sich das umstrittene Projekt einiges kosten. Sie rechnet mit Gesamtkosten von etwa zehn Milliarden Euro. Fast doppelt so viel, wie sie für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen will.
    Kritik kommt unter anderem von der wohnungspolitischen Sprecherin der Linken im Bundestag, Caren Lay.
    "Das Baukindergeld ist eine milliardenschwere Steuersubvention, die aber das Wohnungsproblem in den Großstädten gar nicht lösen wird. Also dieses Geld wäre wirklich besser eingesetzt, um städtische Wohnungen, um genossenschaftliche Wohnungen zu stärken."
    Hinzu kommt: Für einen Immobilienkredit bei der Bank ist Eigenkapital nötig. Einen Kredit bekommt aber meist der, der bereits ein relativ gutes Einkommen hat oder Vermögen erbt, sagt Der Grünen-Politiker Chris Kühn.
    "Alle, die heute kein Vermögen haben, werden davon nicht Gebrauch machen können, von dem Baukindergeld. Und deswegen fördert man hier eben die obere Mittelschicht und nicht die Menschen, die eigentlich bezahlbaren Wohnraum brauchen und hat mit bezahlbarem Wohnen nichts zu tun."
    Die Nachfrage wird steigen - die Preise auch
    Besonders in und um größere Städte könnte sich die angespannte Wohnungsmarktlage noch weiter verschärfen. Das Baukindergeld könnte auf die bereits hohen Immobilienpreise "draufgeschlagen" werden und zu "Mitnahmeeffekten führen", warnen Ökonomen wie Michael Voigtländer vom "Institut der deutschen Wirtschaft".
    "In den Ballungsgebieten, wo wir heute schon Grundstücksknappheit haben, führt jede Subventionierung der Nachfrage einfach dazu, dass die Preise noch weiter steigen für das Bauland, für die Grundstücke. Davon profitieren unter anderem die Projektentwickler, die die Flächen vorher schon gekauft haben."
    Vom Baukindergeld profitieren könnten aber auch Familien auf dem Land, glauben Befürworter. Der Immobilienverband "ivd", der unter anderem Makler vertritt, ist sich zudem sicher: Die Förderung werde Familien auf dem angespannten Wohnungsmarkt entlasten und dabei helfen, durch den Kauf einer eigenen Immobilie auch in die Altersvorsorge zu investieren.